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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Kirchturmuhr.Es war kurz nach sieben. Wie lange dauerte so eine Amtseinführung? Ein paar Stunden bestimmt.
    Also konnte es sehr gut sein, dass Alison allein in Upper Hall war.
     
    Sie fühlte sich vollkommen fehl am Platz. Overdressed und unterqualifiziert für das weiße Gewand, das Schultertuch der Kleriker und den Akademikerhut der theologischen Fakultät.
    Sie hätte barfuß kommen müssen, in Sackleinen. Sie war zum Dienen hier, und sie war dieser Aufgabe nicht gewachsen. Es würde eine Katastrophe werden. Sie musterte all die frommen, feierlichen Gesichter. Bestimmt würde bald jeder schon lange gewusst haben, dass sie die Erwartungen nicht erfüllen würde.
    Sie hatte heute gefastet, wenn auch unabsichtlich. Den ganzen Tag nur von Tee, Kaffee und Zigaretten gelebt.
    Der Bischof gab der Gemeinde gerade ein paar grundsätzliche Erklärungen, als wüssten die Leute das alles nicht selbst.
    «Die Kirche von England gehört zu der Einen, Heiligen katholischen und apostolischen Kirche, die dem Einen Wahren Gott dient. Dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Sie übt den Glauben aus, der in der Heiligen Schrift offenbart und im katholischen Glaubensbekenntnis dargelegt wurde. Ein Glaube, den die Kirche aufgerufen ist in jeder Generation aufs Neue zu verkünden.»
    Bei dem Wort Generation musste Merrily sofort an ihre Tochter denken.
    Oh Jane.
    Sie war hinausgestürmt, und Merrily war am Tisch sitzen geblieben und hatte noch mehr geraucht. War sie wirklich schwach, uncool und jämmerlich? Bestimmt würde Jane jetzt nicht zum Gottesdienst kommen.
    Doch gerade als Merrily aufstand, um ihre Gewänder anzulegen,war Jane ordentlich in Pullover und Rock an der Küchentür erschienen.
«Ich habe gesagt, ich komme, also komme ich auch. Ich gehe aber allein. Wir sehen uns dann später.»
    Viel später. Sie hatten ausgemacht, dass Jane nach dem Gottesdienst ins Pfarrhaus zurückgehen konnte, um sich oben in ihrer Wohnung, in ihrem abgetrennten Leben, für Colettes Party umzuziehen. Bis dahin würde Jane die brave, pflichtbewusste Tochter spielen. Oh Gott.
    Ein halbe Stunde darauf, als sie allein und unglücklich zur Kirche ging, hatte Merrily Lucy Devenish getroffen. Besser gesagt, Lucy Devenish hatte sich ihr in den Weg gestellt und mit gesenktem Kopf die Arme unter ihrem Poncho in die Seiten gestemmt. Dieses Mal erinnerte sie Merrily an einen Stierkämpfer.
    «Ich habe gehofft, Merrily», sagte sie ohne Einleitung, «dass Sie zu mir kommen würden. Aber es ist noch nicht zu spät. Wir beide müssen uns unterhalten.»
    «Oh, finden Sie das wirklich, Miss Devenish? Wollten Sie sich nicht lieber mit Jane unterhalten?»
    «Sie sind böse auf mich.»
    «Nur traurig.»
    «Meine Schuld. Ich war arrogant, wie üblich. Ich dachte einfach, dass Sie zu mir kommen.»
    «Sie haben ja gesagt, dass wir uns streiten werden», sagte Merrily.
    «Ach was. Das schaffen wir gleich aus der Welt. Ich habe eben gedacht, dass Sie kommen würden. Außerdem brauche ich Ihre Hilfe. Das Dorf braucht Ihre Hilfe. Und Ihre Tochter natürlich auch.»
    Merrily hatte die alte Fledermaus wütend angefunkelt. Wollte ihr Lucy Devenish jetzt erzählen, was ihre Tochter brauchte und was nicht?
    «Aber im Moment wollte ich Sie nur darum bitten, ohne weitereVerzögerung anzukündigen, dass Sie diesem Coffey erlauben, sein Stück in der Kirche aufzuführen. Tun Sie es jetzt. Heute Abend noch. Glauben Sie mir, das reinigt die Atmosphäre, schärft den Blick und wird Ihr Leben viel einfacher machen.»
    Merrily spürte, wie die Wut in ihr aufstieg. Sie holte tief Luft, bevor sie antwortete.
    «Miss Devenish, ich habe im Moment keine Zeit, über dieses Thema zu diskutieren, aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass ich weder heute noch an einem anderen Tag verkünden werde, dass Coffeys Stück in der Kirche aufgeführt werden kann.»
    Sie war wütend und unsicher, als sie hineinging, um vor dem Bischof, vor Gott und vor dem schönen, gesegneten Dörfchen Ledwardine ihren Eid abzulegen.
     
    «Oh Scheiße», sagte Alison.
    Ganz die Hausherrin, stand sie in dem bröckelnden georgianischen Eingangsportal und sah ihn an.
    Er war zu Fuß gekommen, denn er hatte gedacht, dass sie ihm vermutlich Tür nicht aufmachen würde, wenn sie sein Auto in der Einfahrt sähe. Als er auf demselben Weg nach Upper Hall ging, den Alison jeden Morgen benutzte, dem alten Reitweg, der am Apfelgarten vorbeiführte, war er ziemlich nervös geworden. Er hatte versucht, nicht zu den Bäumen

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