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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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befragen. Und schließlich hat Ihnen auch noch dieser grässliche Cassidy mitgeteilt, dass er
glaubt
, es sei Ihre Entscheidung. Viel deutlicher kann man es wohl kaum sagen. Sie haben sich allesamt aus der Affäre gezogen! Jetzt können Sie die Kastanien aus dem Feuer holen. Wenn es in die Zeitung kommt – und das ist sicher   –, heißt die Schlagzeile:
Neue Pfarrerin belegt Spitzenautor mit Kirchenbann

    «Und wenn ich es nicht tue? Wenn ich es nicht verhindere?»
    «Dann heißt es – lassen Sie mich überlegen –:
Neue Pfarrerin verteidigt Schwulenstück gegen die Proteste der Dorfgemeinschaft
… Vielleicht nicht genauso, aber Sie verstehen schon, worauf es hinausläuft.»
    «Ja», sagte Merrily. «Ganz egal, was passiert, ich bin die Dumme.»
    «Tja, so ist das Dorfleben, meine Liebe. Wenn es sich um eine kleine Vorstadtpfarrei von London oder Birmingham handeln würde, dann gäbe es ein bisschen Gezeter, und dann wäre alles wieder vergessen. Aber hier   … Lassen Sie sich nicht vom äußeren Anschein täuschen. Der Fortschritt ist zwar scheinbar angekommen – reiche Berufspendler, Hightech im Fachwerkhaus   …»
    Er deutete auf ein schwach erleuchtetes Schaufenster. MARCHES MEDIA:
Fax, Fotokopien, Computerzubehör.
    «Alles Illusion. Glitzernde Oberfläche, Merrily. Und die Oberfläche ist das Einzige, was sich je ändert. Die Rahmenkonstruktion darunter ist so hart und unnachgiebig wie ein gusseisernes Bettgestell.»
    «Sie scheinen hier trotzdem gern zu leben.» Sie wusste, dass er Musiklehrer in einem Londoner College gewesen war und Kontakte zu einem kleinen Plattenlabel hatte, das auf zeitgenössische Chormusik spezialisiert war. Vermutlich hatte er mindestens eine Ex-Frau irgendwo sitzen.
    «Vielleicht hört man es mir nicht an, aber ich stamme von hier. Meine Familie ist vor drei Generationen hergezogen. Das ist nicht besonders lange im Vergleich zu den Powells oder den Bull-Davies, aber es reicht. Ich bin hier geboren und schätze, dass ich früher oder später auch hier sterbe. Meine Zeit in London, Paris und Mailand hat mir eigentlich nur eine Erkenntnis gebracht: dass es hier verdammt viel besser ist   …»
    Auf dem Marktplatz parkten acht oder neun Autos. Darunter zwei BMWs, ein Jaguar und ein Range Rover. Vermutlich gehörtensie Gästen der Cassidys oder des
Black Swan
. Das Dorfzentrum, schwach beleuchtet von den Sternen und dem Licht, das aus vorhanglosen Fenstern fiel, strahlte Wohlstand und ein bisschen Selbstgefälligkeit aus.
    «Wann ziehen Sie ins Pfarrhaus, Merrily?»
    «Wahrscheinlich nächste Woche.»
    «Wunderbar. Allerdings   … ein ziemlich riesiges Gemäuer.»
    Am Rand des Kirchengeländes sahen sie den Giebel und die Schornsteine des Pfarrhauses aufragen.
    «Ich hätte lieber einen kleinen Bungalow», sagte Merrily.
    «Oh nein. Das würde überhaupt nicht gehen. Das ist schließlich auch ein offizieller Amtssitz. Hat übrigens einen schönen großen Rasen für Gartenfeste. Pfarrerin – na gut, Pfarramtsvertreterin – in Ledwardine zu sein, bedeutet immer noch, eine wichtige gesellschaftliche Rolle zu spielen. Allerdings brauchen Sie noch einen Ehemann.»
    «Ach wirklich?»
    «Natürlich. Einen anständigen Mann aus dem Ort. Mit einem hübschen Vermögen. Ich bin sicher, dass der Hausfrauenverein die Lösung dieses Problems schon längst auf die Tagesordnung gesetzt hat.»
    «Sie haben Nerven. Sind wir hier bei Jane Austen, oder was?»
    «Wie ich Ihnen schon gesagt habe, die Rahmenbedingungen ändern sich nicht. Was erwarten Sie? Sie sind eine gutaussehende junge Frau.»
    «Oh
bitte
. Ich bin eine alte Witwe.»
    «Stimmt, ja.» Sie blieben auf der Treppe des
Black Swan
stehen. «Ein Zustand, der Sie aus einer ziemlich grässlichen Situation befreit hat, wenn ich recht informiert bin.»
    Merrily erstarrte.
    Dermot Child legte ihr die Hand auf die Schulter. «Entschuldigung. Ich fürchte, jetzt war ich indiskret.»
    Merrily sah über den Marktplatz zum Pfarrhaus hinüber.
    «Ted Clowes kann sich auf was gefasst machen», sagte sie.
     
    Natürlich hatten sie es auf Colette abgesehen. Auf ihre vollen Lippen, ihre verlockenden Brüste unter dem weit ausgeschnittenen Kleid. Colette war das Spice Girl, die Nymphe, das Wahre. Erwachsen.
    Das erfasste Jane so klar wie kaum etwas anderes. Sie roch den Schweiß der Jungs, und die Hitzequelle, die sie zum Schwitzen gebracht hatte, war Colette.
    Jane fühlte sich immer benommener und hatte das Gefühl, merkwürdig isoliert vom

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