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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Leute, die genauso furchtbar sind wie sie selbst. Zu meiner Zeit wurde den Landarbeitern ein Teil ihres Lohns in Cider aus Rotem Pharisäer ausgezahlt. Es war das Getränk der einfachen Leute. Verstehen Sie, was ich meine?»
    «Mein Großvater hat immer gesagt, das wurde nur gemacht, damit sie so betrunken wurden, dass sie nicht bemerkten, wie unterbezahlt sie waren», erwiderte Merrily.
    «Ihr Großvater?» Miss Devenish musterte Merrily unter ihrem Riesenhut hervor und zählte eins und eins zusammen. «Stammen Sie von hier, meine Liebe?»
    «Irgendwie schon. Mein Großvater hatte ungefähr sechs Meilen von hier einen Bauernhof. In Mansell Lacy.»
    «Das ist ja wundervoll. Wie hieß Ihr Großvater?»
    «Charlie Watkins.»
    «Ach. Ich kannte ihn nicht persönlich, aber es gibt in dieserGegend viele Watkins. Mein Gott   …», Miss Devenish hatte Merrily über die Schulter gesehen, «…   jetzt schauen Sie sich diese kleine Schlampe an. Gleich zieht sie Bull-Davies noch den Schwanz aus der Hose.»
    «Was?»
    «Alison Kinnersley. Vor der sollte man sich in Acht nehmen.»
    Merrily riskierte einen Blick. Bull-Davies unterhielt sich mit einem der anderen Gewehrträger. Alison Kinnersley stand hinter ihm und wärmte sich die Hände in seinen Hosentaschen.
    «Der arme Junge.»
    «James Bull-Davies?»
    «Meine Güte nein, der doch nicht. Kinnersleys Freund. Ehemaliger Freund. Nicht der Bulle. Die Bulls können sich sehr gut um sich selbst kümmern. Das Dumme ist nur, dass sie sich einbilden, sie müssten sich außerdem auch noch um alle anderen kümmern. Das geht nie gut aus. Denken Sie immer daran. Denken Sie an den armen Wil.»
    «An wen?»
    « O.   k. ! Alle zuhören!»
    James Bull-Davies hatte sich aus Alisons Schlangengriff befreit. Er streckte den Arm aus, brach einen morschen Ast von dem Apfelbaum-Mann ab und schlug damit gegen das Cider-Fässchen, als wäre er der Auktionator bei einer Versteigerung.
    «Wir machen es. Habe mich gerade kurz mit den Männern hier unterhalten. Sieben von uns haben ihre Schrotgewehre mitgebracht, und wenn wir hier schon von altem Aberglauben reden, bin ich sicher, dass es auch einen gibt, der besagt, dass es Unglück bringt, seine Waffe nach Hause zu bringen, ohne einen einzigen Schuss abgefeuert zu haben. Miss Devenish – tut mir leid, aber wir werden es machen.»
    Miss Devenish erstarrte, als sich die Männer mit den Gewehrenin einem Halbkreis aufstellten und die Patronen aus ihren Taschen kramten.
    «Müssen wir irgendwas singen oder sagen, Terrence?», dröhnte Bull-Davies.
    «Hier habe ich es, James. Es ist eine Art Sprechchor. Wenn Sie es vorlesen möchten, damit es die anderen nachsprechen können   …»
    «O.   k. Dann geben Sie mal her. Alle anderen zurücktreten. Zurücktreten bitte.»
    Erwartungsvolle Stille breitete sich aus.
    «Gut, ich habe alles getan, was ich konnte», sagte Miss Devenish laut. «Wenn Sie unbedingt die Totenruhe stören wollen, dann tun Sie, was Sie nicht lassen können.»
    Noch während des Sprechens wandte sie ihren Blick von der Lichtung ab. Bull-Davies nahm schulterzuckend das Buch entgegen, räusperte sich und begann zu lesen.
    «Heil dir, oh alter Apfelbaum, vor dem ich mich verneige   …»
    «Heil dir, oh alter Apfelbaum
…», skandierten die Gewehrträger mit geschwellter Brust.
    «…   mit Früchten beladen seien deine Zweige   …»
    «…   mit Früchten beladen seien deine Zweige   …»
    «Das ist eine Provokation, und es wird Ärger geben.» Miss Devenishs große Hakennase zuckte. «Sieht das denn niemand? Großen Ärger.»
    Merrily schüttelte den Kopf. Langsam wurde es ihr zu viel. Schließlich wollten die Männer nicht auf Tiere schießen oder so etwas. Sie würden nur ein paar Pfund Schrot in die Baumkrone jagen, deren Äste vermutlich ohnehin schon so gut wie tot waren.
    «Warum hat er diesen Ast abbrechen müssen? Nur um seine Missachtung zu zeigen, verstehen Sie? Für den Baum und alles, was hier sonst noch existiert.»
    «Na ja», sagte Merrily, «sehr viel scheint das ja nicht gerade zu sein, oder?»
    Miss Devenish zog sich ihren Hut über die Ohren, während die Männer mit den Gewehren weiterskandierten.
    «…   Arme voll, Hüte voll, Karren voller Äpfel   …
    Hussah!
    Hussah!
    Hussah!»
    Dann legten sie die Gewehre an. Merrily fühlte sich einen Moment lang an ein Erschießungskommando erinnert, und Miss Devenish wandte sich ab, als das
Bumm-bumm-bumm
losdröhnte und Schießpulvergeruch durch die Luft

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