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Frostblüte (German Edition)

Frostblüte (German Edition)

Titel: Frostblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Marriott
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seltsam, einige interessant. Livia ist sehr nett.«
    Luca öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, räusperte sich jemand geräuschvoll. Als wir aufblickten, nahmen wir einen Kreis interessierter Gesichter wahr. Arian saß mir genau gegenüber, seine Arme waren über der Brust verschränkt, so dass sich seine Armmuskeln bedrohlich hervorwölbten. Sein Gesicht war hart und ausdruckslos, sein Blick auf mein Knie gerichtet, auf dem meine Hand in Lucas lag.
    Es herrschte betretenes Schweigen. Die anderen sahen zu Arian, dann zu mir und wandten den Blick ab. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte, konnte es aber nicht benennen. Ich versuchte meine Hand aus Lucas zu ziehen, doch sein Griff wurde fester, als er zu mir herunterblickte. »Hier in Ruan glauben wir, dass die Urmutter unsere Stimmen hören kann, wenn wir uns so um das Feuer versammeln«, sagte er ernst. »Durch unsere Musik senden wir Ihr unseren Dank, unsere Wünsche und Gebete, unsere dunklen Gedanken und unsere leuchtenden Hoffnungen. Sie nimmt alles auf, vergibt uns und heilt uns in unseren Herzen. Es gilt als eine Ehre, das Lied anzustimmen. Ich finde, heute Abend gebührt sie dir. Du kannst alles singen, was du willst – was zählt, ist das Gefühl, nicht die Worte. Wenn du aber nicht möchtest, brauchst du es natürlich nicht zu tun. Ich kann niemanden zwingen, etwas gegen seinen Willen zu tun.«
    Die letzte Bemerkung schien nicht an mich gerichtet, sondern über das Feuer hinweg an Arian.
    Ich zögerte. Das hungrige Knurren des Feuers schien mir sehr laut, das wartende Schweigen allerdings noch viel lauter. Ich war an diesem Tag zwei Mal auf die Probe gestellt worden und beide Male hatte ich versagt. Nun warteten alle darauf, wie ich mit dieser Herausforderung umgehen würde.
    Hier gibt es einen Platz für dich, hatte Livia gesagt.
    Du musst mir glauben, hatte Luca gesagt.
    Ich holte tief Luft. »Kennt ihr das ›Klagelied des Fuchses‹?«
    Ein paar der Umsitzenden nickten.
    »Ich glaube, ich habe davon gehört«, sagte Luca aufmunternd. »Du fängst an und wir stimmen ein.«
    Ich holte noch ein paarmal tief Luft. Die Bergwächter warteten geduldig – außer Arian, der mit dem Finger auf seinen Arm trommelte. Nun mach schon!
    Ich fing zu singen an. Meine Stimme ertönte in der Stille der Nacht, leise und ein wenig rau vor Nervosität.
    »Ihr Liebster sprach, dein Haar, es gleicht
    des Rotfuchses Fell, Geliebte,
    rot wie die Leidenschaft, rot wie Blut.
    Ihr Liebster sprach, dein Haar, es gleicht
    herabfallenden Blättern, Geliebte,
    hell wie ein Lächeln, schimmernd wie Tränen …«
    Einige Augenblicke später holte jemand eine Holzflöte heraus und stimmte mit ein, und langsam begannen die anderen ebenfalls zu singen. Luca summte vor sich hin.
    Das weiß glühende Herz des Feuers flackerte, der blaue Schein wurde intensiver, breitete sich aus. Fast bildete ich mir ein, Dinge darin erkennen zu können … lebende Dinge, die sich im Feuer bewegten. Schatten fast wie Gesichter. Schatten fast wie Hände. Lange Finger, die sich ausstreckten und in einem langsamen, hypnotischen Takt Zeichen gaben.
    Meine Augen wollten sich nicht von dem Licht lösen, ich wollte mich nicht von dem Licht lösen.
    Das Feuer prasselte und knisterte und flüsterte. Ich stellte mir vor, näher heranzurücken, kopfüber in das tanzende Blau zu fallen, die Umarmung der Wärme zu spüren … Irgendwo in der Nacht heulte ein Wolf. Wie ein schmelzender Eiswürfel rann ein eisiger Schauder über meinen Rücken.
    Ich löste widerwillig den Blick vom Feuer, meine Stimme vertrocknete zu einem Krächzen. Niemand schien es zu bemerken. Ich sah auf meine Hände. Die linke, die Luca umfasst hielt, war nach wie vor warm. Ich konnte noch immer die Farben des Feuers sehen. Ich versuchte meinen stoßweisen Atem zu beruhigen. Es ist gut. Es ist gut.
    Der letzte Ton der Flöte hallte noch in der Dunkelheit nach, da flackerte plötzlich die Mitte des Feuers auf. Die Gesichter ringsum verwandelten sich in dem leuchtenden Blau und Türkis und Grün – Farben, die ich noch nie zuvor in einem Feuer gesehen hatte. Ein blauer und purpurfarbener Funkenschwarm stob aus der Feuerstelle. Es war schön, aber ich betrachtete es mit Nervosität, Angst trübte meine Verzauberung. Trugen diese Funken tatsächlich die Gebete der Bergwächter mit sich fort, wie Luca gesagt hatte? Was, wenn sich das Feuer woanders hinwandte – an andere Mächte der Nacht?
    Das blaue Feuer verebbte und erlosch

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