Froschkuss (German Edition)
Kiellinie, das war ja praktisch und billig zugleich. Besonders während der Kieler Woche, wenn alles abgesperrt und weit und breit kein Parkplatz in Sicht war, stand sein Auto dort jeden Tag und oft auch über Nacht. Ich ging in die Toilette und wusch mir die Hände. Dann blickte ich in den Spiegel, der von zwei tulpenförmigen Designerlampen grell erleuchtet wurde und überprüfte mein Make-up. Ich hatte heute nur Puder aufgetragen, mit einem grauen Kajalstift dezent meine grünen Augen umrandet und die Wimpern schwarz getuscht. Etwas Tusche hatte sich in meinen Augenwinkeln abgesetzt, die Wimperntusche, die einen ganzen Tag hält ohne zu verschmieren, muss wohl auch noch erfunden werden. Meine blonden Haare kringelten sich heute fluffig, und ich zupfte nur die eine und andere Locke zurecht. Eigentlich war ich heute mit meinem Aussehen ganz zufrieden, zumal ich heute auch noch meine neue hellblaue Chino-Hose trug und mein rosa Lieblings-T-Shirt von Prada (geschnäppt). Auf dem Weg zurück zu meinem Schreibtisch kam ich wieder an dem Büro von Lars vorbei und irgendwie konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und drückte mein rechtes Ohr an die Tür, die sich aber genau in diesem Moment öffnete. Fast wäre ich Lars in die Arme gefallen, der mich vollkommen entgeistert anstarrte: „Was machst du denn da?“ Der Duft eines süßlichen Frauenparfums erfüllte den Raum, und mir wurde ganz schwindelig. Ich rappelte mich wieder auf und lief knallrot an, das spürte ich genau, Mensch war das peinlich! „Ich dachte, bei dir sind Einbrecher im Büro“, stammelte ich blöd, „ich habe so komische Geräusche gehört.“ Erst jetzt bemerkte ich Celine, die sich modellike in dem Besucherstuhl gegenüber dem Schreibtisch von Lars räkelte, die schlanken langen, schwarz bestrumpften Beine übereinandergeschlagen. Ihr Parfum hatte ich also schon im Flur gerochen. „Oh, habe ich euch gestört?“, fügte ich überflüssigerweise hinzu. „Du hast vielleicht Nerven!“, erwiderte Lars nur und machte eine Bewegung, als wolle er mich samt der geöffneten Tür wieder nach draußen befördern. „Ich bin schon wieder weg“, sagte ich deshalb nur und drehte mich auf dem Absatz um. Hinter mir hörte ich das alberne Kichern von Celine. „Hast du eine neue Hose?“, fragte mich Lars, und ich drehte mich noch einmal überrascht um. Was sollte denn diese Frage? „Ja“, erwiderte ich und lächelte: „Gefällt sie dir?“
Er musterte mich von oben bis unten: „Geht so.“
Als ich wieder an meinem Schreibtisch saß, hätte ich mir am liebsten selber ins Knie gebissen. Wie konnte ich nur so doof sein? Damit waren meine Chancen, dass sich Lars doch noch in mich verliebte, wohl endgültig auf Null gesunken, zumal er offensichtlich ganz scharf auf Celine war, oder was hatte die sonst in seinem Büro zu suchen? Meine Hose gefiel ihm auch nicht, na klar, Minirock und schwarze Strümpfe mit High Heals à la Celine waren offensichtlich mehr sein Fall. Aber auf das Niveau würde ich mich nicht begeben, da hatte ich wirklich gar keine Lust drauf. Genervt packte ich meine Sachen, fuhr meinen Computer runter und ließ mit einem lauten Knall die Bürotür ins Schloss fallen. Als ich den Schlüssel zu meiner Wohnungstür hervor holte, fiel mir wieder ein, dass Leon jetzt bei mir wohnte. So ein Mist, jetzt konnte ich es mir noch nicht einmal zu Hause in Ruhe gemütlich machen. Ich rief seinen Namen, aber er antwortete nicht. Nachdem ich meine Tasche in die Ecke gepfeffert hatte, riss ich die Kühlschranktür auf und holte mir einen Schokoriegel heraus, den ich in zwei Sekunden vertilgte. Jetzt fühlte ich mich schon besser. Ich zog meine Jeansjacke aus und ließ meinen Blick über die Arbeitsfläche meiner Küche schweifen. Leon hatte sich offensichtlich ein Brot geschmiert und vergessen, die Butter zurück in den Kühlschrank zu stellen. Ich hob den Deckel der Edelstahldose an: War ja klar, schon ganz weich und unappetitlich sah das Ganze jetzt aus. Das Holzbrett, auf dem sich noch jede Menge Krümel befanden, hatte der Herr offensichtlich auch nicht zurück an seinen Platz gestellt. Ich marschierte die Treppe hoch und klopfte an der Tür zu meinem Arbeitszimmer, weil ich Leon zur Rede stellen wollte. Als niemand antwortete, ging ich einfach hinein, warum auch nicht, schließlich war das meine Wohnung, aber mein neuer Mitbewohner war nicht da. Auf dem Schlafsofa lag das zerknüllte Bettzeug und darauf war der Inhalt seines Koffers, mehrere Jeans,
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