Frostblüte (German Edition)
ruhig rum«, brummte ich, als ich unter dem Vorsprung hervor zum Ufer krabbelte.
»Sagt die Frau, die mich letzte Nacht nicht hat aufstehen lassen«, rief Arian mir hinterher.
Die Sonne ging in einem langen dünnen Band diesiger Wolken auf und ich war dankbar für ihre Wärme auf meiner wund gescheuerten Haut. Bald wären meine steifen, klammen Kniehosen und Stiefel richtig trocken. Ich schnürte mein Hemd zu und rollte die Ärmel auf, dann kniete ich mich ans Ufer, um zu trinken. Als Arian sich hinter mir aus der Höhle schleppte, waren Schlurfgeräusche und einige Flüche zu hören, dann Platschen, als er meinem Beispiel folgte und trank. Schließlich spritzte er sich ein paar Handvoll des eisigen Wassers ins Gesicht.
»Wie geht es deinem Kopf?«, erkundigte er sich. »Ich habe mir das immer noch nicht angeschaut.«
»Ein bisschen wund«, räumte ich ein.
»Deine Haare sind voller Blut. Du solltest versuchen sie auszuwaschen. Sonst werden sie Insekten anlocken.«
» Igitt.« Mit einem Mal schien es mir keine überflüssige Anstrengung mehr, meine feuchten, verfilzten Haare zu entwirren.
Nach ein paar Minuten energischem und schmerzhaftem Rubbeln wrang ich den dicken Haarstrang aus und beugte den Kopf nach vorn, damit Arian meine Kopfhaut untersuchen konnte. Seine kräftigen Finger tasteten sie vorsichtig ab. Die Erinnerung, wie Luca meine Haare gebürstet hatte, ging mir kurz durch den Kopf und erfüllte mich mit so widersprüchlichen Gefühlen, dass ich Wohlempfinden kaum von Sorge und Verlegenheit trennen konnte.
Es ist alles in Ordnung mit dir, oder, Luca? Vater, bitte lass alles gut sein mit ihm …
»Da sind ein paar gemein tiefe Schrammen«, sagte Arian und unterbrach meine Gedanken. »Die müssen so bald wie möglich gesäubert werden. Livia wird ein oder zwei vielleicht nähen wollen. Kannst du deine Haare auf dem Kopf wieder zusammenflechten? Dann kommen die Fliegen nicht an die Wunden.«
Mir lief es kalt über den Rücken. »Klar. Das kann ich auf jeden Fall machen.«
Nachdem ich einen Zopf geflochten hatte, der meine nassen Haare über die schlimmsten Schrammen zog, nahm ich meine Axt und rieb die Klingen, die der Fluss vom Blut sauber gewaschen hatte, schnell mit dem Hemdzipfel ab. Anschließend streifte ich mein immer noch klammes Wams über und die Axthülle, die sich nur leicht verzogen hatte. Das Gewicht der Waffe verursachte mir Rückenschmerzen, doch um nichts in der Welt hätte ich sie zurückgelassen. Zuletzt schnallte ich meine Armschienen um und zog die Handschuhe an, die trotz Feuchtigkeit tragbar waren. Mein Lederhalsschutz war zwar fast trocken, doch er war geschrumpft und brüchig und die Nieten fielen heraus. Widerwillig warf ich ihn weg. In der Zwischenzeit schnürte Arian sein Hemd und zog vorsichtig den Brustpanzer über. Ich widerstand dem Drang, ihm zu helfen. Es wäre ihm unangenehm gewesen.
Ich ging auf die halbkreisförmige Uferböschung der kleinen Bucht zu und zog mich mit beiden Händen an der dichten, struppigen Pflanze hoch, die über den Rand wucherte, während ich gleichzeitig die Spitze meines Stiefels in die Erde bohrte. Nachdem ich oben ein paarmal aufgestampft hatte, um die Festigkeit des Untergrunds zu prüfen, beugte ich mich nach unten und streckte Arian die Hände entgegen.
Er trat in meine Fußstapfen und packte meine Hände, um sich über den Rand zu ziehen. Als er sich aufrichtete, atmete er schwer und machte eine Bewegung, als wolle er seinen Kopf berühren, unterließ es jedoch. Wieder unterdrückte ich den Drang, ihn zu schelten. Es half ja sowieso nichts. Stattdessen wandte ich mich um und ließ den Blick über die Landschaft gleiten, die sich vor uns erstreckte. Der Abhang stieg ungefähr hundert Meter an, bevor er im Wald verschwand, dahinter konnte ich die Umrisse der Berge erkennen. Sie schienen nicht so weit entfernt, wie ich erwartet hatte.
»Hast du irgendeine Vorstellung, wo wir sein könnten?«, fragte ich.
»Wir hatten Glück. Das ist ziemlich sicher noch der Mesgao. Ich erkenne diesen Bergrücken wieder und ich wage zu behaupten, dass wir nur einen guten Tagesmarsch vom alten Lagerplatz entfernt sind. Vielleicht treffen wir die anderen sogar unterwegs.«
»Dann machen wir uns jetzt wohl am besten auf den Weg«, sagte ich.
Ich entschied mich dafür, links hinter Arian zu gehen; ich achtete unentwegt darauf, wie er sich bewegte, damit ich, falls er strauchelte oder stürzte, wenigstens versuchen konnte ihn aufzufangen. Im Vergleich
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