Froschkuss (German Edition)
weißt doch, seine Eltern sind ziemlich vermögend und haben ihm auch die Wohnung in Hamburg gekauft.“
„Und? Wie stehst du dazu?“, fragte ich vorsichtig.
Karla schob sich die Kapuze über ihr Haar: „Ist doch okay! Ich heirate Karim ja nicht wegen seines Geldes! Ich werde später selbst genug als Ärztin verdienen.“
„Das stimmt. Aber denk’ daran, dass du später vielleicht auch mal Kinder haben wirst. Dann kannst du bestimmt eine Zeit lang nicht so viel arbeiten.“ Ich machte eine kurze Pause. „Lass dich von ihm nicht über den Tisch ziehen!“
„Wieso glaubst du, dass er mich über den Tisch ziehen will?“, zischte meine Freundin aufgebracht. „Was hast du eigentlich gegen Karim?“
„Nichts“, log ich und strich meinen Jeansrock glatt: „Ich will doch nur, dass du glücklich bist!“ Das war nun wirklich ernst gemeint, deshalb sah ich Karla aufrichtig in die Augen. „Oder was hattest du gedacht?“
„Ach nichts, lass uns nicht streiten, ja?“ Sie nippte an ihrem Glas. „Hast du Lust, mit mir mein Hochzeitskleid auszusuchen und was ich sonst noch so brauche?“
„Klar, das ganze Programm, kein Problem: Hochzeitskleid und Schuhe, Schleier und Blumenstrauß“, zählte ich auf und Karla ergänzte: „Und Strümpfe und Dessous für die Hochzeitsnacht ...“
„Hi Karla!“ Von unserem Strandkorb aus sahen wir nur zwei Beine, die in einer verwaschenen Jeans steckten und das untere Teil einer Segeljacke, deshalb beugten wir uns wie auf Kommando nach vorne. „Hallo Henning! Was machst du denn hier?“
„Ach, ich war eigentlich mit einem Freund verabredet, aber er hat mich versetzt. Er geht auch nicht an sein Handy ...“
„Ach so“, erwiderte Karla und zeigte auf mich: „Kennst du meine Freundin Sonia?“
Henning musterte mich kurz mit zusammengezogenen Augenbrauen, dann lächelte er: „Ich habe Sie schon einmal gesehen. Sie haben einmal Karla im Krankenhaus abgeholt, stimmt’s?“
Ich nickte und wir gaben uns die Hand. Er hatte einen festen Händedruck und blickte mir dabei in die Augen. „Habt ihr Lust, mit mir zum Gosch-Stand zu kommen? Ich lade euch ein!“ Da hatten wir beide nichts dagegen und schlängelten uns aus unserem Strandkorb. „Ich geh’ mal kurz rein, um zu bezahlen!“, sagte ich und als ich wieder rauskam, standen die beiden dicht nebeneinander und unterhielten sich. Wir spazierten in Richtung Landeshaus, bis es wieder richtig heftig regnete und wir deshalb das letzte Stück mit eingezogenen Köpfen rannten. Henning ging voraus und ergatterte tatsächlich einen Stehtisch mit drei Barhockern. Er winkte uns heran und wir freuten uns, endlich wieder im Trockenen zu sein. Die Stehtische befanden sich unter einer Zeltplane, von dessen Rand Wasser in kleinen Rinnsalen lief. „Was für ein Wetter“, schimpfte Henning und lachte dabei. „Was soll ich uns holen?“, fragte er, „Scampis und Weißwein?“ Wir beide nickten: „Ja, gern!“
Er brachte nacheinander jeweils zwei Teller mit Scampis, Soße und Brot und dann auch noch eine Flasche Weißwein und drei Gläser, ganz Gentleman. Ich war angenehm überrascht, auch darüber, dass wir drei uns ganz zwanglos unterhalten konnten. Henning fragte, woher Karla und ich uns eigentlich kennen würden. „Oh, wir haben uns auf dem Gymnasium das erste Mal gesehen“, antwortete Karla. „Sonia war neu an die Schule gekommen und trug so flippige Klamotten, das gefiel mir.“
Ich knuffte sie in die Seite: „Und ich hab dich von Anfang an um deine schönen schwarzen Haare beneidet!“
„Ach, Quatsch! So toll sind die nun wirklich nicht!“
Henning legte seine Gabel beiseite: „Deine Haare sind wirklich sehr schön!“
Die beiden blickten sich für einen Moment an, dann lächelte Karla: „Danke, das ist sehr nett!“ Ich kostete von den Scampis, die köstlich schmeckten, und tunkte mein Brot in die Soße. Während die beiden nun über Neuigkeiten aus dem Krankenhaus plauderten nutzte ich die Zeit, um Henning genauer zu betrachten. Er war schlank, vielleicht einen Kopf größer als Karla, und hatte ein feines, fast feminines Gesicht mit schmaler Nase und heller Haut, die im Sommer nur rot und nie braun wird. Seine Haare waren schon grau, obwohl er höchstens Anfang dreißig war, aber sie sahen voll und kräftig aus. Er war kein Mann auf den ersten Blick, also nicht so eine Erscheinung wie Karim, aber er strahlte etwas Ruhiges und Zuverlässiges aus. Die kleinen Fältchen um seine Augen herum verrieten, dass er ein
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