Frostnacht
machst uns alle nervös.«
Ich sah meine Freunde an. Daphne in ihrer knisternden Wolke aus rosafarbenen Funken. Alexei mit seiner unbeweglichen Miene. Carson und die Sorge, die in seinen dunklen Augen stand. Oliver und die Anspannung in seinem Körper.
Ich atmete einmal tief durch, um meine Wut zu kontrollieren. »Ihr habt recht. Ich war leichtsinnig. Es tut mir leid, dass ich euch Angst eingejagt habe, aber sonst ist mir nichts eingefallen, um herauszufinden, welche Art von Gift der Schnitter eingesetzt hat.«
»Und, hast du es rausgefunden?« Carson blinzelte mich durch die geschmolzenen Schneeflocken an, die auf seiner Brille klebten.
»Noch nicht«, antwortete ich. »Aber gleich. Und jetzt kommt. Wir haben etwas zu erledigen.«
Meine Freunde und ich gingen zurück in den Hauptteil der Bibliothek. Inzwischen hatten die Protektoratswachen Nickamedes hinter dem Tresen herausgeholt und auf einen der Studiertische gelegt. Die Augen des Bibliothekars waren immer noch geschlossen, und sein Gesicht wirkte friedlich, als mache er nur ein Nickerchen – aber ich wusste es besser. Metis stand an seiner Seite und hielt seine Hand. Wieder einmal waren sie beide vom goldenen Glühen ihrer Heilmagie umhüllt. Ich beobachtete sie noch einen Augenblick, dann ging ich weiter.
Ich wanderte wieder um den Ausleihtresen, ließ mich in einen Stuhl fallen und loggte mich ins Computersystem der Bibliothek ein. Vic lehnte immer noch an Nyx’ Körbchen. Das Schwert öffnete sein purpurnes Auge und betrachtete mich mit ernstem Blick, sagte aber nichts. Nyx hatte sich wieder in ihrem Korb zusammengerollt, aber jetzt hob sie den Kopf und gab ein besorgtes Knurren von sich. Sie bemerkte die angespannte Stimmung im Raum.
»Gwen?«, fragte Alexei. Sein russischer Akzent war ein wenig deutlicher zu hören als sonst, und er richtete den Blick seiner haselnussbraunen Augen auf mein Gesicht. »Willst du uns vielleicht erzählen, was du jetzt machst?«
»Was Nickamedes mir beigebracht hat«, murmelte ich und wandte mich von Alexei ab, um auf den Computerbildschirm zu starren.
»Und was wäre das genau?«
»Der Schnitter hat heute Abend in einem Buch gelesen«, sagte ich. »Bevor er die Wasserflaschen vergiftet hat. Ich werde dieses Buch finden und feststellen, was er damit wollte.«
»Wie können wir helfen?«, fragte Carson.
Die sanfte Stimme des Musikfreaks durchdrang den Schleier aus Wut, Angst und Sorge. Ich sah auf und stellte fest, dass alle meine Freunde vor dem Tresen aufgereiht standen. Daphne. Carson. Oliver. Alexei. Sie würden alles tun, worum ich sie bat. Und ich verstand, dass sie sich genauso Sorgen um Nickamedes machten wie ich – und dass ich nicht alles allein machen musste.
Ich schnappte mir einen Stift und ein Stück Papier, kritzelte meinen Benutzernamen und das Passwort darauf und drückte den Zettel Daphne in die Hand. »Hier. Fang an, den Bibliothekskatalog zu durchforsten. Such nach allen Büchern, die die Wörter Pflanzen und Gift im Titel tragen. Das hat der Schnitter sich angesehen, und ich würde wetten, dass die Idee für das Gift, das er eingesetzt hat, aus diesem Buch stammt.«
Daphne nahm mir den Zettel ab. »Verstanden. Sollte nicht allzu schwer sein, ein Suchprogramm zu programmieren, das alles etwas schneller macht.«
»Du bist schließlich unser ansässiges Computergenie«, meinte Carson.
Daphne grinste. »Allerdings, Baby.«
Sie lehnte sich vor und drückte ihm einen schmatzenden Kuss auf die Wange, dann trat sie um den Tresen, zog einen Stuhl an den nächsten freien Computer und setzte sich. Eine Minute später fing sie an zu tippen, und bei jedem Tastenschlag explodierten helle Funken aus ihren Fingerspitzen.
»Und wir?«, fragte Carson. »Was sollen wir drei tun?«
»Sobald Daphne die Liste zusammengestellt hat, können wir uns aufteilen und die Bücher aus den Regalen holen«, erklärte ich. »Wir bringen sie hierher, schauen sie uns an und kontrollieren, ob eines davon dem ähnelt, das ich in der Erinnerung des Schnitters gesehen habe. Wenn wir Glück haben, finden wir in dem Moment, in dem wir das Buch finden, auch das Gift, das er benutzt hat – und damit das Gegengift.«
Während wir arbeiteten, wurde es ruhig in der Bibliothek. Trainer Ajax und die Protektoratswachen umringten immer noch Metis und Nickamedes, und niemand beachtete uns. Sie dachten wahrscheinlich, dass wir unsere Zeit verschwendeten. Vielleicht taten wir das auch, aber eine andere Möglichkeit, dem Bibliothekar zu
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