Froschkuss (German Edition)
die Augen an und tastete den Bauch von Oskar ab, der alles mehr oder weniger teilnahmslos mit sich geschehen ließ. „Das sieht nach einer leichten Lungenentzündung aus“, sagte er schließlich, „gut, dass Sie gekommen sind.“
Er hob Oskar zurück in die Transportbox, die ich auf dem Untersuchungstisch abgestellt hatte. „Ich würde ihm gern eine Spritze mit einem Antibiotikum geben, wenn das okay ist?“
Ich nickte nur, denn ich war froh, dass er Oskar helfen konnte. Da mein Hase sich bereits in sein Handtuch gekuschelt hatte, merkte er gar nicht, dass ihm der Arzt schnell eine Spritze verpasste. „Sie sollten ihn außerdem drei Mal am Tag inhalieren lassen“, fügte der Tierarzt hinzu. „Es reicht, wenn sie ihm eine Schüssel mit Kamillenblüten an den Käfig stellen.“ Das hatte ich noch nie gehört, aber warum sollten Tiere nicht ähnlich zu behandeln sein wie wir Menschen? Meine Mutter, die eine große Anhängerin von natürlichen Heilmethoden war, hatte mich als Kind bei Erkältungen immer über einen Topf mit dampfenden Kamillen- oder Pfefferminzblütenwasser gesteckt. Handtuch drüber und fertig. Mir hatte das immer gut geholfen.
Dr. Kramer begleitete uns zum Empfangstresen: „Zahlen Sie bar oder mit EC-Karte?“
„Ach, ich habe ja gar kein Geld mit!“, erwiderte ich erschrocken.
Leon berührte mich leicht am Arm: „Lass mal, ich zahl das schon!“
Er kramte sein Portemonnaie aus der Jeans und Dr. Kramer steckte die Karte in das Lesegerät. „Brauchen Sie eine Rechnung?“
„Nee, danke!“
Als wir wieder im Auto waren, spürte ich plötzlich, wie müde ich war. „Das war sehr nett von dir, mich hierher zu fahren“, sagte ich zu Leon, der gerade seinen Gurt feststeckte. „Das Geld gebe ich dir natürlich wieder.“
„Das brauchst du nicht, ich hab’s gern getan.“ Er startete sein Auto und blickte in den Rückspiegel. „Wollen wir noch einen Kaffee trinken? Bei McDonalds? Die haben die ganze Nacht auf?“
Ich nickte: „Okay, gern.“
Da sich der McDonalds auf dem Weg zurück zur Autobahn befand, mussten wir auch keinen Umweg machen. Das Schnellrestaurant war um diese Zeit so gut wie leer. Nur zwei Typen in grauen Overalls saßen vor ihren Pappbechern mit Kaffee und studierten die Bild. „Du kannst uns schon mal einen Platz suchen“, sagte Leon und ging zum Verkaufstresen. Ich setzte mich an einen Tisch mit zwei Stühlen und betrachtete den Flachbildschirm, der ein flackerndes Kaminfeuer zeigte. Irgendwo hatte ich einmal gelesen, dass die DVD Kaminfeuer ein absoluter Verkaufsschlager war. Das musste man sich einmal vorstellen: Die Filmproduktion brauchte nur einen Kamin, eine Kamera und einen Schnittplatz, fertig war das ganze Produkt. Ideen musste man haben. Oder wie mein Papa zu sagen pflegte: „Das Geld liegt auf der Straße.“
Leon kam an den Tisch und gab mir meinen Becher: „Ich habe einen Latte macchiato, ist das okay?“
„Perfekt!“, sagte ich und trank einen Schluck: „Boah, ist der heiß!“ Ich zog meine Jacke aus und schob mir meine widerspenstigen Locken hinter die Ohren. „Was ist das eigentlich für ein Projekt, an dem du mitarbeitest?“
Leon runzelte die Stirn, dann grinste er. „Das ist noch nicht ganz spruchreif. Wird aber, glaube ich, ganz spannend. Wie kommst du da jetzt drauf?“
„Och, ich hab dich vor einiger Zeit mit Betty vor dem Büro von Nele gesehen ...“
„Aaach so!“, fiel er mir ins Wort und trank ebenfalls einen Schluck Kaffee. „Ja, die beiden kenne ich schon lange. Wir wollen etwas zusammen machen, soviel kann ich dir verraten.“
Na, das war ja mal eine ganz neue Information. „Ihr kennt euch schon lange? Woher denn?“ Meine Neugierde war geweckt. Ich war ganz Ohr.
„Betty und ich haben zusammengewohnt“, erwiderte Leon und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Irgendwie war ihm das Thema unangenehm.
„Das ist ja ein Ding! Das wusste ich ja gar nicht. Und was ist mit Nele?“
„Nele ist eine Freundin von Betty!“
„Aha“, erwiderte ich einfältig und beobachtete meinen Mitbewohner ganz genau. Auf einmal war meine Müdigkeit wie weggeblasen. „Ich habe die beiden beim Bäcker getroffen mit Bettys Baby Luisa ...“
Er blickte mir in die Augen. „Süß die Kleine, nicht?“
„Sehr süß sogar. Weißt du eigentlich, wer der Vater ist?“
Statt mir eine Antwort zu geben, zuckte Leon verneinend mit den Schultern und ging noch einmal zum Verkaufstresen, um sich einen Cheeseburger zu holen, mir brachte er
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