Frucht der Sünde
Gottesdienst?»
«Nein, das wäre … Ich halte den Gottesdienst heute nicht. Aber wenn Sie proben wollen oder so etwas, die Kirche müsste ab zwölf Uhr frei sein.»
Sie war ruhiger geworden. Wenigstens die Leute aus dem Dorf, Alteingesessene und Zugezogene, würden die Gelegenheit haben, das Stück zu sehen. Und wenn niemand kam, dann lag es nahe, dass sich mit Ausnahme von Bull-Davies niemand von der Sache gestört fühlte. Mit einem Mal erschien alles so einfach.
«Ich hoffe, Sie hatten wegen dieser Sache keine Probleme mit Richard.»
«Nein.» Stefan zögerte. «Vielleicht hat sie unsere Probleme sogar gelöst. Verstehen Sie, Richard … er wird nichts mehr damit zu tun haben. Ich übernehme die gesamte Verantwortung.»
Oh Gott, dachte Merrily. Er schmollt.
«So war es nämlich auch am Anfang geplant. Es war meine Idee. Ich habe ihn entdeckt.»
«Wil?»
«Es ist ein Ein-Personen-Stück, Merrily. Und es kommt aus dem Herzen, nicht aus dem Textbuch. Wir hätten ohnehin einige Passagen improvisieren müssen. Ich bin Schauspieler. Eine Bühne, ein Publikum, verstehen Sie?»
«Sollen wir sieben Uhr sagen? Wir haben keinen Abendgottesdienst, das wäre also kein Problem.»
«Ginge auch halb acht? Oder neun? Ich hätte gern, dass es während der Aufführung langsam dunkel wird.»
«In Ordnung.»
Sie verabredeten sich für ein Uhr in der Kirche.
«Ich bringe ihn nach Hause, Merrily», sagte Stefan.
Merrily legte auf, blieb einen Moment neben dem Telefon stehen und dachte an die vergangene Nacht. Sie hatte zwischen dem Kaminfeuer und Lol Robinson gut geschlafen. Seit es hell war, hatte sie auch keine Angst mehr.
Aber Angst war es ja auch nicht gewesen, was sie schließlich auf dem Dachboden empfunden hatte, nur diese unendliche Traurigkeit.
Das würde sie nie vergessen.
Als sie in den Salon zurückkam, hatten Lol und Jane eine Boulevardzeitung auf dem Couchtisch ausgebreitet. «Tja», sagte Lol, «irgendwann musste es ja kommen.»
Die Schlagzeile auf Seite zwei lautete:
Besorgnis um das Partygirl Colette nimmt zu
Darunter war das Foto einer wesentlich jüngeren, unschuldigeren Colette zu sehen, ohne Nasenpiercing und mit einem ungewohntnetten Lächeln. Die Tatsache, dass das Bild so klein abgedruckt worden war, deutete darauf hin, dass die Zeitungsleute lieber eines gehabt hätten, das den Kommentaren der ‹Nachbarn› entsprach.
«Colette war ein ziemlich schwieriges Mädchen. Kaum zu bändigen.»
Der Artikel steckte voller Andeutungen und endete mit folgendem Abschnitt:
Die Polizei möchte auch mit dem Besitzer des Cottage sprechen, das am dichtesten am Apfelgarten steht. Es handelt sich um den Songschreiber Laurence Robinson.
«Möglicherweise weiß er etwas, das uns bei unseren Ermittlungen weiterhelfen kann», bemerkte Detective Howe dazu.
Mr. Robinson, der mit einem Rockstar der siebziger Jahre, Gary Kennedy, an neuen Liedern gearbeitet hat, ist seit der Partynacht nicht in seinem Haus gewesen.
«Das spricht für sich, oder? Ich gehe zu ihr. Ich erkläre ihr die Sache mit Karl in allen Einzelheiten.»
«Bist du komplett verrückt?» Jane schnappte die Zeitung und wedelte damit vor ihm herum. «Die macht dich fertig. Und was erzählst du ihr, wo du die ganze Zeit warst?»
«Sie könnte recht haben», sagte Merrily. «Rückblickend wäre es vermutlich besser gewesen, Sie wären gestern in der Küche geblieben, als Annie Howe kam, um mit Jane zu sprechen. In den Augen der Polizei gibt es vermutlich genügend Unklarheiten, um sich für ein paar Tage an Sie dranzuhängen. Was für Sie eine ziemliche … Belastung wäre.»
Wenn Howes Leute die Leiche fänden, dachte Merrily, würde Lol vermutlich innerhalb einer Woche ein Geständnis unterschreiben, nur um seine Ruhe zu haben.
«Warten wir noch einen Tag», sagte sie. «Keiner von uns muss schließlich Zeitung gelesen haben. Vielleicht taucht Colette ja inzwischen wieder auf.»
«Jeder Tag zieht mich tiefer rein.»
«Warum? Von Seiten der Polizei wurde genau darauf geachtet, Sie nicht als Verdächtigen zu bezeichnen.»
«Sie macht sich Sorgen, Lol», sagte Jane spitzbübisch. «Versau dir deine Chancen bei ihr nicht.»
«Das reicht jetzt, Schatz.»
«So gut war’s also?»
«Kümmere dich ums Frühstück.» Merrily griff nach der Zeitung. «Woher kommt die überhaupt?»
«Hat auf der Fußmatte gelegen», sagte Lol. «Ist das die einzige Sonntagszeitung, die Sie abonniert haben?»
«Ich habe sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher