Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
dafür.»
    Merrily glaubte unter all den Blüten die ersten Fruchtansätze der Roten Pharisäer wahrzunehmen.
    «Was wissen Sie über die Zettel, die überall im Dorf aufgehängt worden sind? Wir haben gestern darüber gesprochen.»
    Seine Augen blieben ausdruckslos. «Ein Scherz, wie ich schon gesagt habe. Und ein schlechter noch dazu.»
    «Vielleicht, weil keine Zeit, war, sich etwas Subtileres auszudenken?» Sie beschloss, das Risiko einzugehen. «Ich glaube, dass sie im Festivalbüro gedruckt worden sind.»
    Er blinzelte. «Wirklich?»
    «Dort haben Sie die Aufsicht, oder?»
    «Über den Drucker oder die Herstellung der Zettel? Was den Drucker angeht, ja. Und die Zettel   … na ja, indirekt könnte man es schon sagen, wer weiß? Wissen Sie es vielleicht, Merrily?»
    «Und die
Sunday Times
– waren Sie vielleicht derjenige, der dort angerufen hat?»
    Bisher hatte in der
Sunday Times
noch nichts gestanden. Vermutlich hatte sich die Geschichte bisher noch nicht interessant genug entwickelt.
    «Oh ja», sagte Dermot. «Natürlich. Ich habe mit allen guten Redaktionen telefoniert. Ich muss schließlich versuchen, die Presse für unser schönes Festival zu begeistern. Das gehört zu meinen Aufgaben, solange sich der arme Terrence nicht engagieren kann.»
    «Und bei der Gelegenheit haben Sie ihnen auch von unserem Sturm im Wasserglas aufgrund von Coffeys Stück berichtet?»
    «Es ist bestimmt mehr als das, Merrily. Zumindest ein Sturm in einem Oxhoftfass Cider. Altem Cider. Ein Sturm, der in diesem Fass schon lange gärt. Jahrhunderte. Das sollten wir nicht verharmlosen.»
    «Und sie haben der
Sunday Times
davon erzählt.»
    Er setzte sich anders hin, stellte die Beine nebeneinander. «Habe ich das?»
    «Haben Sie das?»
    Er kicherte. «Habe ich das?»
    Sie biss wütend die Zähne zusammen.
    «Habe ich das?», sagte Dermot ausgelassen. «Habe ich das? Habe ich das? Habe ich das? Oh, Merrily, meine Liebe, Sie wissen überhaupt nichts, oder? Sie fischen mit einem Zweig und einer umgebogenen Sicherheitsnadel im Trüben. Sie haben nicht die geringste Ahnung von uns hier, genauso wenig wie der arme alte Hayden, aber er hat sich wenigstens damit zufriedengegeben und sich auf seine Rolle als trotteliger, freundlicher und langweiliger Dorfpfarrer beschränkt. Er war grauenvoll. Oh Gott, wie sehr habe ich mir Sie als seine Nachfolgerin gewünscht. Ein nettes kleines Pfarrerinnen-Püppchen mit schönen Beinen und schnuckeligen Titten. Ah, was für eine Vorstellung!»
    Merrily hielt die Luft an. Lass dich nicht provozieren. Sie blieb unbewegt stehen und versuchte, ihm weiter in die Augen zu sehen. Doch Dermot hatte seinen lüsternen Blick ungeniert auf ihre Brüste gerichtet.
    «Was für eine Vorstellung», wiederholte er kühl. «Aber Sie sollten nicht einmal davon träumen, die Sitten zu verstehen, die in unserem hübschen kleinen Dorf herrschen. Dasselbe gilt für die Cassidys und diesen widerlichen Coffey.»
    Sie biss sich auf die Lippe. Mit diesem Verhalten hatte sie nicht gerechnet. In der Kirche war sie überzeugt gewesen, den kleinen Mistkerl in der Hand zu haben. Sie hatte ihm ganz ruhig von der Aufführung erzählen und ihm sagen wollen, dass diese Geschichte einzig und allein das Dorf etwas anging. Und wenn die Medien davon Wind bekämen, wüsste sie genau, wen sie dafür verantwortlich zu machen hätte.
    Sie sammelte sich. «Und was verstehen
Sie
von den Sitten hier im Dorf, Dermot? Vom Leben in Ledwardine in den vergangenen zwanzig Jahren? Nachdem Sie die Hälfte ihres Lebens weg waren, um in der Stadt die große Karriere zu machen?»
    Seine dickliche Wange zuckte.
    «Ohne nennenswerten Erfolg allerdings», sagte Merrily.
    Er funkelte sie wütend an. «So kratzbürstig sind wir also, soso. Die emanzipierte Frau, der Herr bewahre mich vor ihr. Tatsache ist, Mrs.   Watkins, dass mir meine Abwesenheit, nachdem ich hier geboren und aufgewachsen war, einen ganz besonderen Blickwinkel eröffnet hat. Die Zugezogenen bekommen gar nichts mit, und die Leute von hier bekommen zwar etwas mit, achten aber nicht darauf. Nur jemand wie ich, der beide Standpunkte kennt, hat alles im Blick. Ich kenne alle empfindlichen Stellen. Ich weiß, wo die kleinste Stichelei die größte Wirkung hat.»
    «Und Sie sticheln gern, oder, Dermot?»
    Dermot grinste. Er lehnte sich mit gespreizten Beinen etwas auf dem Grabstein zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. «Mir gefällt die Vorstellung», sagte er, «dass ich hier so etwas

Weitere Kostenlose Bücher