Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Verwundete.
    »Berthold«, wiederholte Planitz den Namen, als er ihn in sein Notizbuch schrieb.
    »Berthold«, sagte er noch einmal und zog die Stirn in nachdenkliche Falten. Wo hatte er den Namen schon einmal gehört?
    Und dann fiel es ihm ein: Irene Berthold, diese zierliche Brünette, die er zu Fritz Gartens Truppe geschickt hatte. Zusammen mit der rothaarigen Erika, die ihn damals bei ›Kempinski‹ …
    Planitz setzte sich mit festen Schritten in Bewegung auf seinen Wagen zu.
    »Nach Bjelkino«, sagte er zu dem Fahrer. »Und wenn wir bis in die Nacht fahren, ich muß heute noch hinkommen.«
    In Bjelkino bereitete man an diesem Morgen die Fronttrauung des Obergefreiten Jupp Doelles mit Lore Sommerfeld vor.
    In der Scheune wurden Stühle und Bänke aufgestellt. Davor hatten die Landser einen Tisch gestellt, der mit einer roten Decke des Fronttheaters bedeckt war.
    »Ist doch besser als diese Ferntrauungen mit 'nem Stahlhelm auf'm Stuhl, was Doelles?« Hauptfeldwebel Müller klopfte Doelles auf die Schulter. »Da weiß man nie, was man sich einhandelt.«
    »Auf jeden Fall 'nen Stahlhelm«, sagte der Unteroffizier Pumpe trocken. Dann wandte er sich an Jupp. »Det eine will ich dir aber sagen, mein Junge, wenn mir mal Klagen kommen, daß du die Kleene schlecht behandelst …« Er hielt Doelles seine gewaltigen Pratzen vor die Nase. »Ick weeß immer noch nicht, was se an dir findet«, sagte er dann kopfschüttelnd. »Wo se doch mir hätte kriegen können.«
    »Mensch, halt die Schnauze!« fuhr Doelles ihn an. »Ich hätte nie gedacht, daß Heiraten so was Aufregendes ist.« Er warf einen schnellen Blick auf das Fenster der Schreibstube, in der Lore sich für die Trauung umzog. Irene hatte ihr aus einem Spitzenrest der Theaterkleider einen Brautschleier genäht.
    »In 'ner halben Stunde bin ich 'n Ehemann mit kompletter Familie«, murmelte Doelles. »Es is nicht zu fassen.«
    »Du siehst bezaubernd aus«, stellte Irene fest.
    »Wirklich?« Lore sah ihre Freundinnen mit einem unsicheren Lächeln an. Ihre Hand streichelte den weißen Spitzenschleier, der über ihre Schulter fiel.
    »Darf man reinkommen?« fragte eine Stimme vor der Tür.
    »Nein!« schrien Lore und Irene wie aus einem Mund.
    Aber Sonja ging schon zur Tür. »Laßt ihn nur rein«, sagte sie. »Es ist doch Walter.«
    Walter Meyer steckte den Kopf herein. »Blumen für die Braut«, sagte er und reichte Lore einen großen Strauß Feldblumen. »Selbst gepflückt«, erklärte er stolz.
    Er trat hinter Sonja. »Sag mal, bekommt ein Mädchen nicht Lust zum Ehestand, wenn es andere heiraten sieht?«
    »Tja, weißt du … Wenn man so'n treuen Partner wie den Doelles hat.«
    »Du hast es nötig!« Walter explodierte. »Treu, höre ich, treu!«
    Draußen schrillte eine Trillerpfeife. »Kompanie raustreten!«
    Der Spieß riß die Tür auf. »Seid ihr fertig? Der Bataillonskommandeur ist in Anmarsch.«
    Lore stand auf. Sie zitterte plötzlich. Ihre Knie waren wie Gummi. Sie hatte Lampenfieber wie vor einem Bühnenauftritt.
    Wie durch einen Nebelschleier sah sie die Gesichter der Soldaten, als sie an der angetretenen Kompanie vorbeischritt. – Das dumpfe Gemurmel der Trauungsformel. – Doelles mußte sie anstoßen, als sie ›ja‹ sagen sollte. Der Handkuß des Kommandeurs …
    Sie war erst wieder richtig da, als Doelles sie in die Arme nahm und küßte – unter dem Beifall seiner Kameraden.
    »So«, sagte Doelles abschließend. »Jetzt sind wir richtig verheiratet, wie sich das gehört für anständige Menschen …«
    Kurz nach 22 Uhr blickte ein Generalmajor der Roten Armee auf den Sekundenzeiger seiner Uhr.
    »… sechs – fünf – vier – drei – zwei – eins – null!«
    Auf einer Frontbreite von fünfzig Kilometern brüllten die Geschütze auf. Heulend fuhren die Raketen der Stalin-Orgeln aus den russischen Stellungen und krachten in die deutschen Gräben. Granaten der schweren Feldartillerie zerfetzten die Rollbahnen, die deutschen Bereitstellungsräume.
    Ein Kradmelder raste über die zerschossene Rollbahn, bog in den Feldweg ein, der nach Bjelkino führte.
    Auf dem Dorfplatz sprang er von seiner Maschine.
    »Wo ist der Chef?« schrie er den Posten an.
    Der Soldat deutete mit dem Daumen auf Leutnant Kramers Kate. »Du tust ihm aber keinen Gefallen, wenn du ihn ausgerechnet jetzt störst«, sagte er trocken.
    Aber Kramer stand schon in der Tür.
    »Befehl vom Regiment: Sofort auf Nowskoje zurückziehen«, brüllte der Soldat durch das Knattern des

Weitere Kostenlose Bücher