Frost, Jeaniene
noch
verunsicherte. Spade wollte ihr zeigen, dass die Gefühle, die sie füreinander
hegten, sich nicht länger ignorieren ließen. Höflicher wäre es gewesen, ihr in
dieser Phase mehr Zeit zu lassen, aber die hatte er eben nicht. Sie waren auf
der Suche nach Nathanial, und wenn sie ihn gefunden hatten, war ihre Zeit um.
Konnte er
ihren Zweifeln also am schnellsten über ihre Zuneigung zu ihm beikommen, würde
er sich diese Schwäche natürlich zunutze machen. Bald war Denises Periode
vorbei - nicht dass er sich unter normalen Umständen an so etwas gestört hätte,
aber im Augenblick war ihr Blut einfach zu gefährlich -, und dann würde seine
Falle zuschnappen. Bald, Darling, versprach
er ihr stumm, während er die Dusche plätschern hörte und sich vorstellte, wie
das Wasser auf ihre nackte Haut prasselte. Sehr bald.
Denise war
vollkommen überwältigt. Erst die unglaubliche Hotelsuite. Und jetzt die Fahrt
zum Strip, die Lichter, die immer näher kamen, bis sie das Gefühl hatte, ins
Maul eines riesigen, glitzernden Ungeheuers zu fahren. Spade ließ die
Hotellimousine ein paar Blocks vom Belaggio entfernt halten, damit sie den Rest
des Weges zu Fuß gehen konnten. Denise wusste nicht, ob das eine
Sicherheitsmaßnahme war, die verhindern sollte, dass der Fahrer mitbekam, wo
sie hinwollten, oder ob Spade einfach die Atmosphäre genießen wollte.
Die war
jedenfalls umwerfend. Die Neonlichter, die vielen Leute, der Lärm und die
Stimmung auf dem Strip, alles schien davon zu künden, dass Zwänge hier nicht
existierten. Ein Spielplatz für Erwachsene, so hieß es
doch über Las Vegas, und das selbst jetzt um Mitternacht noch schillernd
vielfältige Angebot an Vergnügungen schien dem Recht zu geben.
»Wie
findest du's?«, erkundigte sich Spade, als sie das Belaggio betraten.
Denise
schüttelte den Kopf. »Frag mich nachher noch mal, wenn ich nicht mehr so
überwältigt bin.«
Wieder
schenkte er ihr ein spitzbübisches Lächeln, eins von der Sorte, der sie
inzwischen mehr abgewinnen konnte, als ihr lieb war. Wäre da nicht der ernste
Zweck ihrer Reise gewesen, hätte sie sich gefühlt wie bei einem Date. Einem
äußerst luxuriösen Date. Spade kam nicht nur für ihre Unterkunft auf. Er hatte
auch darauf bestanden, ihr ein neues Kleid, Schuhe, eine Handtasche und Schmuck
zu kaufen - ohne dass sie dabei irgendwelche Preisschilder zu sehen bekommen
hatte. Es sei ihre Kostümierung für den Abend, hatte er mit noch so einem
verschmitzten Grinsen gesagt. Zugegebenermaßen machte sich ihr neues Ensemble
ausnehmend gut neben Spades Armani-Hemd und maßgeschneiderter Hose. Mann,
allein seine Uhr hatte wahrscheinlich mehr gekostet als ihr gesamtes Outfit.
Aber Spade
trug seine Kleidung und Accessoires mit geradezu eleganter Beiläufigkeit; das
Überlegenheitsgetue, das reiche Leute sonst so oft an den Tag legten, war ihm
fremd. Bevor sie Randy kennengelernt hatte, war Denise mit einigen
wohlhabenden Jungs ausgegangen, aber die meisten waren so von sich eingenommen
gewesen, dass sie in ihr nur einen sexy Armschmuck gesehen hatten. Spade hingegen
gab sich stets aufmerksam und charmant, obwohl alles nur Schau war. Ja, genau
diese eigentümliche Mischung aus Taktgefühl, Skrupellosigkeit und Loyalität war
es, die in Denise mehr als nur körperliches Verlangen auslöste.
Wenn er
doch kein Vampir wäre, dachte sie. Dann rief sie sich zur
Ordnung. Wäre Spade kein Vampir, wäre sie nicht mit ihm hier, denn nur ein
Vampir konnte ihr bei ihrer Suche nach Nathanial helfen. Sie musste aufhören
zu träumen und sich wieder auf die Realität besinnen.
Im
Belaggio führte Spade sie durch den Eingangsbereich mit seinen Spielautomaten,
Craps- und Blackjacktischen hindurch in den hinteren Teil des Kasinos, den ein
Schild als Club Prive auswies. Mit Erstaunen registrierte Denise, wie die eben
noch fröhliche, ausgelassene Atmosphäre in ein Ambiente stilvoller Raffgier
umschlug.
Nach ein
paar höflichen Worten an die Empfangsdame betraten sie den gold- und
purpurfarben dekorierten Raum mit mehreren Sitzgruppen und eigenem Personal,
das diskret darauf wartete, gebraucht zu werden. Mindestens zwei Spiele waren
bereits im Gange.
Spade
deutete auf die Bar. »Bestellst du mir einen Scotch, bitte. Bin gleich wieder
da.«
Denise
warf einen Blick auf den Chip-Schalter, der unauffällig in einer Ecke untergebracht
war. »Du willst doch bloß verhindern, dass ich mitbekomme, wie viele Chips du
dir holst, damit ich keinen Herzinfarkt bekomme,
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