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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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Hand herum. Sie scheint einen inneren Kampf auszutragen, schließlich überwindet sie sich.
    »Erinnerst du dich?«, fragt sie mich und ihre weit aufgerissenen Augen wirken riesig unter dem kahlen Schädel.
    Ich schüttele nur den Kopf und verschränke ablehnend die Arme vor der Brust. Wieder spüre ich meine vage, unerklärbare Abneigung gegen dieses fremde Mädchen. Aber ich bin auch neugierig geworden.
    »Ich erinnere mich«, flüstert sie. »An alles.«
    »Das ist   … « ‒ großartig, will ich sagen, doch Rose unterbricht mich.
    »Es ist nicht wahr.« Ihre Stimme wird lauter. »Nichts davon ist wahr! Sie haben uns die ganze Zeit belogen.«
    Wieder greift sie nach meinem Arm, schüttelt mich, als wollte sie mich aufwecken, dabei fühle ich mich hellwach. Ich starre Rose an und kann nicht begreifen, was sie sagt.
    »Ich habe es Mitra gesagt, als meine ersten Erinnerungen zurückkamen. Das war so naiv von mir. Aber da wusste ich noch nicht alles. Und jetzt wollen sie einen Hirnscan bei mir machen. Heute noch. Dann werden sie sehen, dass ich alles wieder weiß. Und dann, oh, ich will mir gar nicht vorstellen, was sie dann mit mir tun werden!« Roses Stimme überschlägt sich. Ich will etwas Beruhigendes sagen, damit sie sich nicht so aufregt, doch sie lässt mich nicht zu Wort kommen. »Du hattest recht, Tessa, es konnte nicht funktionieren. Ich habe länger gebraucht, um es zu kapieren, dann habe ich versucht, es zu stoppen. Es konnte nicht funktionieren, das ist mir jetzt auch klar. Aber irgendwie hat es doch funktioniert. Und jetzt sind wir hier. Tessa, erinnerst du dich denn nicht?«
    Ich schüttele nur stumm den Kopf. Auf meinen Armen hat sich eine feine Gänsehaut gebildet. Ich denke an das blitzartige Erkennen, als ich Roses Augen zum ersten Mal gesehen habe, und an meine spontane Antipathie. Ist es tatsächlich möglich, dass wir uns schon einmal begegnet sind?
    »Rose, kennen wir uns?«, frage ich ungläubig, aber Rose schweigt plötzlich und lauscht. In die Stille hinein hören wir eine Stimme auf dem Gang, Schritte, die näher kommen, innehalten, sich wieder entfernen.
    »Verschwinde!« Rose flüstert wieder. »Sie dürfen uns nicht zusammen sehen. Aber versprich mir, dass du klüger sein wirst als ich. Wenn du dich erinnerst, erzähl es niemandem!«
    Als ich nicht sofort reagiere, schüttelt sie mich erneut am Arm. »
    Versprich es mir.«
    Ich nicke.
    Sie lässt mich los, schließt mich aber im nächsten Moment in beide Arme. Ich weiche instinktiv vor der Berührung zurück.
    »Ich gehe jetzt besser«, stoße ich hervor und taumele beinahe aus der Tür. Auf dem Gang muss ich mich mit einer Hand an der Wand abstützen, um nicht zu fallen, so schwach fühle ich mich plötzlich. Roses Worte schwirren durch meinen Kopf.
    Du hattest recht. Es konnte nicht funktionieren.
    Was hat sie bloß damit gemeint?
    Nichts davon ist wahr! Sie haben uns die ganze Zeit belogen.
    Ich kann mir einfach keinen Reim auf ihre unzusammenhängenden Erklärungen machen. Aber Roses Warnung hallt mir noch in den Ohren, lässt mich erneut schaudern.
    Erzähl es niemandem!

KAPITEL 4
    Rose fehlt. Als wir uns am nächsten Morgen im Gruppenraum zu unserem täglichen Meeting versammeln, sind wir nur zu acht: vier Patienten und ihre Memo-Trainer. Sofort verstärkt sich das ungute Gefühl, das mich seit dem verwirrenden Treffen mit Rose nicht mehr losgelassen hat.
    Ich will mich erkundigen, was mit ihr passiert ist, doch bevor ich dazu komme, beginnt Milo unsere Runde mit der Frage: »Wie geht es euch heute?«
    »Uns geht es gut«, antworten wir im Chor, aber aus meinem Mund ist es eine Lüge. Mir geht es nicht gut und ich fühle mich schlecht deswegen, aber ich kann es vor mir selbst nicht leugnen. Nach dem Gespräch mit Rose habe ich miserabel geschlafen, eigentlich gar nicht. Ich habe versucht, so ruhig wie möglich in meinem Bett zu liegen, damit sie es nicht merken, aber ich bin mir sicher, dass sie trotzdem genau wissen, dass ich keinen Schlaf gefunden habe.
    Erzähl es niemandem!
    Während die anderen meditieren, rasen meine Gedanken.Roses Worte gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Was hat sie bloß damit gemeint? Geht es um unsere Krankheit? Um die verschütteten Erinnerungen? Oder ist das, was Rose gesagt hat, eine Lüge? Ist sie schlicht durchgedreht, weil sie sich an nichts erinnern kann oder weil sie ihre eigenen Erinnerungen nicht begreifen kann, so wie ich?
    Ich finde keine logischen Antworten auf meine vielen

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