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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Wesen starrten immer noch auf ihre Füße und weigerten sich, mich anzusehen. Doch sie hatten ihre Gesichter in Falten gelegt, und ich spürte dasselbe Gefühl von Anspannung und skeptischer Wachsamkeit, das ich schon von den Greifen empfangen hatte. Sie wussten, dass etwas im Busch war, genauso wie ich. Ich konnte nur hoffen, dass ich rechtzeitig dahinterkam, was vorging, um die Pläne der Schnitter – und Vivian – aufzuhalten.
    »Komm schon, Gwen!«, rief Morgan. »Das war deine tolle Idee, also lass uns fahren!«
    Ich schob mich durch das Gitter, lief über die Straße und setzte mich auf den Beifahrersitz. Alexei war bereits hinten eingestiegen. Sobald ich die Tür schloss, trat Morgan aufs Gaspedal und löste sich viel schneller vom Randstein, als die Sicherheit gebot. Ich wurde in meinen Sitz gedrückt.
    »Das ist dein Auto?«, fragte ich.
    »Was?«, fragte sie leicht bissig. »Dürfen Mädchen keine hochmotorisierten Sportwagen besitzen?«
    »Natürlich dürfen Mädchen hochmotorisierte Sportwagen besitzen«, meinte ich. »Ich hätte es nur bei dir nicht vermutet.«
    »Was für ein Auto hast du mir denn angedichtet?«
    »Ich weiß nicht«, murmelte ich, schnallte mich an und klammerte mich am Türgriff fest. »Irgendwas … Langsameres.«
    Morgan lachte nur.
    Trotz Morgans Faible für schnelles Fahren erreichten wir das Kreios-Kolosseum in einem Stück. Während Morgan parkte, gingen Alexei und ich schon rein.
    Der Eingangsbereich des Kolosseums war ein riesiger, runder Raum, von dem verschiedene Ausstellungsräume und Flure abgingen. Hohe Säulen aus Marmor verliehen dem Museum seine prächtige, antike Ausstrahlung, während an den Wänden und der Decke Gold, Silber und Bronze glänzten. Im Ausstellungsbereich gab es ähnliche Vitrinen wie in der Bibliothek der Altertümer, die mit Schmuck, Keramik, Kleidung, Waffen und Rüstungsstücken gefüllt waren. Besucher schlenderten durch das Kolosseum, betrachteten die Artefakte und bestaunten die teuren Nachbildungen, die man im Souvenirshop kaufen konnte. Währenddessen halfen die in lange, weiße Togen gekleideten Museumsangestellten den Besuchern, falls sie Fragen hatten.
    Alles wirkte vollkommen normal, doch je länger ich mich umsah, desto mehr veränderte sich das Kolosseum und alles darin. Die Schatten verdunkelten sich, bis sie dünnen, knochigen Fingern glichen, die über Boden und Wände krochen. Schreie hallten in meinem Kopf wider, und ich würgte, weil mir der Kupfergeruch von Blut in die Nase stieg. Plötzlich stürmten Schnitter durch den Raum, und ihre Schwerter blitzten bedrohlich silbern auf, als sie sie hoben und dann in die Rücken von panischen Schülern rammten, die versuchten, vor ihnen zu fliehen …
    »Gwen? Stimmt etwas nicht?«, fragte Alexei.
    Ich schüttelte den Kopf, und sofort zogen sich die Bilder, Geräusche und Gerüche in den hintersten Winkel meines Geistes zurück, wo auch alle anderen schrecklichen Erinnerungen lebten, die ich lieber vergessen hätte. »Ich habe nur an das letzte Mal gedacht, als ich hier war.«
    »Während des Schnitterangriffs?«
    Ich nickte.
    Alexei sagte nichts mehr, aber er schenkte mir einen mitfühlenden Blick. Er wusste genauso gut wie ich, was hier Furchtbares geschehen war – und er wusste auch, was meine Freunde und ich hatten tun müssen, nur um diesen Tag zu überleben.
    »Komm«, sagte ich mit rauer Stimme. »Wir müssen dieses Buch finden.«
    Große Transformationen war in keiner der Ausstellungsbroschüren verzeichnet, also fragten wir einen der Angestellten. Er riet uns, in der Bibliothek ganz hinten im Kolosseum zu suchen. Morgan stieß wieder zu Alexei und mir, und zusammen machten wir uns auf den Weg. Das Kolosseum war ziemlich voll, da Samstag war. Überall wanderten Leute von Raum zu Raum und von Vitrine zu Vitrine, um sich die Kostbarkeiten der mythologischen Welt anzusehen.
    Alle schienen vollkommen auf die Ausstellung konzentriert, trotzdem lief mir ein kalter Schauder den Rücken hinunter. Ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass ich nur den Kopf schnell genug drehen musste, um die Leute dabei zu überraschen, wie sie mich anstarrten. Langsam schob ich die Hand in meine Umhängetasche und schloss die Finger um Vics Heft. Das Gefühl des glatten Metalls an meiner Handfläche sorgte nur dafür, dass ich mich noch mehr anspannte. Ich fühlte mich, als müsste ich jede Sekunde das Schwert ziehen und mich in den Kampf stürzen.
    »Was ist los?«, fragte Morgan, als sie

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