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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufgeregt. »Du weißt doch, daß meine Mutter krank ist.«
    Fritz Garten legte ihm die Hand auf die Schulter. »Bleib hier, Karl«, sagte er väterlich. »Es würde die alte Frau nur aufregen, wenn du gleich wieder davon stürzen müßtest.« Er sah dem jungen Pianisten ernst in die Augen. »Ich weiß, daß es verdammt hart für dich sein muß. Aber, glaube mir, es ist das beste.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte Karl Pykora tonlos. Er setzte sich zu Irene und Erika, die ein paar Plätze an einem Tisch ergattert hatten.
    Ein alter Ober stellte schweigend gefärbte Heißgetränke auf den Tisch.
    »Bitte gleich bezahlen«, sagte er und streckte die Hand aus.
    Lore Sommerfeld stand mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt. Ein wenig abseits, als gehöre sie schon nicht mehr dazu.
    »Na, Kindchen.« Walter Meyer legte ihr liebevoll die Hand auf die Schulter. »Ich glaube, wir müssen uns auf die Socken machen. Dein Zug fährt vom Lehrter Bahnhof, nicht?«
    Lore nickte.
    Walter Meyer nahm Lores Gepäckstücke.
    »Auf Wiedersehen!« Lore ging auf Irene zu, wollte ihr die Hand geben.
    Ein trockenes Schluchzen brach aus ihrer Kehle. Mit einem plötzlichen Ruck warf sie sich herum und rannte aus der Tür.
    »Lore!« Irene sprang auf, wollte ihr nacheilen. Walter Meyer hielt sie zurück.
    »Laß nur«, sagte er. »Es ist leichter so.« Er nickte Sonja Deppe zu. »Komm mit, Sonja.«
    Sie erreichten Lore kurz vor der Sperre. Meyer setzte sie in einen S-Bahn-Zug zum Lehrter Bahnhof.
    »Mach's gut, Kindchen«, sagte er, als er das Gepäck hineingewuchtet hatte. »Du wirst uns verdammt fehlen.« Mit seiner Stimme war etwas nicht in Ordnung.
    »Und schreib uns«, bat Sonja.
    Lore nickte. In breiten Bächen rannen Tränen über ihr Gesicht.
    »Zurücktreten!« quakte der Lautsprecher.
    »Auf Wiedersehen, Lorchen!«
    »Auf Wiedersehen«, flüsterte sie.
    Die Türen knallten zu. Der Zug ruckte an. Heulend fuhr er aus der Halle.
    Eine halbe Stunde lang saß Karl Pykora neben seinen Kollegen an dem verschmierten Wartesaaltisch. Seine Finger spielten nervös mit den Revers seiner Jacke. Sein Blick war starr auf eine weggeworfene Zigarettenschachtel gerichtet, die vor seinen Füßen auf dem Boden lag.
    Ich verstehe diese Welt nicht, dachte er. Wo ist da noch ein Sinn? Ich kann doch nicht hier sitzen, zwanzig Kilometer von zu Hause, ohne meine Mutter …
    »Ich bin gleich wieder zurück«, sagte er. Er stand auf und ging zur Tür.
    »Wohin gehst du?« fragte Garten.
    »Aber Fritz!« Irene sah ihn strafend an. »Das fragt man nicht.«
    Karl Pykora ging zum Bahnhofsausgang, die Treppe hinunter, auf die Straße. Einen Augenblick blieb er stehen. Dann ging er in die Schalterhalle zurück, zum Bahnpostamt.
    Er trat in eine Telefonzelle, schloß die Tür hinter sich, warf ein Geldstück in den Zahlschlitz und wählte eine Nummer.
    »Hallo.« Die Stimme war leise, fast flüsternd, ganz weit entfernt.
    Pykora drückte den Zahlknopf.
    »Hier Frau Pykora.«
    Karl Pykora lehnte sich gegen die Wand der Zelle. Die Hand, die den Hörer an sein Ohr preßte, zitterte.
    »Mutter!« wollte er rufen. Aber dann deckte er die Sprechmuschel mit der Hand zu. Ich kann nicht, dachte er, ich kann einfach nicht.
    »Hallo! Hallo!« hörte er seine Mutter sagen. »Hier ist Frau Pykora. Wer ist denn dort?« Da hatte Karl Pykora einen Einfall.
    »Einen Augenblick«, sagte er mit verstellter Stimme. »Ich verbinde mit Posen.« Er knackte ein paarmal mit den Fingern, als würde beim Telegrafenamt geschaltet, und dann sprach er mit seiner richtigen Stimme.
    »Mutter? Mutter, bist du da?« Er fragte es, sinnlos, wie gehetzt, obwohl er wußte, daß es ihre Stimme war.
    »Karl! Mein Junge!« Es war wie ein Aufschrei.
    »Ja, Mutter.« Pykora fühlte, wie ein würgendes Schluchzen in seine Kehle stieg. Er konnte kaum noch sprechen.
    »Wo bist du denn, Karl? Von wo sprichst du?«
    »Ich bin in Posen, Mutter.« Karl Pykora grub die Zähne in die Unterlippe, damit er nicht laut losheulte.
    »Wie geht es dir denn, mein Kleiner? Bist du gesund? Warum hast du so selten geschrieben?«
    »Mir geht es gut, Mutter. Du mußt keine Angst um mich haben, hörst du?«
    »Hast du auch immer genug zu essen, Karli?« Er hörte an ihrer Stimme, daß sie weinte und daß sie sich zwang, es ihn nicht merken zu lassen. »Ziehst du auch den Pullover an, den ich dir gestrickt habe?«
    Karl Pykora schloß die Augen und lehnte den Kopf gegen die Kabinenwand. Er riß sich zusammen.
    »Ich muß

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