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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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der Cider, wie die gute Lucy immer gesagt hat, war der Lebenssaft von Ledwardine. Das is der Punkt, Junge. Das is der Punkt.»
    «Mir ist ja klar, dass ich heute Abend ein bisschen langsam im Kopf bin», sagte Lol, «aber ich habe nicht verstanden, worauf das alles hinauslaufen soll.»
    «Meinste, ich?», sagte Gomer. «Noch nich jedenfalls. Aber an der Sache is was faul. Wir ziehn eben manchmal die falschen Schlüsse aus den Sachen. Die Frau Pfarrer hat zum Beispiel gedacht, die ganzen Bullen wärn wegen dir in die Kirche gekommen, aber ich glaub, da läuft was ganz anderes. Wern wer abwarten müssn, was?»
    «Bloß dass wir keine Zeit haben abzuwarten», sagte Lol. «Merrily improvisiert heute Abend nur, Bull-Davies will das Theaterstück unterbrechen und sie aus dem Dorf haben und alles Mögliche   … ich weiß auch nicht   … spitzt sich irgendwie zu, verstehen Sie, was ich meine?»
    «Jau», sagte Gomer.
    Da standen sie in Lucys Wohnzimmer, zwei kleine Männer mit Brille, die gerne helfen wollten, aber nicht wussten, wie. Schließlich sagte Lol: «Wissen Sie irgendwas über Wil Williams, Gomer?»
    «Viel isses nich.»
    «Und Thomas Traherne?»
    «Ich weiß, dass Lucy den Kerl geschätzt hat, das war’s auch schon.»
    Lol betrachtete das gerahmte Foto von Lucy und der blonden Frau.
    «Patricia Young?»
    Gomer dachte einen Moment nach. «Nix.»
    «Susannah Hopton?»
    Gomer schüttelte den Kopf.
    Lol nahm Mrs.   Leathers Buch in die Hand, in dessen hintere Umschlagklappe Lucy Notizen geschrieben hatte. «Hannah Snell?»
    «Jau.»
    «Wie bitte?»
    «Hannah Snell», sagte Gomer. «Die kenn ich, also pass auf.» Er räusperte sich und begann holprig zu singen.
    All ihr edlen Britenrecken,
    Ruhm erwerbt ihr in Gefahr,
    Lasst euch doch nicht davon schrecken,
    Dass eine Frau auch tapfer war   …
    Gomer strahlte. «Hab gedacht, du warst so ’ne Art Folksänger, Lol. Kennst du das Lied nich? Hat mir meine Oma früher vorgesungn. Hannah Snell, da denk ich an die alten Zeiten.»
    «Erzählen Sie mir ihre Geschichte», sagte Lol. «Erzählen Sie!»
    Und als Gomer fertig war, sagte Lol: «Das muss Merrily erfahren!»
     
    James wirkte fast gelangweilt, als er aufstand. Er beugte sich vor und stützte die Hände auf die Ablage für das Gesangbuch. «Sie behaupten also, mein Vorfahre wäre, ähem   … schwul gewesen.»
    Stefan Alder sah ihn herausfordernd an.
    «Er hatte sich in mich verliebt, ja.»
    «Herrgott nochmal! Müssen wir uns hier wirklich diese geschmacklose Aufführung zumuten lassen?» Seine Stimme hallte in der ganzen Kirche wider. «Wenn Sie meine Familie beleidigen wollen, dann verstecken Sie sich gefälligst nicht hinter diesem verdammten Wil Williams. Stefan Alder, Sie behaupten, dass Thomas Bull eine Schwuchtel war, stimmt das?»
    «Dieses Wort benutze ich nicht.»
    «Na, dann eben ein Homosexueller. Dieser Mann hatte vier Kinder.»
    «So etwas spielt keine Rolle. Das sollten Sie wissen.»
    «Weichen Sie nicht aus. Sie verleumden einen Toten. Los, reden Sie.»
    «Also gut. Ich glaube, dass Thomas Bull eine körperliche Beziehung mit dem Pfarrer von Ledwardine hatte, und als das im Dorf, in seiner Familie, an dem Gericht, dem er vorsaß, bekannt zu werden drohte, hat er dafür gesorgt, dass Wil der Hexerei bezichtigt wurde. Er bestach einen benachbarten Bauern, damit er behauptete, Wil habe seinen Apfelgarten verflucht, und ließ einen Handwerker aus dem Dorf, der von seinen Aufträgen abhängig war, erzählen, er habe Wil mit Geistern tanzen sehen. Oder vielleicht hat er sogar   …»
    Stefan warf einen Blick auf die Gemeinde.
    «Sprechen Sie weiter, Alder», sagte Bull-Davies. «Wir sind alle sehr gespannt darauf, was noch alles kommt.»
    «Vielleicht hat er sogar ein paar Jugendliche dafür bezahlt, nackt im Apfelgarten zu tanzen, um den armen Wil über jedes erträgliche Maß hinaus zu quälen.»
    Missbilligendes Murmeln lief durch die Reihen.
    «Was ich an alldem am widerwärtigsten finde», sagte Bull-Davies, «ist, dass Sie die
Redlichkeit
dieses Mannes in Frage stellen.»
    «Sie verstehen mich nicht richtig.» Stefans Gesicht war schweißüberströmt, sein verschwitztes Hemd hing unförmig herab. «Ich bin davon überzeugt, dass Thomas Bull glaubte, er würde das Richtige tun. Er war sicher, dass Wil Williams magische Kräfte besaß. Wie sonst hätte er, ein Bull, sich in einen Mann verlieben können? Das war einzig und allein möglich, weil dieser Mann ihn verhext hatte.»
    Stille. James

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