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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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sodass der Vogel einen halben Meter vor mir anhielt. Doch der Junge war noch nicht fertig. Wieder bewegte er sich und warf die Zügel so über den Rücken des Rocks, dass die Flügel des Vogels nach unten gedrückt wurden. Der Rock prallte mit einem hörbaren Plock auf den Boden, während er wie wild krächzte und versuchte mit dem Schnabel die verknoteten Lederbänder zu lösen.
    Dann drehte sich der Junge zu mir um, und mein Atem stockte.
    Tiefschwarzes Haar, leuchtend eisblaue Augen und ein schiefes Lächeln, das dafür sorgte, dass ein kribbelndes Gefühl in meinem Herzen explodierte.
    »Logan?«, flüsterte ich.
    Sein Lächeln wurde breiter. »Hey, Gypsymädchen.«

Unsere Blicke trafen sich. Egal wie glücklich ich war, Logan zu sehen, ich konnte nicht anders, als an meine Albträume zu denken und daran, wie er mich darin wieder und wieder verletzt hatte.
    Doch seine Augen leuchteten im Moment nicht schnitterrot. Logans Blick war klar und scharf und so blau, wie er nur sein konnte – das schönste Blau, das ich je gesehen hatte.
    »Gypsymädchen?«, fragte er. »Geht es dir gut?«
    »Aber wie … wann … warum …«, stammelte ich wie Vic vor ein paar Minuten bei Lucretias Beleidigungen.
    Logan schenkte mir ein weiteres Lächeln, dann half er mir auf die Beine. »Wir reden später. Jetzt wird gekämpft. Okay?«
    Ich war so erstaunt, dass ich einfach nur dastehen konnte. Der Rock befreite sich und warf sich auf Logan. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Vivian sich in Logans totem Winkel heranschlich. Ich stellte mich zwischen sie und den Spartaner.
    »Deckst du deinem Freund den Rücken? Ooooh, wie süß«, spottete Vivian. »Doch das wird keinem von euch helfen.«
    Sie hob ihr Schwert und stürzte sich auf mich. Ich packte Vics Heft fester und trat vor, um mich ihr zu stellen. Vivian griff mich wieder und wieder an, in dem Versuch, meine Abwehr mit ihrer Walkürenstärke zu durchbrechen. Rote und purpurne Funken wirbelten jedes Mal durch die Luft, wenn unsere Klingen sich trafen. Zu meiner Linken kämpfte Logan weiter gegen den Rock, wobei er vor und zurück sprang, um dem scharfen, schnappenden Schnabel der Kreatur auszuweichen.
    Plötzlich schoss der Kopf des Rocks nach rechts statt nach links und überraschte Logan damit. Er geriet aus dem Gleichgewicht, und der Rock sprang wieder in die Luft.
    »Logan!«, schrie ich, weil ich genau wusste, dass er nicht ausweichen konnte, bevor die Kreatur auf ihn herabstieß und ihn mit ihren Klauen zerriss …
    Ein goldener Pfeil sauste durch die Luft und grub sich in die Seite des Vogels. Die riesige Kreatur stürzte ab und verfehlte Logan dabei nur knapp. Der Spartaner rollte sich zur Seite und schüttelte den Kopf, um sich vom Schock des Aufpralls zu erholen.
    »Gern geschehen!«, schrie Daphne über den Hof.
    Ich winkte ihr kurz zu, ohne den Blick von Vivian abzuwenden. Dann warf ich mich auf das andere Mädchen.
    Ich attackierte Vivian mit all meiner Stärke, all meinem Können und all meiner Wut. Die Kraft meiner Angriffe schien sie zu überraschen. Es war, als hätte sie geglaubt, von uns beiden könne nur sie wild und gemein sein. Ich hatte Daphne gesagt, dass die Schnitter mich bis jetzt noch nicht richtig wütend gesehen hatten – doch diese Seite von mir zeigte ich jetzt Vivian.
    Ich warf mein gesamtes Selbst in den Angriff.
    All das Können, das Logan mir vermittelt hatte. All die fiesen kleinen Finten, die Oliver und Kenzie mir beigebracht hatten. All die Paraden, die Ajax uns im Sportunterricht eingebläut hatte. All die Leidenschaft und intensive Konzentration, mit der Daphne an das Leben heranging. All die geschmeidige Grazie von Alexeis Bewegungen. All die stille Hingabe, die Carson seinen Freunden entgegenbrachte. All den Schmerz, die Wut und die Frustration, die Rory und Rachel in den letzten Monaten durchlitten hatten. All die Liebe, die Grandma Frost, Nyx und Professor Metis mir geschenkt hatten. All die schlecht gelaunte Sorge, die Nickamedes und Vic mir gegenüber zeigten.
    Mit all dem und mehr hackte und schlug ich auf Vivian ein. Und zum ersten Mal schien es tatsächlich genug zu sein. Ich konnte sie nicht verletzen – zumindest nicht ernsthaft –, aber sie schaffte es auch nicht, meine Deckung zu durchbrechen.
    Je länger wir kämpften, desto frustrierter wurde Vivian, bis die Augen in ihrem Gesicht leuchteten wie zwei Teiche voller glühender Lava.
    »Warum stirbst du nicht einfach?!«, zischte sie.
    »Du wirst wieder mal versagen,

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