Frucht der Sünde
Dorf treffen wollen», sagte Dermot Child. «Vor einiger Zeit war ein Jugendzentrum geplant, aber ein paar einflussreiche Leute – Zugezogene – haben den Bau verhindert. So etwas passt nicht hierher, verstehen Sie?»
«Ich glaube, ich gehe besser mal kurz rüber und sehe nach, was dort los ist.»
«Merrily, wenn der Bischof wollte, dass Sie hier Polizei spielen, dann hätte er Sie mit einem Gummiknüppel ausgerüstet.» Dermot schob die Tür mit dem Ellbogen auf. «Trinken Sie lieber ein Glas mit mir.»
«Das kann ich leider nicht, danke. Ich muss noch eine Predigt überarbeiten. Dermot …?»
Er zog eine Augenbraue hoch. Sie kam zu ihm auf die oberste Stufe und zog die Tür wieder zu.
«Was hat Ihnen Ted über meine Ehe erzählt?»
Die Frage war ihm nicht peinlich. «Nicht besonders viel. Nehmen Sie’s ihm nicht zu übel. Ich glaube, er hatte nur Ihre Interessen im Sinn. Wollte uns wissen lassen, dass sie keine von diesen feministischen Theologinnen sind, die sofort alles ändern möchten. Dass sie schwere Zeiten durchgemacht haben.»
«Und was hat er genau gesagt?»
«Oh, er … er sagte, Ihr Ehemann wäre nicht gerade besonders treu gewesen. Dass eine Aussöhnung unwahrscheinlich war. Dass Sie sich zur selben Zeit für das Theologiestudium entschieden hatten. Und dann wäre Ihnen klargeworden, dass eine Priesterweihe und eine Scheidung wohl kaum vereinbar gewesen wären. Und in diesem Moment, als Ihre gesamten Pläne zu scheitern drohten, wären Ihr Ehemann und seine … hmm …»
«Sekretärin», sagte Merrily. «So abgedroschen das ist.»
«… an einen Brückenpfeiler gerast … auf der M5, oder? Es ging anscheinend alles sehr schnell. Niemand hat gelitten.»
«Nein.»
«Mit Ausnahme von Ihnen natürlich. Wegen dieser krankhaften Schuldgefühle.»
«Ted ist ein verflixtes Waschweib», sagte Merrily finster.
«Sie haben sich mit der Frage gequält, ob sie es ihm gewünscht haben, damit ihrer Berufung nichts im Wege steht. Eine lächerliche Vorstellung.»
«Sean war Anwalt», sagte Merrily. «Ich wollte auch Anwältin werden. Wir haben uns an der Uni kennengelernt und waren unheimlich idealistisch. Wir wollten uns für die Armen und Schwachen einsetzen.»
«Sehr lobenswert.»
«Ja, aber so fangen die meisten jungen Anwälte an. Bloß halten sie es nicht durch. Sean jedenfalls nicht. Als er sich selbständig gemacht hat, habe ich mich kaum darum gekümmert. Ich hatte nämlich noch nicht mal das erste Studienjahr abgeschlossen, bevor er mir ein Kind angehängt hatte. Sorry. Das war unchristlich. Bevor
ich
schwanger wurde.»
«Sie hätten aber später weiterstudieren können, oder? Hat Sie etwas Besonderes dazu gebracht, das Jurastudium aufzugeben und sich, hrm, Gott zuzuwenden?»
«Hat Ihnen Ted das nicht erzählt?»
«Nein, hat er nicht. Los, kommen Sie, wir trinken in der Lounge ein Bier zusammen …»
Merrily lächelte und glitt an ihm vorbei durch die Tür. «Gute Nacht, Dermot.»
Jane saß in absoluter Dunkelheit auf einer feuchten Wiese.
«Oh, mir ist so schlecht, und ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Ich sterbe.»
«Das ist noch gar nichts», ertönte Colettes rauchige Stimme aus der Finsternis. «Wart erst mal morgen ab.»
«Wo sind wir?»
«Hey, das war nicht schlecht, Janey. Männer sind heutzutage wirklich unheimlich empfindlich, wenn es um ihre Kleidung geht.»
«Ich konnte nichts dafür.»
«Versau die Story nicht. Es war wirklich zum Brüllen!»
«Du hättest vergewaltigt werden können.»
«Diese Versager kriegen doch nicht mal mit einem Playboy und einer Gummipuppe einen hoch.»
«Dann hätten sie dich eben betatscht. Widerlich.»
«Ja», räumte Colette ein. «Betatscht hätten sie mich wahrscheinlich.» Sie klang, als wäre sie high.
«Wo sind wir?»
«Wo sie garantiert nicht hinkommen werden.»
Jane streckte die Hand aus. Sie berührte etwas Kaltes und Knorriges. «Sag schon, wo sind wir?»
«Entspann dich. Es ist ein guter Platz.»
«Wir sind in Powells Obstgarten, stimmt’s?»
Obstgarten … Äpfel …
Cider
. Ihr wurde wieder schlecht, und sie lehnte sich an den rauen Baumstamm. Nie mehr. Nie, nie, nie mehr.
«Genau», sagte Colette. «Wir sind in Powells Apfelgarten.»
Jane atmete die reine Luft ein. «Und warum ist das ein guter Platz? Warum werden sie nicht hierherkommen?»
«Sie trauen sich nicht, Janey.» Colette erhob die Stimme. «Sie fürchten sich vor …
dem alten Edgar
.»
Es raschelte im Gebüsch.
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