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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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auf
Idee
, Rod», sagte Child. «Coffey benutzt Williams’ Geschichte als Aufhänger für ein politisches Statement. In
Die Feuerprobe
hat Arthur Miller die Hexenprozesse von Salem zur Parabel für die McCarthy-Ära gemacht. Coffey verwandelt Wil Williams in einen schwulen Märtyrer. Es gibt allerdings keinen einzigen Beweis dafür, dass Williams schwul war.»
    Merrilys liberale Instinkte regten sich. «Also halten Sie ihn lieber für einen Teufelsanbeter?»
    Dermot Child musterte sie mit einem schiefen Lächeln. «Fangen Sie an, sich zu ärgern, Frau Pfarrer?»
    Merrily warf ihm einen bösen Blick zu.
    «Was
ich
am liebsten hätte   …», Rod Powell war aufgestanden. Er gab eine sehr elegante Erscheinung ab. Als Einziger trug er Anzugund Krawatte. «…   ist, dass diese ganze blödsinnige
Idee
ersatzlos gestrichen wird.»
    «Nun, das wird sicher nicht passieren», sagte Cassidy. «Also sollten wir das rechte Maß nicht aus dem Auge verlieren. Unterm Strich kommt für uns dabei immerhin die Uraufführung eines Stückes heraus, das ein weithin anerkannter Autor für Ledwardine schreibt.»
    «Ein Autor, der sein eigenes Süppchen kocht, Herr Vorsitzender.» Rod Powell knallte die Faust auf den Tisch. «Der sein eigenes Süppchen kocht.»
    «Ja, vielleicht   … Aber ist das bei bedeutender Kunst nicht immer der Fall?»
    «Dann soll er sein Süppchen eben anderswo kochen. Nicht in unserer Kirche.»
    «Ich denke, das sollte die Kirche selbst entscheiden, meinen Sie nicht?»
    Alle Blicke richteten sich auf Merrily.
    «Sehen Sie
mich
nicht an, ich bin nur die Pfarrerin. Ich muss wegen dieser Angelegenheit erst irgendjemanden befragen.»
    «Vergessen Sie dabei Ihr Gewissen nicht, Mrs.   Watkins.» Rod Powells Stimme war leise und gelassen, aber irgendwie schien in ihr die gesamte Wucht von Dermots
Auld Ciderrrrr!
mitzuschwingen.
    Danach breitete sich erneut Schweigen in der Gemeindehalle aus. Schließlich sagte Terrence Cassidy höflich: «Merrily, ich glaube, am Ende wird es darauf hinauslaufen, dass es
Ihre
Entscheidung ist.»
    Ja.
Vielen Dank
auch, Herr Vorsitzender. Wie sollte sie sich verhalten? Sollte sie sich auf ihre spirituellen Überzeugungen zurückziehen, sagen, sie würde um Rat und Beistand beten und hoffe, alle anderen würden das Gleiche tun?
    Garrod Powells Blick war reserviert, Terrence Cassidys gequält.Dermot Child dagegen warf seiner Pfarrerin ein freundliches Lächeln zu, doch in seinen Augen leuchtete reine Schadenfreude.
    «Hmm   …» Merrily griff nach ihrer Handtasche. «Hat jemand was dagegen, wenn ich rauche?»
     
    Bevor sie von Colette zur Tür hinausgeschoben wurde, warf Jane einen Blick über die Schulter. Das Ekel Dean Wall und seine Freunde leerten gerade hastig ihre Biergläser.
    «Scheiße», sagte Colette. «Jetzt beweg dich schon, du dummes Huhn. Hör zu. Wenn wir draußen sind, gehen wir nach rechts. Verstanden?»
    Janes Beine fühlten sich an, als gehörten sie jemand anderem.
    «Jane   … hörst du mir überhaupt zu? Ich schleppe dich nicht die Straße rauf, an sämtlichen Häusern vorbei, sonst latschen uns diese degenerierten Versager nach, machen bescheuerte Bemerkungen, und morgen früh weiß der ganze Ort Bescheid. Dann kriegst du die nächsten fünfhundert Jahre Stubenarrest.»
    Es war eine laue Frühlingsnacht. Mit dem schwachen Schein der historischen Straßenlaternen, dem Kopfsteinpflaster und den malerischen, dicht gedrängten Häusern kam sich Jane vor wie in einem Märchenbuch. Jane blickte zu den Sternen hinauf und fühlte sich in Ledwardine plötzlich mehr zu Hause als an jedem der vielen anderen Orte, an denen sie schon gelebt hatte. Sie schwankte nach links.
    «Nicht da lang.
Rechts
!» Colette zog sie am Arm. «Geh deiner Nase nach.»
    Sie meinte den stechenden Geruch, der von den öffentlichen Toiletten am Ende der Gasse ausging. Dieser Gestank störte den idyllischen Eindruck empfindlich. Jane wandte sich um. «Warum können wir nicht   …?»
    «Sei ruhig!» Colette legte ihr die Hand auf den Mund. «Sie kommen raus.»
    Jane blieb vor Schreck das Wort im Hals stecken. Sie schluckte, und plötzlich war ihr schlecht. Colette zog sie an dem verwitterten
Herren-
Schild vorbei und ein paar Treppen hinauf. Jane stolperte. Dann wurde der Boden unter ihren Füßen weich, und sie standen in tiefer Dunkelheit.
    «Wir sind auf dem alten Bowling-Feld», sagte Colette. «Wir gehen hier quer rüber zu dem Fußweg, dann rund um den Friedhof und kommen vorne bei der

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