Frozen Time (German Edition)
geben können, wohin ich mich wenden kann. Nun habe ich nichts mehr. War es wirklich so eine gute Idee, Robin das Insignal zu geben, frage ich mich und meine Zweifel werden immer größer. Was wird er damit tun? Und was wird aus mir, ohne dieses Band? Aber im Grunde, versuche ich mich zu beruhigen, ist es egal, denn ob mit oder ohne Insignal habe ich kaum die Chance, in mein ganz normales Leben zurückzukehren, denn ich weiß ja noch nicht einmal, was für ein Leben das war!
Ich stoße mich von der Wand ab und laufe an der Seite des großen Gebäudes entlang bis zur nächsten Kreuzung. Ich will mich wenigstens orientieren und herausfinden, wo ich mich befinde,und vielleicht fällt mir dann ein, wie es jetzt weitergehen soll. Kaum habe ich die Straßenkreuzung erreicht, fällt mir der beleuchtete Schriftzug an der Front des großen Gebäudes auf: MediLernCenter C-V I-Alpha . Das habe ich schon mal gehört, überlege ich, und dann fällt es mir wieder ein.
Mein Appartement liegt direkt neben Center C-V I-Alpha .
Milo! Er muss hier ganz in der Nähe wohnen.
Aber wird Milo mir helfen? Ich bin mir absolut nicht sicher, ob ich ihm vertrauen kann. Hat er Mitra wirklich wissen lassen, dass ich mich an Finn erinnert habe? Oder war es bloß ein Zufall, dass Finns Bild im Hirnscanner auftauchte? Milo ist der Einzige, der mir diese Frage beantworten kann und vielleicht noch ein paar weitere. Immerhin hat er mir einen Fluchtweg aus dem MediCenter gezeigt, statt Alarm auszulösen. Ich klammere mich an die Hoffnung, dass Milo etwas weiß und dass er es mir auch verraten wird. Außerdem habe ich nicht gerade viele Alternativen zur Auswahl.
Bloß: Wo mag sich Milos Appartement befinden? Die Wohngebäude, die das MediLernCenter umgeben, sehen alle identisch aus. Eine glatte Betonfront reiht sich an die nächste, und ich weiß, dass ich auf den ScanPads an den Eingangstüren keinen Hinweis auf die Namen der Bewohner finden werde. Ich wünschte, ich hätte mein SmartSet noch, um Milo zu kontaktieren, so wie es üblich ist, wenn wir uns mit Freunden verabreden, doch das hat Mitra mir vor dem Hirnscan abgenommen, außerdem wäre es beim Sprung in den Kanal vermutlich ohnehin beschädigt worden.
Ein Nachtfalter flattert, angezogen von der LE D-Beleuchtung meiner Kapuze, vor meinem Gesicht umher. Nachlässig wedeleich mit der Hand, um das Insekt zu verscheuchen, und sehe mich suchend auf der noch immer leeren Straße um. Wohin, wohin, wohin? Ich mache ein paar Schritte in die eine Richtung, drehe aber direkt wieder um und laufe in die andere. Nein, so komme ich nicht weiter. Da bemerke ich, dass der Falter meinen Bewegungen gefolgt ist und nun unablässig etwa einen halben Meter über meiner linken Hand umherschwirrt. Ich schlage mit dem Handrücken nach ihm, geschickt weicht der Nachtfalter den Schlägen aus.
Oh nein! Schlagartig wird mir bewusst, dass dieser Nachtfalter kein gewöhnliches Insekt sein kann – es handelt sich sicherlich um eine Drohne. Angelockt vom Licht und meiner Körperwärme, versucht er nun, mein Insignal auszulesen, um herauszufinden, ob ich eine Berechtigung habe, mich um diese späte Uhrzeit noch auf offener Straße aufzuhalten.
Mein erster Impuls ist davonzulaufen, doch im selben Moment wird mir klar, dass ich keine Chance habe, dem Falter zu entkommen, außer ich möchte mich schon wieder in einen Kanal stürzen. Aber was soll ich tun? Wenn die Drohne kein Insignal findet, wird sie Verstärkung ordern, vermutlich zunächst eine Kameradrohne, die mein Gesicht aufzeichnen und die Daten an die Officer senden wird. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis hier jede Menge Officer auftauchen und mich zurück ins MediCenter bringen oder an einen anderen Ort, den ich mir lieber nicht ausmalen möchte.
Noch einmal schlage ich wütend nach dem Nachtfalter, und dann klatsche ich, ohne darüber nachzudenken, beide Hände über dem flatternden Insekt zusammen. Das Flattern hat aufgehört. Ganz langsam öffne ich die Hände wieder, und zu meinerÜberraschung segelt der Falter ohne jeden weiteren Widerstand langsam zu Boden. Ich seufze erleichtert. Doch dann landet er auf der Erde und fängt augenblicklich an, rot zu blinken. Vom Ende der Straße nähern sich zwei dunkle Gestalten auf Segways. Officer!
Wieder will ich losrennen, aber ich weiß bereits, dass es mir nichts nützen wird. In meiner Unentschlossenheit bleibe ich wie festgewachsen stehen. Die Officer kommen immer näher, schnell schalte ich die LE
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