Frucht der Sünde
untergraben von einem polemischen Theaterstück, das eine Lanze für die Rechte der Homosexuellen bricht?»
Sein langes Gesicht wurde rot. Natürlich war er keineswegs zu solch einem Schluss gekommen.
«Wie dem auch sei», sagte Merrily, «was die Frage angeht, ob das Stück in der Kirche aufgeführt werden soll, bin ich zu einer Entscheidung gekommen.»
Schweigen. Merrily rührte sich nicht.
«Sie haben eine Entscheidung getroffen», sagte Bull-Davies schließlich.
«Ja. Heute Nachmittag.»
Er sah sie finster an. «Habe gehört, dass Sie mit diesem Schauspieler geredet haben. Alder.»
Sie fragte sich, woher er das wusste.
«Schätze, er hat Sie auf seine Seite gezogen. Hat sich an Ihrer Schulter ausgeheult.»
«Wir hatten ein ganz privates Gespräch.»
«Ich heule mich bei niemandem aus», sagte Bull-Davies.
«Tja», sagte Merrily, «das tun richtige Männer auch nicht, oder?»
«Sie machen sich über mich lustig.»
Merrily glaubte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben,aber manche Leute machten es ihr wirklich verdammt schwer. Sie fühlte den Drang, sich noch einmal umzuentscheiden.
Sie musste etwas sagen. Also überlegte sie, was Jane sagen würde, und sagte es einfach.
«Wissen Sie, James, Sie sind ein echtes Ekel.»
Er blinzelte.
«Ich habe viel darüber nachgedacht. Und die einzig richtige Entscheidung schien mir aus ethischer und kirchlicher Sicht, Richard Coffey und Stefan Alder für ihr Stück die Gemeindehalle anzubieten. Wenn der Gemeinderat nichts dagegen einzuwenden hat.»
«Oh», sagte er.
«Ich werde die Gründe für meine Entscheidung nicht darlegen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es nichts damit zu tun hat, was Sie mir über die Notwendigkeit erzählt haben, den Ruf Ihrer erlauchten Familie zu schützen. Und noch eins …»
Sie stellte sich direkt vor ihn und starrte in sein mageres Autokratengesicht.
«… wenn Sie noch jemals, ein einziges Mal, versuchen, mich unter Druck zu setzen, ganz gleich, worum es geht, dann … dann kriege ich Sie an den Eiern.»
Sie trat zurück. In James Bull-Davies’ Gesicht zeigte sich keine Reaktion, doch er straffte sich und richtete seinen Blick über ihre Schulter.
«Verstanden», sagte er.
22 Ich, Merrily …
Als sie aus dem Schulbus stieg, sah Jane als Erstes Colette, die ihre Lederjacke und einen Chiffonschal trug. Sie stand bei einem schwarzen Typen Anfang dreißig, der gerade einen schmutzigen weißen Lieferwagen entlud.
Leider hatten Dean Wall, Danny Gittoes und ein paar ihrer Freunde die beiden auch bemerkt.
«Ich schwör’s dir, das ist er», sagte Danny Gittoes. «Ich habe ihn in Shrewsbury gesehen. Sieht natürlich anders aus mit den Klamotten.»
«Jaja», sagte Dean. «Mr. Welterfahren. Habt ihr das gehört, Leute? Gittoes ist schon bis Shrewsbury gekommen. Passt auf, gleich wissen wir ganz genau Bescheid. Ich frag einfach die Schlampe.»
Es war ein trüber Nachmittag, und es nieselte. Dean Wall schlurfte über den Platz zu Colette. Jane folgte ihm mit ein bisschen Abstand.
«Party, was?» Dean spähte in den Transporter.
Colette sah ihn nicht an. «Kann sein.»
«Ein Kumpel von dir?»
Dean sah auf den schwarzen Typen herunter. Er war klein und schlank, trug ein schwarzes T-Shirt und eine Lederhose. An seiner Seite wirkte Dean wie ein Landrover neben einem Porsche.
Colette sah ihn immer noch nicht an.
«Das ist Dr. Samedi», sagte sie.
«Echt», sagte Dean widerwillig beeindruckt.
Dr. Samedi hob einen großen eckigen Kasten aus dem Lieferwagen und drückte ihn dem überraschten Dean in die Arme.
«Kannste das mal für mich reintragen, Mann?», sagte Dr. Samedi.
«Klar», sagte Dean. «Mach ich.»
«Und nicht fallen lassen.»
Inzwischen war auch Danny Gittoes bei der Gruppe angekommen, und Dr. Samedi erlaubte ihm gnädigerweise, einen noch größeren schwarzen Kasten ins Restaurant zu schleppen.
«Hab dich letztes Jahr in Shrewsbury gesehen», rief Danny ihm über die Schulter zu. «War ’n verdammt heißer Auftritt, Mann.»
«Die Treppen rauf», sagte Dr. Samedi. «An der Tür abstellen.»
Als die beiden weg waren, sah Colette Jane an und schüttelte grinsend den Kopf. «Das ist Jeff. Jeff, das ist Janey. Ihre Mutter ist Pfarrerin.»
«Super. Bringste sie mit?»
«Eher nicht», sagte Jane. «Mmh … bist du
der
Dr. Samedi?»
Er richtete seinen trägen Blick auf Jane. Dann ertönte seine dunkle Stimme wie ein grollendes Erdbeben.
«Long night, moonbright,
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