Froschkuss (German Edition)
die drei weißen Kerzen an, die auf dem Tisch standen. Wir holten uns große A3-Blätter, um ein Scribble zu erstellen. Leon zeichnete ein dreispaltiges Layout, und wir Mädels schnitten Fotos aus alten Zeitungen und Zeitschriften aus und klebten sie auf das Papier. Als Luisa aufwachte und anfing zu weinen, holte Betty die Kleine aus ihrem Kinderwagen und stillte sie auf dem alten Sofa. Als Leon dies bemerkte, grinste er breit: „Ich habe auch Hunger! Wie wäre es mit Pizza?“ Wir Mädels stimmten dafür, und als der Pizzabote an der Tür klingelte, öffnete er sofort, um zu bezahlen. „Ihr seid eingeladen“, sagte er lachend und stellte die vier Kartons auf dem Tisch ab. Nele holte schnell Gläser und eine Flasche Rotwein, und wir räumten gemeinsam unsere Arbeitsutensilien zur Seite. Betty öffnete ein Fenster, und von draußen drang Stimmengewirr und Gelächter zu uns hinein, denn im Schrevenpark war Grillen angesagt. Irgendwann hatten ein paar Studenten damit angefangen, aber mittlerweile war es bei gutem Wetter schon schwierig geworden, dort ein gutes Plätzchen zu ergattern. Die Kerzen warfen flackernde Schatten an die Wand und ein milder Sommerwind strömte zu uns herein. Ich lehnte mich entspannt zurück und biss in meine Pizza Bollywood, die mit Ananas und Hähnchenfleisch belegt war und sehr lecker schmeckte. Betty und Nele teilten sich eine vegetarische Pizza, und Luisa, die auf dem Schoß von Betty saß und zufrieden gurrte, spielte mit meinem Schlüsselbund. Leon öffnete die Weinflasche und ging um den Tisch herum, um uns allen einzuschenken. Als er sich von hinten zu mir hinunterbeugte, berührte er meine Schulter, und ich spürte ein angenehmes Kribbeln. Seit unserer letzten Umarmung war zwischen uns nichts mehr gelaufen. Leon verschwand abends in seinem Zimmer, und ich war mir unschlüssig, ob ich die Initiative ergreifen sollte. Als Leon Luisa in den Arm nahm und sie durch den Raum trug, wusste ich auch warum. Er hielt seine Tochter im Fliegergriff auf seinem rechten Unterarm, was die Kleine sichtlich genoss, denn ihr hübsches rundes Gesicht sah total friedlich aus. Sie lag mit ihrem runden Bauch auf Leons Arm, und ihre Arme und Beine hingen entspannt herunter. Nach wenigen Minuten war Luisa eingeschlafen und Leon legte sie behutsam zurück in ihren Kinderwagen. Betty drehte sich zu ihm um: „Das ist lieb von dir, danke!“ Ich trank einen Schluck Weißwein und versuchte, die Eifersucht, die ich bei dieser Szene empfand, zu unterdrücken. Nele legte ihren Arm um Bettys Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin Betty leise kicherte. Die beiden gingen sehr vertraut und liebevoll miteinander um und ich überlegte, ob die Liebe zwischen Frauen vielleicht harmonischer war. „Männer und Frauen passen eigentlich nicht zusammen“, das hatte ich erst kürzlich wieder in einer Frauenzeitschrift gelesen und fast jede zweite Ehe in Deutschland wird geschieden. Angeblich seien allein die Hormone schuld, dass Männer und Frauen überhaupt zusammenfinden, denn ansonsten wäre die Menschheit schon ausgestorben. Ich seufzte: Trotzdem sehnte ich mich nach der großen Liebe meines Lebens, und die durfte ich auf gar keinen Fall verpassen.
30. Kapitel
Ich saß auf meinem Sofa und ließ die vergangenen Wochen noch einmal Revue passieren. Leon war nicht da, denn er renovierte mit Nele und Betty das Zimmer, in das Nele einziehen wollte. Er hatte mir beim Weggehen mitgeteilt, dass die Arbeiten lange dauern und er wahrscheinlich bei Betty übernachten würde. Ich hatte wieder diese Eifersucht in mir gespürt, ihm aber fröhlich einen schönen Abend gewünscht. Seitdem ich für mich eine neue berufliche Chance sah, absolvierte ich meinen Job bei Citylight sehr viel gelassener. Die Unternehmensberater hatten sich verabschiedet und verbreiteten bei einem anderen Projekt Unheil. Lars war damit beschäftigt, unsere Redaktionsräume zu vermieten und forderte uns ständig auf, alles ordentlich aufzuräumen, um potentielle Interessenten nicht zu vergraulen. Einen Tag marschierten sogar zwei Maler in unser Redaktionsbüro, deckten alles mit Plastikplanen ab (auch unsere Computer) und strichen die Wände in einem frischen Weiß.
Natürlich erzählte ich meinen Kollegen nichts von meinem Plan, möglicherweise mit Betty, Nele und Leon ein neues eMagazin auf die Beine zu stellen. Ich war hin- und hergerissen, ob ich mich darauf einlassen sollte oder nicht. Die ersten Monate würden wir nicht viel Geld verdienen,
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