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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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wie ein
Dirigent
bin. Der Gemeindeorganist. Das kann wirklich viel Spaß machen. Zuerst ein paar dramatische Akzente, die das Blut in Wallung bringen und die schlafende Kirche elektrisieren. Dasselbe löst
Auld Ciderrrrr
… bei meinen Sängern aus.»
    Er streckte die Beine, sodass der dunkle Stoff seines Gewands wegrutschte und seine fetten, roten, nackten Schenkel sichtbar wurden.
    «Cassidy findet das alles schrecklich, wie Sie wissen. Er interessiert sich nur für kommerziell verwertbare Veranstaltungen. Wie bei seinem verlogenen Wassailing. Dorthin bin ich gar nicht erst gegangen, zu diesem Affentheater. Obwohl am Ende ja doch nicht alles Theater war. Da ist die Realität, wie man so sagt, mit vollerWucht über die Versammlung hereingebrochen. Dank dem guten alten Edgar Powell.»
    Merrily gestand sich ein, dass sie verloren hatte. Es konnte ihm kaum gleichgültiger sein, ob sie von seinen Intrigen wusste oder nicht. Er fühlte sich vollkommen sicher.
    Sie sagte: «Wollen Sie damit sagen, dass sich Edgar erschossen hat, um die Oberflächlichkeit dieser Veranstaltung bloßzulegen?»
    «Nein, das würde ich nicht sagen.» Er lächelte. «Kann mir nicht vorstellen, dass Edgar einen guten altmodischen Selbstmord an die Cassidys verschwendet hätte. Sind das Salz der Erde, die Powells. Ein verdammt treffender Ausdruck,
Salz der Erde
. Überstrapaziert und entwertet. Aber immer noch der beste Ausdruck für Leute wie die Powells. Eine gute, tiefverwurzelte alte Familie.»
    «Älter als die Bull-Davies?» Lächerlich, jetzt fing sie schon an, mit diesem Kerl Konversation zu betreiben. Er hatte sie beleidigt, und sie ließ ihn damit durchkommen?
    «Die Bulls?» Dermot schnaubte verächtlich. «Haben normannisches Blut. Den Davies-Zusatz haben Sie sich vor ein paar Generationen zugelegt, um mit einem unbedeutenden walisischen Zweig der Familie zu protzen. Die Bulls von Ledwardine. Klingt gut, heißt aber nicht viel. Haben sich immer gern eingebildet, dass sie hier alles kontrollieren, aber verglichen mit den Powells waren sie trotzdem nur Zugezogene. Stark, geizig und zäh, das sind die Powells. Das ist die echte Tradition.»
    Sie dachte an Garrod Powell in seiner Bügelfaltenhose und dem tadellosen Jackett.
    «Das sehen Sie Rod nicht an, oder? Tja, Sie sind eben eine Außenseiterin. Auch wenn Ihr Großvater Bauer in Mansell Lacey war, waren Sie viel zu lange aus der Gegend weg und werden nie mehr richtig hierhergehören. Ich erzähle Ihnen was von Rod. Ist auf diealte Art erzogen worden. Schon mal von Edgars Frau gehört? War eine knausrige alte Furie, aber ihre Augen haben geglänzt wie die Sterne. Ich erinnere mich noch, wie sie mich am Schlachttag angegrinst hat – ihre Zähne hatte sie schon lange verloren, und ihre Arme waren bis zu den Ellbogen voller Blut. Und zu Hause hat sie dem jungen Rod das eine oder andere beigebracht. Wenn Sie verstehen, was ich meine.»
    «Was denn?» Merrily wurde plötzlich ganz schwach.
    «Haha! Jetzt habe ich Sie endlich mal schockiert, was, Hochwürden? Was glauben Sie denn, worum es im traditionellen Landleben geht? Um Fruchtbarkeit und Zeugungskraft! Und da sorgt man natürlich dafür, dass der älteste Sohn weiß, was einer Frau abends vor dem Feuer gefällt. Das Landleben, Merrily, läuft nach Hausmacher-Art: Hausmacher-Küche, Hausmacher-Sex und dazu eine Menge hausgemachter Cider, in der eigenen Presse in der Scheune gekeltert, ein oder zwei Ratten dürfen auch dabei sein. Und damit es auch richtig nach was schmeckt, rafft die Bauersfrau die Röcke und pisst noch kurz mal rein.»
    «Ich gehe.» Merrily wandte sich um. «Danke für diese Lektion in Anthropologie.»
    «Los, ich will Sie mal richtig rot werden sehen. Und nachdem das noch nicht gereicht hat, biete ich Ihnen jetzt eine richtige Gelegenheit dazu.» Auf den Ellbogen lehnte er sich weit auf dem Grabstein zurück, grinste in die Sonne und ließ sein Gewand noch weiter an seinen schwabbeligen Schenkeln hochrutschen, bis auch die Stelle bloßlag, an der der dünne Stoff eine zeltartige Erhebung gebildet hatte. «Huuuuch», sagte Dermot.
    «So, das reicht jetzt.» Ihre Stimme klang peinlich schrill. «Sie haben endgültig dafür gesorgt, dass wir nicht zusammenarbeiten können.»
    «Das ist aber traurig, was? Dabei hätte es mit uns beiden so schön werden können.»
    Er zog sein Gewand herunter. Sein Lächeln war verschwunden.
    «Was wollen Sie denn tun, Merrily? Ihr Amt aufgeben? Wir machen schließlich alle mal Fehler  

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