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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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langsam zu dumm. «Ich will nicht behaupten, dass ich ihn sonderlich gut kenne, aber Leute, die es tun, sagen, er habe in allem Gott gesehen.»
    «Ganz recht.» Miss Devenish stand auf und drückte sich den Hut auf den Kopf.
    Merrily folgte ihr den Fußweg hinunter und über ein sanft abfallendes Feld in Richtung Dorf. «Sie haben immer noch nicht erklärt   …»
    Lucy ging mit langen Schritten weiter.
    «…   warum das Stück Ihrer Meinung nach in der Kirche aufgeführt werden sollte.» Langsam geriet Merrily außer Atem.
    «Warum? Damit die Wahrheit herauskommt, natürlich. Kein Mensch interessiert sich noch für die Wahrheit. Coffey ist es gleich – er will die Geschichte für seine eigenen Zwecke nutzen. Cassidy ist es gleich – er sieht in der Vergangenheit bloß einen möglichen Werbeträger. Bull-Davies ist es natürlich nicht gleich, aber es geht ihm nur um seinen Ruf, sein Erbe. Seine Familie hat die Wahrheit zweifellos seit Generationen unter dem Deckel gehalten.»
    «Aber wir wissen doch gar nicht, welche Version die Wahrheit ist.»
    «Nein.» Lucy Devenish blieb stehen. «Aber wenn man in der Klärgrube rührt, kommt oft Scheiße hoch.»
     
    «Erzähl mir bloß nicht», sagte Karl, «dass es dir nicht fehlt.»
    Draußen flog eine Taube auf. Lol schwieg. Er saß in seinem blauen Sessel und streichelte die Katze. Eine traurige Gestalt. Genau das war er.
    «Und?» Karl sah sich im Zimmer um, musterte die billige Einrichtung.
    «Ich mache, was du gesagt hast», sagte Lol verzweifelt. «Ich erzähle dir nicht, dass es mir nicht fehlt.»
    «Nein, du bist nicht ehrlich zu dir selbst, Alter.»
    Karl lag in Ethels Sessel und hatte eine der drei Bierdosen in der Hand, die er im Kühlschrank gefunden hatte. Auf der Armlehne des Sessels hatte er seine Tabaksdose deponiert.
    «War doch die beste Zeit damals. Die ganze Aufregung, das Saufen und die Frauen und danach auf die Bühne gehen, high werden von unserer eigenen Musik und am nächsten Tag ein Gig in einer anderen Stadt, und alles geht wieder von vorne los.»
    «Quatsch, so war’s doch gar nicht.»
    «Hör mal, letztes Jahr hab ich zwei Abende für eine Band in Santa Monica Bass gespielt. War gute zwölf Jahre älter als die anderen, aber den Sound habe ich immer noch drauf, und nach dem Konzert   …»
    Lol versuchte, Karls Stimme auszublenden und im Kopf Traherne zu zitieren.
Du kannst die Erde erst dann richtig wahrnehmen, wenn du in den Himmeln erwachst   … wenn du auf sie hinabsiehst
… nein   …
wenn du die Wolken, die Erde und die Lüfte als himmlische Freuden begreifst

    «…   ich sag’s dir, ich hätte die ganze Nacht so weitermachen können. War der Hammer. Hab mir fast den Verstand weggebumst.»
    Lol vergrub seine Finger in Ethels Fell. Sie begann zu schnurren.
Niemals wirst du wahrhaftig Freude an der Welt finden, wenn du nicht die Meere selbst durch deine Adern fließen lässt, dich nicht in die Wolken
des Himmels kleidest und dich mit Sternen bekränzt   … und   … und erkennst, dass du der einzige Erbe dieser Welt bist   … und

    «…   in Hereford übernachtet. War bei Andy im Musikladen, und stell dir mal vor, was ich dort gesehen habe. Zwei junge Mädels, ich sag’s dir, die waren echt sexy, sehen sich die Platten an. Und dann, was suchen sie sich raus? Eine CD. Jetzt rate mal   …
Rate
…»
    Die Welt ist ein Spiegel unendlicher Schönheit, doch niemand nimmt sie wahr   … Ein Ort des Lichtes und des Friedens   … es ist   …
    «Die 96er-Neuauflage. Ich hätte ihnen am liebsten die Füßchen geküsst. Mann, das war ein Zeichen! Die Schnuckis waren womöglich noch nicht mal geboren, als wir die Platte aufgenommen haben. Ihre Mütter haben sich Sicherheitsnadeln sonstwo durchgesteckt und uns für Softies gehalten. Und jetzt, nach all den Jahren ist es so weit. Unsere   … Zeit   … ist   … gekommen, verdammt nochmal. Und das lasse ich mir von niemandem nehmen und von einem Weichei wie dir schon gar nicht. Kapiert?»
     
    Jane schob sich etwas näher an das Fenster. Da Lol im Garten nichts tat, wuchs dort ein richtiger Urwald, und niemand konnte sie von der Straße aus sehen. Aber als die Taube aus der Hecke geflogen war, hatte sie trotzdem beinahe einen Herzinfarkt bekommen.
    Inzwischen war ihr linkes Bein eingeschlafen, doch sie hätte ihren Posten zwischen dem Fenster und der Hecke trotzdem um nichts in der Welt aufgegeben.
     
    «Hör mir doch bitte mal zu», sagte Lol. «Ich kann Texte für

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