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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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werfen, aber Jason gelang es, seine Waffe zu befreien. Sofort erstarrte ich. Er grinste, weil er bemerkte, dass ich kein Schwert hatte, und schlich sich näher an mich heran.
    »Und was tust du jetzt, Gypsy?«, höhnte er.
    Jason hob seine Klinge zu einem weiteren Schlag, ich warf mich zur Seite …
    Ein Bleistift schoss durch die Luft und vergrub sich in Jasons Schulter, sodass er vor Schmerzen schreiend nach hinten stolperte. In schneller Abfolge folgten zwei weitere Stifte, ein Klebeband und ein schwerer Metall-Tacker, der den Schnitter mit einem lauten, befriedigenden Plock am Kopf traf.
    Ich schaute an meinem Gegner vorbei. Oliver stand mit zusammengekniffenen Augen hinter dem Ausleihtresen und griff bereits nach einer der Tastaturen. Spartaner hatten die unheimliche Fähigkeit, jede Waffe – oder jeden Gegenstand – hochzuheben und sofort zu wissen, wie man jemanden damit umbringen konnte. In Olivers Händen war die Tastatur so tödlich wie eine Streitaxt.
    Doch der Spartaner war nicht der Einzige, der an meiner Seite kämpfen wollte.
    Meine Auseinandersetzung mit Jason hatte die anderen Schüler für einen Moment erstarren lassen, aber inzwischen war ihre Überraschung abgeklungen. Stühle kratzten über den Boden, Schreie erklangen, und die anderen Jugendlichen griffen in ihre Taschen, um Schwerter, Kampfstäbe und Speere herauszuziehen – je nachdem, womit sie am liebsten kämpften. Oliver riss die Tastatur vom Tresen und bewegte sich auf den Schnitter zu. Jasons Blick huschte von einem Schüler zum nächsten, während er begriff, dass er bald gegen eine wahre Übermacht kämpfen musste.
    »Wir sind noch nicht fertig, Gypsy!«, zischte Jason.
    Dann drehte er sich um und rannte in den hinteren Teil der Bibliothek.
    Für einen Moment blieb ich bewegungslos stehen, weil es mich so überraschte, dass sich der bösartige Wikinger dem Kampf nicht stellte. Doch dann stürzte ich vorwärts und folgte ihm. Jason rannte nach rechts, weg von Oliver, der von links auf ihn zustürmte, die Tastatur immer noch in den Händen.
    »Ich habe ihn!«, schrie ich. »Schneid ihm den Weg ab! Wir müssen ihn erwischen, bevor er eine der Seitentüren erreicht und verschwindet!«
    Oliver nickte, drehte sich um und raste davon.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Nickamedes, der hinter dem Ausleihtresen stand und seine Wasserflasche in der Hand hielt – das Wasser, das zusammen mit meinem vergiftet worden war. Sofort drehte ich ab.
    »Stopp!«, schrie ich. »Nicht trinken!«
    »Gwendolyn?« Nickamedes starrte mit gerunzelter Stirn auf das Chaos in der Nähe der Studiertische. »Was ist los? Was tust du? Wieso ziehen alle Schüler ihre Waffen, statt zu lernen?«
    Ich schlug dem Bibliothekar die Wasserflasche aus der Hand. »Nicht trinken!«
    Nickamedes sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren, doch ich lief bereits an ihm vorbei, schnappte mir Vic und zog die Klinge aus ihrer Scheide. Das Schwert riss sein Auge auf und richtete seinen purpurnen Blick auf mich.
    »Schnitter?«, fragte es hoffnungsvoll.
    »Allerdings.«
    Ich konnte an meiner Handfläche spüren, wie sich der Mund des Schwertes zu einem Lächeln verzog.
    »Fellknäuel!«, blaffte Vic. »Bereit zum Kampf!«
    Nyx sprang aus ihrem Korb und gab ein tiefes Knurren von sich wie ein Soldat, der den Befehlen seines Generals folgt.
    »Gwendolyn?«, fragte Nickamedes wieder, während der Blick seiner blauen Augen zwischen uns dreien hin und her huschte.
    »Schnitter! Gift! Verfolgen!« Mehr brachte ich nicht heraus, bevor ich auch schon um die Ecke zum hinteren Teil der Bibliothek bog und wieder losrannte.
    Der Ausflug zum Ausleihtresen hatte mich Zeit gekostet. Ich konnte Oliver und Jason nirgendwo entdecken, als ich durch den hinteren Teil des Gebäudes rannte. Dieser Bereich der Bibliothek war nur spärlich erleuchtet, sodass die Schatten noch dunkler und viel unheimlicher wirkten als sonst. Doch statt blind durch die Regalreihen zu rennen, wurde ich langsamer, schob mich vorsichtig an ein Regal heran und spähte um die Ecke.
    Nichts – ich sah und hörte gar nichts.
    Vor mir erstreckten sich Bücher, so weit ich sehen konnte, bis die Regalreihen in den Schatten verschwanden. Hier und dort standen ein paar gläserne Artefakt-Vitrinen. Die Edelsteine und das Metall darin glänzten wie stumpfe Sterne. Ich atmete mehrmals tief durch, um meinen Herzschlag zu beruhigen, dann lauschte ich angestrengt auf Schritte, das Rascheln von Kleidung oder irgendwelche anderen

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