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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Ausmaß James’ Familien-Paranoia hat. Meint Alison.»
    «Sie muss ja wirklich knallhart sein.»
    «Die Umstände haben sie hart werden lassen.»
    «Sie sind zu nachsichtig, Lol. Er ist schließlich ihr Bruder.»
    «Halbbruder.»
    Die Sonne hatte sich wieder zurückgezogen. Es war wieder einmal einer dieser unberechenbaren Frühlingstage.
    «Lol, hat sie noch ein anderes Dokument erwähnt? Das Tagebuch von Thomas Bull?»
    «Ein paar Bände liegen in Hereford im Banksafe.»
    «Wo sie voraussichtlich auch bleiben sollen», sagte Merrily.
     
    Nach dem Frühstück ging Merrily auf den Friedhof, hörte den getragenen viktorianischen Liedern zu, die aus der Kirche drangen, und fühlte sich überflüssig und abgelehnt. Sie sollte dort drinnen sein, für Colette Cassidy und ihre Familie beten, das Abendmahl abhalten und die Gemeinde trösten.
    Aber Ted hatte Fakten geschaffen. Sie hatte ihn viel zu lange nur als ihren Onkel gesehen und nicht als einen Dorfanwalt schlimmster Sorte, der nie etwas anderes getan hatte, als abzuwiegeln, Schwierigkeiten unter den Teppich zu kehren und den Schein zu wahren. Ein weiblicher Pfarrer? Ein netter Versuch, der leider gescheitert war. Zu früh, meine Freunde, dafür ist es leider doch noch zu früh, wie wir gesehen haben.
    Der schlimmste Moment kam, als sich nach dem Gottesdienstdie Kirchentüren öffneten und Ted zusammen mit Hochwürden Norman Gemmell heraustrat – groß, leicht gebeugt, das Abbild des guten Hirten. Gemmell neigte sich zu den Gemeindemitgliedern hinab, wechselte ein paar Worte mit diesem und jenem, als habe er sie schon immer gekannt, dann nahm er Caroline Cassidy beiseite, hielt ihre Hand, als sie zu weinen begann, spendete ihr mit ernster Miene Trost, und als Terrence dazukam, klopfte er ihm ermunternd auf die Schulter. Ein echter Profi. Zwei Presseleute hielten den Augenblick unter diskretem Surren ihrer Serienbildautomatik für die Ewigkeit fest.
    Merrily erinnerte sich wieder, weshalb sie hier war. Sie wollte Dermot Child unter Druck setzen, sodass er sich hüten würde, die Presse über die Theateraufführung in der Kirche zu informieren. Ungesehen ging sie zu der kleinen Tür, die zur Kapelle der Bulls und zur Orgel führte, und trat ein.
    Da stand er, in seinem Organistengewand, das aussah wie eine Mönchsrobe, und betrachtete nachdenklich das Grab von Bull. Als er aufsah, schien er einen Moment lang erschrocken, sie vor sich zu haben, doch innerhalb einer Sekunde verwandelte er sich wieder in den charmanten alten Dermot.
    «Aber Merrily, ich dachte   …»
    «Wir haben etwas zu besprechen.»
    «Ach, wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich meine Verabredung zum Mittagessen verschoben.»
    «Sie wissen es jetzt», sagte Merrily kühl.
    «Vielleicht heute Abend? Im
Swan

    «Dermot», sagte Merrily, «bewegen Sie lieber Ihren fetten Hintern durch diese Tür, bevor ich mir den Pullover zerreiße und um Hilfe rufe.»
    «Merrily!»
    «Als Zeugen der Anklage könnte ich ja den Orgelbauer Mr.   Watts bestellen   …»
    «Merrily, was reden Sie denn da?»
    Sie sah ihm unbewegt in die Augen und hob dabei langsam ihren Pullover, sodass ihre Taille und der untere Rand ihres BHs sichtbar wurden.
    Dann schrie sie.
    «Schon gut!» Dermot warf ihr einen bösen Blick zu, raffte sein Gewand und wuselte eilig hinter ihr aus der Kirche heraus.

41   Hausmacher-Art
    Am hinteren Ende des Friedhofs, wo sich die blühenden Apfelbäume über die Gräber neigten, setzte sich Dermot Child mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einen Grabstein. Er wirkte sehr gekränkt und beunruhigenderweise ziemlich genau so, wie sich Merrily einen Gnom vorstellte.
Ein bösartiger Loser. Der Mann ist so verbittert, dass es ihm gleichgültig ist, wem er schadet.
    Merrily, die sich an einem Grabstein festhielt, kamen Bedenken. Und wenn er einfach nur ein komischer Kauz war, ein vollkommen harmloser kleiner Mann mit einer vollkommen harmlosen, vollkommen natürlichen, vollkommen gesunden   …
    Und dann noch diese Knöpfe vorne runter. Sind bestimmt über hundert. Da stellt man sich doch gern vor, wie man die einen nach dem anderen ganz langsam aufknöpft. Wahnsinn. Rosa Haut, braune Nippel, weißer Kragen.
    … Lust auf weibliche Geistliche.
    «Reden wir offen miteinander, Dermot.»
    Seine Knopfaugen hoben sich. Er lächelte nicht, sie glaubte vielmehr den Anflug eines höhnischen Grinsens auf seinem Gesichtzu entdecken. «Tun wir das, Frau Pfarramtsvertreterin. Ich bin ganz

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