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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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auf den Feldern zu entzünden –üblicherweise auf Weizenfeldern und
nicht
in Apfelgärten – aus leicht verständlichen Gründen, aber das könnte ich noch durchgehen lassen, allerdings wird an
keiner einzigen Stelle
der Einsatz von Schusswaffen erwähnt.»
    Gemurmel machte sich breit. Miss Devenish drückte das Buch an ihre Brust und starrte Cassidy herausfordernd an.
    «Einen Augenblick bitte!» Auftritt Mrs.   Caroline Cassidy, die ungehalten die Stirn runzelte. «Terrence   … die Fackel!» Auch sie hielt ein Buch in der Hand.
    Mr.   Cassidy leuchtete ihr mit einer Taschenlampe, während sie durch die Seiten blätterte.
    «So, da hätten wir es», trillerte Caroline. «
Gesammelte Volksbräuche der Britischen Inseln
, Seite einhundertundfünf. Ich zitiere: ‹Es galt der Brauch unter denjenigen Mitgliedern der lokalen Freibauernschaft, die über Gewehre verfügten, sich um den größten Apfelbaum des Obstgartens, auch als Apfelbaum-Mann bezeichnet, zu versammeln und mit ihren Waffen in die Baumkrone zu schießen, um auf diese Weise böse Geister zu vertreiben und die Fruchtbarkeit zu stimulieren.› Da haben Sie’s!»
    «Wo?», erkundigte sich Miss Devenish.
    «Ich habe es Ihnen doch gerade gesagt,
Gesammelte Volksbräuche der Britischen Inseln
von C.   Alfred Churchman   …»
    «Ich meinte,
wo
auf den Britischen Inseln soll dieser Mumpitz veranstaltet worden sein?»
    «Im Westen Englands natürlich. Sind wir hier etwa nicht   …»
    «Und wo
genau
?», Miss Devenish neigte den Kopf unter ihrem enormen Hut.
«Wenn man fragen darf?»
    «Ach, das ist doch alles Unsinn.» Mrs.   Cassidy hörte sich mittlerweile etwas schrill an. «Jeder weiß doch, was wir vereinbart haben.»
    «Was
wir
vereinbart haben? Liebe Mrs.   Cassidy, wenn es schon
unbedingt
sein muss, dann hätten es einige von uns vielleicht vorgezogen,gemeinsam ein paar harmlose Volkslieder zum Wassailing zu singen, statt hier eine Neuauflage von Buffalo Bill zu inszenieren.»
    «Oh,
Volkslieder
», Mrs.   Cassidy hob theatralisch die Hände. «Wie aufregend.»
    «Und ganz bestimmt ein respektvollerer Umgang mit den armen Bäumen. So, werden Sie uns nun mitteilen, von welchem Ort diese dubiose Praxis mit den Gewehren zuletzt berichtet wurde, oder nicht?»
    Mrs.   Cassidy zog eine verdrießliche Miene und strich ihre Designer-Skijacke glatt. «Devonshire. Aber ich wüsste nicht, weshalb das eine Rolle spielt.»
    «Ach, das wüssten Sie also nicht?»
    «Also, schauen Sie doch mal hier   …»
    «Meine Damen!» Nun war James Bull-Davies vorgetreten, die Flinte mit abgeknicktem Lauf lässig über den Arm gehängt. «Hören Sie. So respektvoll man mit alten Sitten auch umgehen muss, es ist heute wirklich sehr kalt. Warum fahren wir nicht einfach mit dem Teil fort, über den wir uns alle einig sind, und schenken diesen wundervollen Cider aus, bevor er noch gefriert? Ich schlage vor, dass wir über einem Glas weiterdiskutieren.»
    Seine halbmilitärische, über Generationen vererbte Gutsherrenart ließ selbst die Cassidys verstummen. Dann beugte sich Bull-Davies über das Fässchen und begann höchstpersönlich, die Becher zu füllen. Der herbe, muffige Geruch des Apfelweins wehte bis zu Merrily. Sie fragte sich, wo sie diesen Cider wohl herhatten.
    Dann fiel ihr Blick wieder auf Edgar Powell. Sein Gesicht sah aus wie ein alter Tabaksbeutel, mit weit aufgerissenen Augen blickte er weiterhin in ihre Richtung. Aber er war immer noch nicht richtig da, der alte Edgar, immer noch vollkommen abwesend.
    Wo er jetzt mit seinen Gedanken auch sein mochte, es war an diesem kalten Abend höchstwahrscheinlich ein besserer Ort als der Obstgarten.
     
    «Wir wissen natürlich alle, worum es in Wirklichkeit geht», sagte Miss Devenish, die sich kaum darum bemühte, ihre Stimme zu senken. «Diese grässlichen Leute – diese Cassidys   –, sie halten die Powells für wahnsinnig urig und altertümlich mitsamt ihrer historischen Cider-Presse und ihrem ererbten Rezept, und sie wollen nichts weiter als eine Touristenattraktion aus ihnen machen. Und Garrod Powell spielt um des lieben Friedens willen mit und hätte auch nichts dagegen, wenn er ohne großen Aufwand noch ein bisschen was verdienen könnte, und   …»
    «Wäre das denn so schlecht für das Dorf?»
    «Schlecht?», zischte Miss Devenish wütend. «Die Cassidys füllen einfachen Cider in ekelhafte Champagnerflaschen ab und verkaufen ihn in ihrem miserablen Restaurant zu lächerlich hohen Preisen an

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