Froschkuss (German Edition)
– ehrlich! – musste ich mir eingestehen, dass ich meine Geschlechtsgenossinnen um ihre Disziplin und Selbstbeherrschung beneidete. Wie stellten diese Frauen das an, so gut wie gar nicht zu essen? Ich half Karla, das Geschirr abzudecken, dann nahmen wir unsere Gläser und machten es uns auf ihrem kuscheligen Ledersofa bequem. Die DVD von Williams und Kates Hochzeit war wirklich toll. Immer wieder schauten wir uns die Szene an, als Kate aus der schwarzen Limousine stieg: Sie trug dieses wunderschöne schlichte cremefarbene Brautkleid und einen Schleier, der zwar nicht so lang war wie der von Prinzessin Diana, aber immerhin. Dann erhielt sie von Pippa das Blumenbouquet. Schließlich nahm Kates Schwester, die ein schlichtes, ebenfalls cremefarbenes Kleid mit tiefem Ausschnitt trug, den Schleier von Kate vorsichtig in die Hand. Nun schritt Kate anmutig auf dem roten Teppich in Richtung des Eingangs der Westminster Abbey, gefolgt von ihrer Schwester. „Jetzt kommt es, jetzt kommt es!“, flüsterte Karla und griff sich aufgeregt einen Cracker aus der Schale, die vor uns auf dem Tisch stand. Wir sahen fasziniert die Szene, als die Kamera auf Pippa Middleton in ihrem eng geschnittenen Kleid zoomte, das ihre weiblichen Kurven perfekt betonte und noch monatelang danach für Gesprächsstoff sorgen würde. Die Zeremonie vor dem Altar war bewegend, die Liebe von William und Kate schien echt zu sein, so wie die beiden beim Hinausschreiten um die Wette strahlten.
„So ein Kleid will ich auch haben!“, seufzte Karla schließlich und drückte auf die Fernbedienung, um die Aufnahme der Hochzeit von Fürst Albert und Charlene zu starten. Natürlich war auch diese Zeremonie überaus glamourös, gar keine Frage. Aber was hatte diese merkwürdige Körpersprache von Albert zu bedeuten? Als er mit seiner Braut Charlene, die ein schlichtes cremefarbenes Kleid von Armani trug, zum Altar schritt, zwinkerte er ständig in die Runde, als würde er unter nervösen Zuckungen leiden, und als die beiden schließlich stehen blieben, würdigte die Braut ihn keines Blickes, sondern schaute betreten zu Boden. Ich steckte mir ebenfalls einen Cracker in die Mund: „Große Gefühle scheinen bei den beiden wirklich nicht im Spiel zu sein.“
„Sag’ ich doch!“
Als Erzbischof Basi schließlich die alles entscheidende Frage stellte, antworteten beide mit „Ja“, und Karla und ich atmeten erleichtert aus. Charlene sah trotzdem nicht glücklich aus, obwohl Albert ihr aufmunternd zuzwinkerte. „Man sollte sich wirklich gut überlegen, wen man heiratet“, sagte ich schließlich, „aber vielleicht reicht es Charlene ja, nun Fürstin zu sein.“
„Kann schon sein“, erwiderte Karla und rückte sich ein großes Kissen hinter ihrem Rücken zurecht. „Ich heirate jedenfalls aus Liebe.“
Auf einmal war ich hundemüde, und auch Karla gähnte. Wir räumten schnell auf, duschten uns und schlüpften dann ins Bett. Ich schlief sofort ein und träumte davon, mit Lars vor dem Altar zu stehen. Er zwinkerte mir die ganze Zeit zu und blickte vorwurfsvoll auf meine Füße, bis ich schließlich nach unten blickte. Ich war barfuß zum Traualtar geschritten!
Als ich am nächsten Tag gerade mein Fahrrad vor der Redaktion abschloss, stand er plötzlich neben mir. „Sonia“, begrüßte er mich und grinste, „du kannst gleich mal in mein Büro kommen.“
„Wenn’s sein muss“, flaumte ich ihn an und rieb mir die Hände an meiner Jeans ab.
Sofort war das Lächeln aus dem Gesicht meines Chefs verschwunden und er runzelte seine Stirn: „Hast du schlecht geschlafen, oder was?“
Ich steckte meinen Fahrradschlüssel in meine Hosentasche: „Ja, hab’ ich.“
„Kein Grund, deine miese Laune an mir auszulassen“, zischte Lars und stieg die Treppen hoch. „Bis gleich!“
Wenn der wüsste, dachte ich genervt. Natürlich war es nur logisch, dass ich auf ihn sauer war, schließlich hatte er sich in meinem Traum voll über mich lustig gemacht. Ich schulterte meine Tasche und lief die Treppe hoch, um schon einmal meine Fettverbrennung in Gang zu setzen, denn die Mascarpone-Creme von Karla hatte sich direkt auf meinen Hüften niedergelassen. Am Morgen hatte ich zwei Kilo mehr gewogen als den Tag zuvor! Ich beschloss, gleich zu Lars ins Büro zu gehen. Ich erwartete, dass mein Chef wieder jede Menge an meinem Artikel „Speed-Dating“ auszusetzen hatte, was aber überraschenderweise nicht der Fall war. Stattdessen lobte er mich sogar: „Das ist okay,
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