Froschkuss (German Edition)
ich anerkennend und prostete Karla zu.
Sie trank einen Schluck aus ihrem Glas und nickte begeistert: „Ja, nicht? Karim hat wirklich einen tollen Geschmack.“
Ein hagerer Typ, dem sein grauer seidenglänzender Anzug mindestens eine Nummer zu groß war, gesellte sich zu uns und stellte sich als: „Max, ein Freund von Karim“ vor. Wir plauderten über das Nachtleben von Hamburg und der Typ versorgte uns ungefragt mit Tipps, wo „man“ zurzeit unbedingt hingehen müsse. Immer wenn ich in Hamburg war, stellte ich fest, dass die Menschen dort sich durchweg als Bewohner einer Weltstadt betrachteten, die uns Frauen aus der Provinz erst einmal erzählen mussten, was so abgeht. Mir ging das Getue immer total auf den Geist, denn meiner Erfahrung nach waren die meisten Hamburger genau so spannend oder langweilig wie Leute aus anderen Städten. Ich hatte einmal gelesen, dass in Hamburg die meisten Singles wohnten und das wunderte mich nicht, denn viele Männer und Frauen, denen ich hier begegnet war, vermittelten das Gefühl, in erster Linie an sich selbst interessiert zu sein und das erschwert das gegenseitige Kennenlernen bekanntermaßen ungemein.
Max erzählte gerade ausschweifend von seinem fantastischen Job als Content Manager einer Internet-Agentur. Ich musste innerlich schmunzeln, denn Content Manager bedeutete im Allgemeinen das Sich-Kümmern um irgendwelche Foren und Communitys, das heißt User-Mails beantworten und das Posten von Beiträgen. Nichts Weltbewegendes also.
„Das hört sich ja spannend an!“, unterbrach Karla den Redefluss von Max und blickte ihn aufmunternd an. Meine Freundin hatte wirklich das Talent, Männern das Gefühl zu geben, die Größten zu sein. Da musste ich wirklich noch an mir arbeiten.
„Liebe Freunde, hört alle mal her!“ Karim hatte sich in die Mitte des Raumes gestellt, die linke Hand lässig in die Tasche seiner Anzugshose gesteckt. Er strahlte und wie immer war ich fasziniert, wie weiß seine Zähne leuchteten. Ob die überhaupt echt waren? Er blickte zu Karla und mir und grinste breit. „Karla!“, sagte er und für einen Moment stockte mein Herz. Alle Männer und Frauen hatten ihr Gespräch unterbrochen und blickten ihren Gastgeber erwartungsvoll an. Karim reichte meiner Freundin seine Hand und zog sie an seine linke Seite. Karla stand neben ihm und lächelte unsicher. Sie sah süß aus in ihrem roten Minikleid, das ihre frauliche Figur perfekt zur Geltung brachte. Karim schwieg für ein paar Sekunden, dann umfasste er seine Freundin und zog sie dicht an sich heran. „Wie ihr wisst, liebe ich diese Frau seit ich sie das erste Mal gesehen habe!“ Er drehte seinen Kopf leicht zu Karla und berührte gleichzeitig ihr Kinn: „Du machst mich zum glücklichsten Mann auf dieser Erde!“ Ich hielt den Atem an, das war ja wie in einem kitschigen Hollywood-Film! „Ich kann mir keine andere Frau vorstellen, mit der ich mein Leben verbringen möchte.“ Er lächelte: „Auch meine Mutter findet dich wunderbar.“ Ich schluckte trocken. Karim zog ein kleines Kästchen hervor, öffnete es und hielt einen funkelnden Brillantring in der Hand. „Willst du mich heiraten?“
Sag nein!, dachte ich, aber ich hörte etwas anderes: „Jaaa! Sehr gern sogar!“ Karim steckte Karla den Ring an den Finger und die beiden küssten sich. Alle applaudierten und freuten sich, nur mir kam das Ganze nicht geheuer vor. Ich konnte mir Karim einfach nicht als treuen Ehemann vorstellen. Für mich würde er immer ein Kerl bleiben, der alles vernascht, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Karim hielt sein Glas in die Luft: „Darauf möchte ich mit euch anstoßen!“ Die Tür zum Flur öffnete sich, und eine kleine Chinesin in einem schillernden Kimono mit straff zusammengebundenen schwarzen Haaren schob einen Servierwagen hinein. Karim leerte sein Glas in einem Zuge. „Und nun genießt das Flying-Menü. Ich wünsche uns allen einen schönen Abend.“
Die Chinesin verteilte lächelnd kleine Teller und Gläschen, in denen sich Köstlichkeiten wie Lachstatar und Krabbensuppe befanden. Die Gäste aßen, tranken, lachten und ließen es sich gut gehen. Max wich nicht von meiner Seite und versorgte mich mit Prosecco und Erdbeerbowle, und ich merkte, wie mir der Alkohol zu Kopf stieg. Karim drehte die Anlage lauter, und die ersten Gäste begannen zu tanzen. Max forderte mich auf und ich sagte: „Ja, warum nicht!“ Zunächst tanzten wir, ohne uns zu berühren, aber als ein langsames Stück kam, trat Max
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