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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schlagen sie mich tot wie einen tollen Hund. Wenn ich jetzt nur Zivilklamotten hätte. Oder eine feldgraue Uniform …
    Verstohlen schielte er auf seinen Begleiter, taxierte dessen Figur, dessen Größe.
    Die Kluft müßte mir passen. Vielleicht über dem Bauch ein bißchen zu eng, aber sonst … Er tastete nach der Pistolentasche.
    »Laß die Zimmerflak stecken«, sagte der Landser. »Die nützt dir auch nichts mehr …«
    Planitz ließ die Hand sinken. Aber immer wieder schielte er auf die Uniform, die ihn retten könnte.
    Ich muß sie haben, dachte er verzweifelt. Ich brauche sie. Es ist Notwehr, wenn ich ihn erschieße, reine Notwehr. Auf einen Soldaten mehr oder weniger kommt es doch nicht an. Aber mich braucht man. Ich bin doch kriegswichtig. Ich werde ihn in einen Busch werfen. Sie werden glauben, die Partisanen hätten ihn umgebracht und ausgezogen, wenn sie ihn finden. Falls sie ihn finden.
    Er schielte zur Seite. Der Landser hielt das Gewehr in der Armbeuge. Sein gesundes Auge starrte sichernd auf den Waldrand.
    Planitz blieb einen halben Schritt zurück. Vorsichtig öffnete er die Pistolentasche, zog die Waffe heraus.
    Ich darf den Rock nicht zerschießen, dachte er, als er die Pistole auf den Rücken des Landsers richtete. Ich muß ihn in den Kopf schießen, damit die Jacke nicht beschädigt wird.
    Als Planitz gerade abdrücken wollte, war plötzlich ein unheimliches Rauschen in der Luft.
    »Deckung!« brüllte der Landser und stürzte auf den Wald zu. Planitz blieb wie angewurzelt stehen.
    Er sah noch, wie ein feuriger Pilz aus dem Boden stieg, genau an der Stelle, wo der Landser sich hingeworfen hatte. Dann packte ihn eine Riesenfaust und schleuderte ihn ins Gebüsch.
    Ein paar Minuten war Planitz besinnungslos. Als er wieder zu sich kam, konnte er sich nicht erinnern, wieso er auf dem Rücken lag, mitten in dichtem Kieferngestrüpp.
    Erst nach einer Weile fiel es ihm wieder ein: der Landser mit dem verbundenen Kopf, die Granate …
    Die Uniform, dachte er. Ich muß seine Uniform haben!
    Ächzend stand Planitz auf. Seine Pistole lag auf der Straße, halbverdeckt von einem Stück Wurzelknollen, den der Explosionsdruck dorthin geschleudert hatte.
    Fünf, sechs Meter weiter ein kleiner Trichter. Der Kerl muß tot sein, dachte Planitz. Das Schicksal hat mir den Mord abgenommen.
    Suchend sah er sich um, ging dann ein paar Schritte in den Wald.
    Nichts. Nicht einmal ein Knopf.
    Planitz starrte entsetzt auf das Granatloch, in dem ein Mensch sich in ein Nichts aufgelöst hatte, spurlos.
    Dann begann er zu laufen.
    Ein paar Kilometer südlich hielt eine Kolonne von Sanitätswagen auf einem engen Waldpfad.
    »Wo ist der Oberarzt?« fragte ein Unteroffizier mit umgehängter Maschinenpistole einen der Sanitäter. Der deutete wortlos mit dem Daumen auf den nächsten Wagen, wo Dr. Hans Berthold einen Schwerverwundeten versorgte.
    »Vom Spähtrupp zurück!« meldete der Unteroffizier.
    Dr. Berthold sah ihn fragend an.
    »Wir müssen umkehren, Herr Oberarzt«, sagte der Spähtruppführer. »Drei Kilometer vor uns liegt der Russe und riegelt die Ausfahrt zur Rollbahn ab.«
    Dr. Berthold nickte mit zusammengepreßten Lippen. »Also zurück«, sagte er bitter. »Das kostet mindestens zehn von unseren Verwundeten das Leben.«
    Der Unteroffizier antwortete nicht.
    Dr. Berthold wandte sich wieder zu dem Verwundeten und machte den Verband fertig. Dann ließ er sich von dem Spähtruppführer die Karte geben.
    »Bleibt nur noch der Weg über Stawenkow«, sagte er nach einer Weile. »Und wenn der auch schon zugemacht ist …« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Es dauerte fast sechs Stunden, bis Leutnant Kramer seine Fahrzeuge durch das verminte Gelände gelotst hatte.
    Jeden Schrittbreit Boden hatten die Landser untersucht, bevor die Wagen nachziehen durften. Im Schrittempo genau in der Spur des Vordermannes.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, ließ Kramer die Kolonne halten.
    »Tagesleistung knapp 25 Kilometer«, sagte er zu Fritz Garten. »Wenn wir so weitermachen, sind wir in einer Woche noch nicht aus dem verdammten Kessel raus.«
    Garten sah ihn forschend an. »Glauben Sie eigentlich noch daran, daß wir es schaffen?«
    Kramer wich seinem Blick aus. »Natürlich glaube ich daran«, sagte er hastig. Aber seine Stimme hatte nicht mehr viel von ihrer gewohnten Festigkeit. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Als wenn er seine Unsicherheit fortwischen wollte. »Vor uns liegt ein Dorf«, sagte er dann. »Ich sehe mal nach,

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