Fronttheater
Safari!«
Vorweg trugen zwölf Mann die Kostümkoffer und Requisiten der Truppe. Zum allgemeinen Bedauern der Landser wurden für die Damen des Theaters keine Träger benötigt. Fritz Garten, Walter Meyer und Leutnant Kramer hatten diese Aufgabe übernommen.
Unteroffizier Fritz Pumpe legte Lore Sommerfeld auf seine Arme und grinste sie breit an: »Mit meine Muskeln kann ick Ihnen bis nach Hause tragen«, sagte er stolz.
Sie stapften durch den tiefen Schlamm, im Gänsemarsch wie eine Trägerkarawane.
Obergefreiter Jupp Doelles fühlt einen scharfen, stechenden Schmerz in seiner Schulter. Er liegt in einem kurzen Grabenstück. Neben ihm kniet eine dunkle Gestalt mit einem Stahlhelm. Undeutlich erkennt er eine Rot-Kreuz-Binde.
»Finito«, murmelt die Gestalt und zieht die Injektionsnadel aus Doelles' Arm.
Im Halbdämmern fühlt Doelles, wie jemand seine Uniformjacke auftrennt. Eine Hand tastet nach der Wunde, drückt weißen Mull auf seine Schulter.
Leises, aufgeregtes Flüstern. Ein paar Wortfetzen dringen an sein Ohr: »… ferito medico … Ospedale militare …«
Klingt nicht wie Russisch, denkt Jupp Doelles langsam.
Er fühlt noch, wie er auf eine Bahre gehoben wird, wie zwei Männer ihn über das zerschossene Gelände nach hinten tragen. Dann sackt er wieder in das Dunkel zurück.
In der Hütte war es finster. Die Decken auf dem Feldbett rochen nach Moder.
Es war totenstill. Nur leises Atmen war zu hören und ein ferner rollender Donner.
Irene Berthold richtete sich auf und blickte aus dem Fenster. »Wie viele Menschen dort heute nacht sterben«, sagte sie leise.
Leutnant Kramer antwortete nicht. Er lag auf dem Rücken, die Hände unter dem Kopf verschränkt und sah auf die dunkle Silhouette ihres Kopfes, der sich gegen das matte Sternenlicht abhob.
Irene wandte ihm ihr Gesicht zu. »Ich hatte solche Angst um dich, Peter«, flüsterte sie. »Ich glaubte, ich würde dich nie wiedersehen. Und jetzt …« Sie beugte sich zu ihm nieder. Ihre Hand fuhr Zart über seine Stirn. »Und dabei haben wir uns doch kaum kennengelernt. Nur zwei Tage in einem überfüllten Urlauberzug.«
»Zwei Tage sind eine lange Zeit in diesem Krieg«, sagte Peter Kramer. »Und vergiß nicht unsere Briefe.« Er zog Irene fest in seine Arme. Seine Lippen suchten ihren Mund.
»Ich liebe dich«, flüsterte er dicht an ihrem Ohr. »Unsere Liebe ist etwas so Schönes, Sauberes. Und sie soll es bleiben.«
»Peter!« Ganz weich und zart sagte sie seinen Namen.
»Liebe ist so wunderbar«, flüsterte Kramer und atmete den sauberen Geruch ihrer Haut ein. »Ich möchte daran noch glauben können. – Sonst bleibt einem ja nicht mehr viel übrig in diesem verdammten Krieg.«
Lore Sommerfeld und der Unteroffizier Fritz Pumpe saßen auf einem Stapel leerer Munitionskisten.
»Und du hast nie wieder was von dem Kerl gehört?« fragte Pumpe. »Er hat dir so einfach sitzenlassen?« Fritz Pumpe ballte die Fäuste. »Also, wenn der Kerl mir unter die Finger kommen sollte … Wie heißt er eigentlich?«
»Das ist es ja eben. Ich weiß es nicht.« Lore starrte auf ihre Hände, die sie um die Knie geschlungen hatte. »Nur Jupp.«
»Na, nu weene man nich jleich«, sagte Pumpe erschrocken, als Lore den Kopf auf die Knie senkte.
Eine Trillerpfeife schrillte.
»Aufstehen! Kaffeeholer raus!«
Irene Berthold schreckte aus dem leichten Schlaf. Vor dem Fenster färbte sich der Horizont. Ein zartes Rosa. Aus der Küchenbaracke kam das Scheppern von Kaffeekannen.
»Wieder aufgewacht?« fragte Peter Kramer, der in diesem Augenblick hereintrat. »Weißt du, daß du wunderschön bist, wenn du schläfst?«
Irene lächelte ihn an.
Draußen wurde ein Motor angeworfen. Leutnant Kramer trat ans Fenster. Fritz Garten und Walter Meyer halfen ein paar Landsern, das Gepäck in dem geretteten Theaterbus zu verstauen.
»Du mußt gehen«, sagte Peter Kramer, ohne Irene anzusehen.
»Ja.« Irenes Stimme war tonlos, halb erstickt. Langsam kletterte sie vom Bett. »Leb wohl, Peter.«
»Auf Wiedersehen!« Kramer preßte sie an sich, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. »Sieh mich noch einmal an.«
Irene schüttelte den Kopf. »Wir wollen es uns nicht noch schwerer machen.«
Peter Kramer beugte zart ihren Kopf zurück. »Wenn ich an dich denke, will ich deine Augen sehen«, sagte er leise. »Immer will ich deine Augen vor mir sehen.«
Irene lächelte wieder. Aber diesmal war es ein Lächeln, das hart an der Grenze des Weinens lag. »Mein lieber Junge«,
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