Froschkuss (German Edition)
paar Mal auf den Auslöser meiner Kamera, nachdem ich den drei Herren noch aufmunternd: „Denken Sie mal an etwas Schönes!“ zugerufen hatte.
Extrem gut gelaunt fuhr ich nach Hause, die Musik aus dem Radio war laut aufgedreht. Es lief die „Wunschhits“, eine meiner Lieblingsendungen, denn dann spielten sie nicht immer die gleichen Songs rauf und runter, sondern auch einmal andere, eben von Hörern gewünschte Musik. Gerade verklungen die letzten Takte eines Songs und die Moderatorin sagte: „Weiter geht es mit unseren Wunschhits. Eben bekam ich ein Mail von Leon. Er schreibt: Ich freue mich schon sehr auf Sonntag, denn dann ziehe ich bei meiner Kollegin Sonia ein! Um mir die Vorfreude noch weiter zu versüßen, wünsche ich mir ...“
Hallo? Hatte ich da richtig gehört? Ich drehte an dem Knopf von meinem Radio, wodurch der Ton leider leiser wurde, denn es war die falsche Richtung. Deshalb bekam ich nicht mit, welchen Titel er sich gewünscht hatte. Endlich war der Ton wieder da. Das musste Leon sein, wer sonst? Ich hörte gar nicht mehr richtig zu, was die Moderatorin weiter plauderte, aber die Musik ging ohnehin schon los. Sonntag, das war der 1. April, na klar, das hatte ich ganz gut verdrängt. Meine Hochstimmung sank von einer Sekunde auf den Nullpunkt. Ich hatte mich so auf mein Wochenende gefreut und mir fest vorgenommen, nur auszuspannen und mal wieder richtig gründlich zu putzen und aufzuräumen. Aber das konnte ich mir jetzt abschminken. „... My sweet baby, oh baby – you’re the one “, sang ein Typ sinnfrei.
6. Kapitel
„Hi!“ Da stand Leon nun vor meiner Tür und sah mich erwartungsvoll grinsend an. Ich ließ ihn eintreten, und er schob sich umständlich an mir vorbei, einen schwarzen Trolley hinter sich herziehend. „Ist das alles, was du mitgenommen hast?“, fragte ich ihn und wies mit der Hand zur Treppe: „Dort oben ist dein Zimmer.“ Er erzählte mir, dass er noch ein paar Kisten im Auto habe, die meisten Sachen aus seiner alten Wohnung aber in der Werkstatt eines Freundes abstellt habe, bis er eine neue Bleibe gefunden habe. „Ach so“, erwiderte ich und öffnete die Tür zu meinem Arbeitszimmer, in dem das Schlafsofa stand, auf dem Leon die nächste Zeit – die hoffentlich nicht allzu lange dauern würde – übernachten sollte. „Also hier kannst du pennen, einen Schrank habe ich leider nicht für dich, aber wenn du willst, kannst du meinen Schreibtisch mitbenutzen, aber pass bitte auf meinen Mac auf, ja?“
Leon nickte und ließ sich auf die Matratze fallen, die ich zuvor bereits herausgezogen hatte. „Ich muss nur noch dein Bettzeug holen und beziehen“, sagte ich schnell und zog die Tür wieder hinter mir zu. Puh, das wäre fürs Erste erledigt. Es war alles schon etwas merkwürdig, einen eigentlich für mich fast vollkommen fremden Mann beherbergen zu müssen. Was wusste ich schon über Leon, außer dass er ein Computerspezialist war, der gern im Chaos arbeitete? Ich brachte ihm sein Bettzeug und ließ es auf das Sofa fallen: „Übrigens wäre es nett, wenn du hier Ordnung halten würdest, da lege ich nämlich ziemlich viel Wert drauf, okay?“
Er blickte mich entgeistert an und ließ seine Schultern nach vorne kippen: „Ich werde mich bemühen. Kann ich einen Kaffee haben?“ Widerwillig bejahte ich, und er folgte mir nach unten in die Küche, wo er auf einem Stuhl an meinem kleinen Esstisch Platz nahm. Während ich das Kaffeepulver in das Sieb des Espressokochers füllte, plauderte ich nervös drauf los, um die eher ungemütliche Atmosphäre zu überbrücken. Leon antwortete auf meine Fragen zu seinem Job und dem Auszug aus seiner alten Wohnung sehr einsilbig. Insbesondere wollte er mir nicht erzählen, warum er so plötzlich seine alte Bleibe hatte verlassen müssen. Als der Kaffee fertig war, trank er schlürfend, was mir ziemlich auf die Nerven ging, denn ich hasse es einfach, wenn Menschen beim Essen und Trinken laute Geräusche von sich geben. „Wie lange willst du eigentlich bleiben?“, fragte ich schließlich. Er zupfte an seinem ausgeblichenen schwarzen T-Shirt und schob seine schwarz umrandete Brille auf seiner Nase zurück: „Weiß ich noch nicht“, antwortete er, „kommt drauf an, wie schnell ich was Neues finde.“
Als wir mit Kaffeetrinken fertig waren, zeigte ich ihm die anderen Räume meiner Wohnung und das Badezimmer, außerdem machte ich ihn mit meinem Mitbewohner Oskar bekannt, der uns, als ich die Tür zum Balkon öffnete,
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