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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ja recht. Es ist die beste Lösung. In vier Monaten ist es soweit. Aber ich würde so gern bei euch bleiben«, sagte sie leise. »Ich gehöre doch zur Truppe.« Sie schluckte und zog die Unterlippe zwischen die Zähne. »Und vielleicht lebt Jupp ja doch noch, und wenn er mir schreibt …«
    »Dann geben wir dir sofort Nachricht«, unterbrach Erika. »Ist doch selbstverständlich. Außerdem kannst du zu Hause in Deutschland am besten etwas über ihn herausfinden.«
    Lore nickte gehorsam.
    »Und meine Mutter wird dich verwöhnen«, redete Irene ihr zu. »Sie freut sich doch schon, daß sie endlich wieder jemand hat, um den sie sich kümmern kann. Wir dürfen sie jetzt nicht enttäuschen.«
    »Nein.« Lore hob das Gesicht und lächelte Irene dankbar an. »Nein. Ich will sie nicht enttäuschen.«
    »Na, dann wäre ja alles klar.« Erika stand auf und strich ihren Rock glatt. »Bliebe nur noch der Brief an Planitz.«
    Sie kramte Papier und Füllhalter aus ihrer Handtasche. Einen Augenblick saß sie nachdenklich vor dem weißen Bogen, starrte an die fleckige Wand und kaute am Federhalter. Dann schrieb sie in ihrer festen, steilen Schrift:
    »Mein lieber Kurti …«
    Kurt Planitz erhielt den Brief Erikas zehn Tage später mit der Morgenpost.
    »Mein lieber Kurti!«
    Der Bereichsleiter grinste vergnügt. Also hat Rußland dich doch weichgekocht, mein Kind. Jetzt kommst du auf dem Bauch zum lieben Kurti gekrochen, was? Das hättest du dir früher überlegen sollen. Damals, während unseres mißglückten Rendezvous bei ›Kempinski‹.
    Planitz knipste die Schreibtischlampe an. Es war ein trüber Morgen mit tiefhängenden, dunklen Regenwolken. Aprilwetter. Er setzte sich bequem in seinen Sessel zurück und las weiter:
    »So hätte ich Sie jetzt anreden können, wenn ich Ihren dreisten Versuchen bei ›Kempinski‹ nachgegeben hätte. Vielleicht wäre ich dann in derselben Situation wie Lore Sommerfeld, die aus Verzweiflung ihr Leben fortwerfen wollte.
    Wir haben sie gerettet. Und wir werden sie jetzt in Deutschland lassen und nicht mit nach Norwegen nehmen. Ich rechne auf die nachträgliche Erklärung Ihres Einverständnisses und die Entlassung Lores aus der Theatertruppe.
    Erika Nürnberg
    PS: Eine Abschrift dieses Briefes behalte ich bei mir, um sie notfalls einer einsichtsvolleren Stelle vorzulegen.«
    Kurt Planitz knüllte den Brief zusammen und warf ihn in den Papierkorb. »Das ist Erpressung«, flüsterte er wütend. »Dieses kleine, hinterhältige Biest!«
    Mit einem leisen Stöhnen stemmte er sich aus seinem Schreibtischsessel, ging zum Fenster und starrte übellaunig auf die Straße hinaus. Aber was konnte er tun?
    Nichts! Gar nichts.
    Und vor allem jetzt mußte er leisetreten. Irgendeines der Mädchen mußte sich ›oben‹ beschwert haben. Die Reichstheaterkammer begann sich plötzlich für seine verschwundene Sekretärin Elsa zu interessieren. Und dann hatte Trudchen, sein neues Vorzimmermädchen, über seine Keilerei mit diesem hergelaufenen Obergefreiten gequatscht.
    Es war schon ungemütlich genug für Planitz. Auch ohne eine neue Komplikation.
    Planitz griff nach dem Telefon.
    »Trudchen«, sagte er zu seiner Sekretärin. »Schreiben Sie eine Beurlaubung aus. Fräulein Lore Sommerfeld von der Truppe Fritz Garten wird vorläufig vom Fronttheater freigestellt. Ausstehende Bezüge sind nach Besoldungsordnung nachzuzahlen. Sie wissen ja Bescheid.«
    Planitz legte den Hörer auf und trommelte nervös auf die Tischplatte. Immer dieser Fritz Garten, dachte er wütend. Ich hätte ihn damals in Posen abschießen sollen.
    Planitz sprang auf und trat ans Fenster. Ein paar Minuten lang sah er trübsinnig auf das regennasse Pflaster.
    Wenn ich nur wüßte, wer damals bei ihm gewesen ist, dachte er verzweifelt. Wenn ich nur wüßte, wo der Kerl steckt, der Zeuge war, als ich Fritz Gartens Frau …
    Das Nest hieß Targenew. Der Fahrer des Munitions-LKWs trat auf die Bremse.
    »Endstation, Kumpel.«
    Obergefreiter Jupp Doelles warf seinen Rucksack vom Wagen und sprang hinterher.
    »Danke, Kumpel.« Er wartete, bis der LKW weiterrollte, ging dann bis zur Wegkreuzung und studierte die Wegweiser, die an einen rohen Baumstamm genagelt waren.
    »4. Kompanie«, murmelte er. »Na endlich.« Er nahm seinen Rucksack auf den Buckel und ging die Dorfstraße entlang. »Das glaubt mir wieder kein Mensch, daß ich sechs Tage lang meinen eigenen Haufen suchen mußte.«
    Ein schwacher Wind wehte einen würzigen Duft in seine Nase. Doelles

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