Frontlinien
Voraussetzungen, um den Gegner zu überwältigen. Allerdings…
Er musste noch ein wenig warten. Bis sich die
Benommenheit ganz verflüchtigt hatte und er wieder zu
Kräften gekommen war. Er fühlte sich schrecklich und
vermutlich ging es ihm besser als den meisten anderen
Besatzungsmitgliedern der Voyager. Immerhin war er weiter vom Betäubungsapparat entfernt und zum Teil von der Tür abgeschirmt gewesen. Wie viel Zeit mochte inzwischen
verstrichen sein? Wahrscheinlich nicht sehr viel. Chakotay fühlte das Blut, das sich unter seiner Uniform zu einer Kruste verhärtet hatte. Konnten die anderen seine Rückenwunde sehen? Sie juckte, aber er widerstand der Versuchung, sich zu kratzen.
»Ich bin Stith-ta.« Der Gimlon-Kommandant lächelte. »Und ich will viele Dinge. Einen guten Harem. Starke Kinder. Ein Haus unweit des Platzes in der Hauptstadt. Schließlich ein elegantes und protziges Grab. Außerdem wünsche ich mir natürlich den Tod aller edesianischen Männer, Frauen und Kinder sowie die Herrschaft des Gimlon-Reiches über die ganze bekannte Galaxis.«
»In dieser Reihenfolge?«, fragte Paris benommen.
Stith-ta neigte den Kopf in Richtung des Voyager- Piloten und sein Lächeln wuchs in die Breite. »Nein.«
Paris beugte sich zu Chakotay und flüsterte: »Bilde ich es mir nur ein oder stammt der Bursche aus einem schlechten
cardassianischen Holo-Roman?«
Chakotay lachte nicht, denn Stith-ta nahm sich offenbar sehr ernst. Aber er nickte zustimmend.
Der Gimlon-Kommandant war die personifizierte Arroganz und er verfügte zweifellos über Macht – eine gefährliche Mischung.
»Ich glaube, dass Sie das wirklich wollen«, erwiderte
Chakotay und versuchte, seine Stimme möglichst fest klingen zu lassen. »Aber unter normalen Umständen würden Sie wohl kaum Zeit damit vergeuden, uns darauf hinzuweisen. Was bedeutet: Wir stellen einen unbekannten Faktor in Ihren Plänen dar, stimmt’s?«
Der Gimlon-Kommandant – seine Züge wiesen ebenso wie
bei Lekket Ähnlichkeit mit denen eines Ocampa auf – lächelte erneut und es wirkte unheilvoll. »Weist das Zeichen in Ihrem Gesicht darauf hin, dass Sie das Oberhaupt Ihrer Gruppe sind?«
»Nein.« Chakotay verlagerte das Gewicht vom einen Bein aufs andere. Warum spielte dieser Mann mit ihnen?
»Sind Sie der Anführer?«
Chakotay straffte die Schultern. »Ja. Ich bin Commander Chakotay, Erster Offizier des Raumschiffs Voyager von der Föderation der Vereinten Planeten. Wären Sie so freundlich, uns mitzuteilen, warum Sie uns an Bord Ihres Schiffes
gebracht haben?«
Ein Nicken des Gimlon-Kommandanten genügte, um einen
der fünf Wächter vortreten zu lassen. Als Stith-ta winkte, griff der Mann nach Chakotays Arm und zog ihn mit einem Ruck von den anderen Besatzungsmitgliedern der Voyager fort.
Paris trat vor, aber der Wächter stieß ihm den Kolben des Phasergewehrs an die Brust und zerrte Chakotay mit sich, als der Pilot zu Boden ging.
»Schon gut, Paris«, sagte der Erste Offizier und folgte dem Wächter zur Tür.
Der Gimlon-Kommandant beobachtete, wie sich die Tür
öffnete und dann wieder schloss.
Paris stand langsam auf.
»Commander Chakotay ist ein großer Anführer«, sagte Stithta. »Deshalb wird er mit militärischen Ehren hingerichtet.«
Paris und die anderen Besatzungsmitglieder der Voyager wechselten besorgte Blicke.
Der Gimlon-Kommandant lächelte tückisch und ließ seinen Blick über die Gefangenen schweifen. »Nun, wer von Ihnen möchte ein Anführer sein?«
15
Drei Milliarden Tropfen Schweiß rannen über Janeways
Gesicht und ihren Rücken. Drei Milliarden Nadeln Schmerz stachen in ihrer Schulter. Drei Milliarden Wellen Übelkeit dehnten sich in ihr aus.
Drei Milliarden Edesianer waren ums Leben gekommen –
und sie hätte es verhindern können. Chakotay, Paris… ein Drittel ihrer Crew gehörte zu den Opfern. Es war ihre Schuld.
Und die Lekkets.
Sie blickte zu ihm: auf die Knie gesunken, den Rücken
gebeugt, die Schulterblätter wie nach oben gestülpte
Schwingen, im Gesicht einen dunklen Schatten des Entsetzens.
Janeway griff nach seinem Arm und zerrte ihn auf die Beine.
Er brummte, als sie ihn hochzog, und sie spürte, wie Tränen in ihren Augen brannten. Auch Lekkets Augen wirkten feucht, doch die Kommandantin wischte ihre Tränen beiseite.
»Normalerweise wären wir nicht hier gewesen. Sie haben die Ereignisse in Gang gesetzt, die schließlich zur Katastrophe führten. Sie!« Sie packte Lekkets Arm und er
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