Froschkuss (German Edition)
und Dominics Wangen waren gerötet. Sie schenkten mir ein Glas ein und forderten mich auf, es auf Ex zu trinken: „Komm Sonia“, sagte Sophie, „sei kein Spielverderber.“ Ich trank das ganze Glas in einem Zuge, damit meine reizenden Kollegen endlich Ruhe gaben. Lars hatte ich in der Zwischenzeit aus den Augen verloren und ich nahm mir vor, nicht zu viel zu trinken. Wer wusste, was noch alles auf mich zukommen würde. Wir drei hatten wirklich unseren Spaß, Dominic taute richtig auf und erzählte von seiner ersten großen Liebe. „Sie hieß Lisa und hatte so süße Sommersprossen“, erzählte er wehmütig. „Und was ist daraus geworden?“, fragte ich ihn neugierig.
Dominic machte eine abwehrende Handbewegung: „Ach, das ist schon so lange her. Das war zu meiner Grundschulzeit. Nach der vierten Klasse ist sie mit ihrer Familie nach Köln gezogen.“
Ich fragte mich, ob das die einzige Liebe in Dominics Leben war, so wie er das erzählte, traute mich aber nicht, ihn danach zu fragen. Ich entschuldigte mich bei den beiden, denn ich wollte nun endlich aufs Klo und auf dem Weg dahin überlegte ich, ob die Vorstellung von der großen Liebe nicht eine Illusion war. Wann war denn eine Liebe groß? Und anders betrachtet: Gab es auch eine kleine Liebe? Wo war denn da der Unterschied und wann wusste man, ob man tatsächlich die große Liebe erwischt hatte? Der chinesische Spruch, den ich in den Brief an Lars hineingeschrieben hatte, kam mir in den Sinn:
Wenn man darüber nachdenken muss, ob man jemanden liebt, liebt man nicht.
Als ich vom Klo zurückkam, erfüllte laute Musik den Raum und einige Gäste tanzten bereits in der Mitte des Raumes. Die anderen, die sich weiter unterhalten wollten, strömten auf die Dachterrasse. Wo waren nur Sophie und Dominic? Der Tisch, an dem sie noch vor wenigen Minuten gesessen hatten, war jedenfalls leer. Plötzlich sah ich Von Meilenstein mit zwei Sektgläsern in der Hand, der mir erfreut zulächelte. Ich wollte schon die Flucht in Richtung Klo antreten, als mich jemand fest am Handgelenk packte. „Komm, lass uns tanzen!“ Ich drehte mich um und landete in den Armen von Lars. „Eh, gern!“, stotterte ich nervös und ließ mich von ihm in die Menge der Tanzenden ziehen. Mein Chef ergriff meine rechte Hand, legte seinen Arm um meine Hüfte und begann, mich souverän im Disco Fox über die Tanzfläche zu führen. Ich dankte innerlich meiner Mutter, die mich, als ich sechszehn gewesen war, geradezu genötigt hatte, an einem Tanzkurs teilzunehmen. Ich hatte mich damals nämlich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, weil mir das Ganze sehr albern vorgekommen war. Aber nun war ich froh, dass ich nach wenigen Minuten den Dreh wieder raus hatte: „eins-zwei-tep, eins-zwei-tep“, so ging die Fussfolge, das hatte unser betagter Tanzlehrer bestimmt hundert Mal wiederholt, bis es auch der letzte Tanzschüler kapiert hatte. Immer mehr Gäste drängten auf die Tanzfläche, aber Lars gelang es, mich elegant an den Frauen und Männern vorbeizuführen. Er drehte mich nach rechts, nach links, dann ließ er meine Hand los, zog mich wieder an sich heran und führte mich erneut ein paar Schritte nach vorne und dann wieder zurück. Da die Musik sehr laut war, konnten wir uns nicht unterhalten, aber das war auch nicht nötig, denn die Blicke von Lars sprachen Bände. Ich hätte immer so weitertanzen können, aber auf einmal stand eine blonde magere Tussi im Mini-Lederrock neben uns und zog Lars von mir weg. „Sie entschuldigen uns kurz?“, schrie sie mir zu. Lars ließ meine Hand los und streichelte mir kurz über den Rücken, genau da, wo sich der Verschluss meines BHs befand. Dann war er weg! Es dauerte einige Sekunden, bis ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt war. Ich brauchte jetzt unbedingt etwas zu trinken und griff mir ein Glas Sekt von einem Tablett, das eine Service-Kraft auf einem Tisch abgestellt hatte. Die ersten Gäste verließen unseren Empfang, nachdem sie sich bei Lars, der mit der Tussi nun auf der Dachterrasse stand, verabschiedet hatten. Was sollte ich nun tun? Mein ganzer Körper stand unter Strom, so sehr begehrte ich diesen Mann, der mich so mir nichts, dir nichts hatte stehen lassen.
Ich gesellte mich zu meinen Kollegen, die nun ebenfalls auf die Dachterrasse gegangen waren, und behielt meinen Chef im Blick. Weitere Gäste verabschiedeten sich bei Lars, schüttelten ihm die Hand oder klopften ihm auf die Schulter. Schließlich war außer meinen Kollegen
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