Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
Vom Netzwerk:
ihr mitzuteilen, dass er sie gesehen
hatte. Er flog noch eine Minute suchend umher und senkte sich dann einer
Lichtung entgegen, die Chey in der Ferne ausmachen konnte.
    Sie verschwendete keinen Augenblick, stürmte die Stufen hinunter und
dann durch den Wald. Der kalte Boden, die spitzen Steine, die zerbrochenen Äste
und die Kiefernzapfen verletzten ihre Füße. Ständig stolperte sie, rannte aber
so schnell sie konnte auf die Lichtung zu.
    Als sie dort eintraf, warteten Bobby und Lester auf sie. Sie sahen
nicht im Mindesten verletzt aus.
    »Gott sei Dank!«, stieß sie hervor. »Ich dachte schon, ich hätte
euch getötet!«
    Bobby lächelte nicht. »Das hast du
auch beinahe geschafft«, erwiderte er. »Ich hatte mich für ziemlich
clever gehalten, die Kette mitzubringen.«
    »Was ist passiert?«, wollte sie wissen.»Was habe ich getan?«
    »Du erinnerst dich nicht?« Er warf einen Blick auf ihre Beine.
Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. »Ich hätte es wirklich besser
durchdenken sollen. Du hast getan, wofür Wölfe in Fallen berüchtigt sind. Du
hast dir das Bein durchgebissen. Obwohl – dazu musstest du nicht viel
beißen. Dann kamst du auf uns zu, als wolltest du uns verschlingen.«
    »Wie … wie seid ihr entkommen?« Eigentlich wollte Chey ihn fragen,
warum er sie nicht einfach erschossen hatte. Schließlich besaß er eine Pistole
mit einem Magazin voller Silberkugeln. Niemand hätte ihm vorwerfen können, dass
er sich verteidigte.
    »In der Sekunde deiner Verwandlung hast du dich gegen die Fessel
gestemmt. Ich hatte ein ungutes Gefühl, also befahl ich Lester, den
Hubschrauber warm laufen zu lassen. Als ich deine Absicht erkannte, sprangen
wir rein und hoben ab. Du kamst trotzdem hinter uns her und bist sogar in die
Höhe gesprungen, aber mit nur einem Hinterbein kamst du nicht weit.«
    Chey legte einen Arm vor den Mund. Sie konnte es kaum glauben. »Es
tut mir so leid«, sagte sie und ging auf Bobby zu, um nach ihm zu greifen,
seine Hände zu nehmen, ihn zu umarmen.
    Nun war er derjenige, der zurückwich. Vielleicht befürchtete er, sie
könne ihn kratzen und den Fluch weitergeben.
Vielleicht hatte er auch nur einfach Angst vor ihr.
    Einen Augenblick lang stand sie mit ausgestreckten Händen da. Sie
brauchte etwas von ihm, etwas, worum sie nicht bitten konnte. Möglicherweise
niemals wieder. Aber er war noch immer am Leben – er und Lester lebten.
Das musste reichen. Sie wich zurück, bis er wieder etwas entspannter aussah,
blieb stehen und legte in der Kälte die Arme um den Körper.
    »Hast du etwas zu essen?«, fragte sie.

37   »Du
musst dir etwas ansehen«, sagte Bobby zu ihr. Fenech, dachte sie. Es wurde
Zeit, dass sie ihn Fenech nannte. Es war klar, dass die Beziehung zwischen
ihnen beendet war. Aber es fiel schwer. Sie beobachtete, wie er sich umwandte
und sie zurückließ, und wusste ganz genau, wie es sich anfühlte, hinter ihm
herzulaufen und mit den Fingern durch sein gestyltes Haar zu fahren.
    »Lester, mach die Mühle klar, okay?«, fauchte er. Anscheinend war
dies nicht sein Morgen.
    Der Pilot zog den Kopf ein und rannte zu seinem Hubschrauber. Als
ihn die anderen beiden erreichten, war er zum Start bereit. »Hier drinnen ist
genug Platz für drei, solange alle Freunde
sind«, versicherte er Chey. Er hielt die Plexiglastür in der Seite der
Kanzel auf und räumte einen Teils des Gepäcks
um, um für sie Platz zu schaffen. Sie stieg hinter die beiden Sitze und
saß mit ans Kinn gezogenen Knien da. Den Pulloversaum musste sie festhalten, um
den beiden Männern keinen Einblick zu gewähren.
    Dann stiegen Bobby und Lester ein und zogen die Türen zu. Die Luft
im Cockpit veränderte sich auf fast unmerkliche Weise, und Chey entdeckte, dass
sich ihr Atem ein wenig beschleunigt hatte. Sie wusste nicht, was sie davon
halten sollte. Sobald Lester vom Boden abgehoben hatte und sie den blauen
Himmel und die Bäume in der Tiefe betrachten konnte, kam sie zu dem Schluss,
dass es ihr eigentlich ganz gut ging.
    Lester und Bobby trugen Kopfhörer, damit sie sich trotz des Motorenlärms unterhalten konnten. Chey musste
sich die Ohren zuhalten, um nicht taub zu werden. Aber als sie die Richtung
erkannte, in die sie flogen, versuchte sie den Lärm zu überbrüllen und die
beiden Männer zu warnen.
    Ohne auf ihre Bitten einzugehen, senkte sich Lester auf die Lichtung
vor Powells Hütte. Der Rotorwind wirbelte Tonnen von Kiefernnadeln und
zusammengerollte braune Blätter empor, während sie

Weitere Kostenlose Bücher