Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
Vom Netzwerk:
stark von ihnen allen. »Wenn wir den Staub loswerden wollten, den wir eingefangen hatten, half nichts mehr als ein guter, kräftiger Regenschauer, und um zu trocknen war nichts besser, als sich im Stall mit einer drallen Hure zu wälzen!« Wieder ertönte sein rauhes Gelächter und der Kardinal bekreuzigte sich.
    »Darum geht es nicht«, sagte Dagoberto Silvacroce ungeduldig. »Das Entwürdigende an dieser Sache ist, daß ein Silvacroce für jemand anders arbeiten könnte!«
    »Absolut empörend«, sagte Giberto, der femininer als je zuvor wirkte. »Wir müssen Maßnahmen ergreifen. Und ganz entschiedene Maßnahmen, würde ich sagen!«
    »Silvacroce … Silvacroce!« brüllte der alte Landsknecht ärgerlich. »Wie oft soll ich euch noch sagen, daß wir Silberkreutz heißen? Silvacroce klingt nicht wie ein richtiger Männername! Aber …« – er brach ab, und seine Augen glitzerten, als er weitersprach –, »aber verdient dieser Giberto wenigstens gutes Geld mit seiner Arbeit?«
    »Oh, was das Geld betrifft, zweifellos …«, begann Oberst Odelio zu erklären, aber er wurde von dem entsetzt dreinblickenden Kardinal Pompilio unterbrochen. »Geld! Wie kannst du unter solchen schrecklichen Umständen an schmutziges Geld denken? Ich …«
    »Du hältst deine verdammte alte Schnauze!« schrie Leotard Silberkreutz ihn böse an. »Was, zum Teufel, verstehst du vom Geld? Du … der du eine Menge davon in deiner Tasche gefunden hast, und das verdankst du diesem alten Mann hier! Weißt du, wie viele Kehlen ich durchschneiden mußte, damit ich dieses Geld für dich zusammenbekam? Und die Wunden, die ich dabei erlitt? Und die Nächte, die ich mich in den Sümpfen herumdrücken mußte, um darauf zu warten, daß irgendein reicher Kaufmann vorbeikam?« Die Augen des alten Löwen waren erfüllt mit einem uralten Feuer. »Nein, mein entmannter Nachkomme, du solltest Geld nicht verachten, auch wenn du immer nur in der Lage warst, es auszugeben!«
    »Aber …«, versuchte sich Giberto einzumischen, doch ein wilder Blick des alten Landsknechts ließ ihn erzittern, und plötzlich fühlte er sich nicht mehr danach, weiterzusprechen. Auch sonst wagte niemand, etwas zu sagen. Dann betrachtete Leotard Silberkreutz mit Verachtung im Blick die Runde seiner Nachkommen und sprach sein Urteil. »Dieser Giberto Silberkreutz ist ein Mann nach meinem Geschmack. Er gefällt mir. Er scheint mehr Schneid zu haben als ihr alle, ihr Parasitenpack. Deshalb hat er meine Erlaubnis, mit seiner Arbeit fortzufahren.«
    »Aber … vielleicht … solltest du den Rest von uns nach unserer Meinung …«, versuchte Jacopo Silvacroce, der 1816 als Notar gearbeitet hatte, schüchtern einzuwerfen.
    Der Löwe brüllte sein Gelächter über sie hin. »Ich, Leotard Silberkreutz, bin eure Meinung«, sagte der Patriarch verachtungsvoll. »Und ihr werdet tun, was ich euch sage. Frohe Weihnachten! «
    Kardinal Pompilio hätte gern noch geantwortet, doch in dem Moment schlug die alte Standuhr eins, und die Gestalten der fünfundzwanzig Silberkreutz-Silvacroces wurden durchscheinend wie altes Glas. Ihre Wolken erhoben sich von der Tafel und sie nahmen wieder ihre Plätze in den alten Gemälden ein, von denen aus sie in einem Jahr wieder herabsteigen und zum Leben erwachen würden. Ein paar Sekunden länger als die Gestalten hielt sich das sarkastische Lachen des Löwen im Saal, doch mit dem Verhallen des Glockenschlags verstummte auch das und der Saal, die Porträts, das Haus, alles lag wieder unter dem Mantel des Schweigens, während draußen die Menschen von der Weihnachtsmette nach Hause eilten,
     
    Originaltitel: »L’incredibile storia di Natale«
    Copyright © 1991 by Walther and Antonio Bellomi
    (Erstveröffentlichung); mit freundlicher Genehmigung der Autoren
    und der Agentur Luserke, Friolzheim
    Copyright © 1991 der deutschen Übersetzung by
    Wilhelm Heyne Verlag, München
    Aus dem Italienischen ins Englische übersetzt von den Autoren; aus dem Englischen übersetzt von
    Uwe Luserke

 
    Martha Soukup
     
    Scheinwerfer
     
    Der Schlüssel ließ sich so schwer im Schoß drehen, daß Celia glaubte, er werde abbrechen. Es war einer von je nen mit einer dünnen Farbschicht überzogenen Aluminiumschlüsseln, ein Jahrzehnt lang unbenutzt. Sie überlegte, ob sie ihn wieder herausziehen sollte, aber da er ja nun schon halb umgedreht war, drückte sie weiter. Mit weißen Fingerspitzen bemühte sie sich, gleichmäßig und sanft zu drehen. Dann klackte der Bolzen zurück.

Weitere Kostenlose Bücher