Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
Homos?» Er neigte den Kopf. Er wollte sie provozieren.
    «Ich sage nur, Mr.   Coffey», Merrily hielt sich an ihrer Serviette fest, «dass wir, wenn wir über Beleidigungen sprechen   …»
    «Ich habe
genau verstanden
, was Sie gesagt haben. Ich schätze, dass sich ein gewisser Nachfahre des tyrannischen Thomas Bull mittlerweile zu einem Staatsbesuch bei Ihnen herabgelassen hat. Und er ist der Auffassung, dass ich einen Hass gegen ihn und sein gesamtes Geschlecht entwickelt habe, weil der Bastard mich ausgenommen hat wie eine Weihnachtsgans, nachdem er mitbekommen hatte, dass mein Freund Stefan unheimlich gerne in seiner Lodge wohnen wollte.»
    «So ungefähr», gab Merrily zu.
    «Dann erkläre ich Ihnen jetzt mal etwas. Ich betreibe immer umfassende Recherchen. Ich will jedes kleinste Hintergrunddetail des Themas kennen, an dem ich arbeite. Stimmt das, Martin?»
    «Richards Wissensdrang ist geradezu berüchtigt», sagte Creighton brav.
    «Daher habe ich alles gelesen, was über den Fall Williams überliefert ist. Was, wie ich sagen muss, nicht gerade sehr viel ist. Andererseits ist das Wort überliefert vielleicht nicht ganz angebracht. Zugänglich wäre wohl richtiger. Denn es gibt noch andere Dokumente. In einigen Quellen werden beispielsweise die Aufzeichnungen Thomas Bulls erwähnt, die auszugsweise veröffentlicht wurden – und zwar die Teile, die zum Beispiel den Bürgerkrieg oder die Belagerung von Hereford beschreiben. Bull ist für die Historiker sehr interessant, denn obwohl er ein Anhänger der Krone war, bekannte er sich in seinem privaten Leben zum Puritanismus.»
    Merrily erinnerte sich an die strenge Einfachheit der Kleidung von Bulls Grabmalsplastik in der Kirche.
    «So. Als Friedensrichter gehörte es zu Bulls Aufgaben, den Prozess gegen Williams anzustrengen, sofern er der Überzeugung war, dass ausreichende Beweise vorlagen. Wissen Sie, wie alles angefangen hat, Mrs.   Watkins?»
    «Meinen Sie den Mann, der Williams mit Geistern tanzen gesehen haben will?»
    «Nein, nein, davor. Davor wurde der arme Kerl von einem gewissen John Rudge bezichtigt, der übrigens ein vermögender Bauer mit eigenem Landbesitz war, seinem Obstgarten die Grünfäule angehext und damit die gesamte Ernte der Cider-Äpfel zerstört zu haben. Williams hatte, wie es scheint, guten Grund, etwas gegen den allgegenwärtigen Cider-Konsum zu haben, denn er war von einem Betrunkenen angegriffen worden, der in seine Kirche getorkelt kam. Und   …»
    Coffey beugte sich vor. Die Kerzen spiegelten sich in seinen Augen.
    «…   wie wir wissen, war Bull als Puritaner ebenfalls gegen Alkoholund Trunkenheit. Er hatte seinen Pächtern sogar verboten, Cider-Äpfel anzubauen. Daher hätte man erwarten können, dass er auf seinem Kreuzzug für den Puritanismus Wil Williams’ Partei ergriffen hätte, nicht wahr?»
    Merrily nickte bedächtig.
    «Stattdessen aber», sagte Coffey, «scheint Bull mit geradezu hämischer Schadenfreude die Anklage betrieben zu haben. Das legt doch nahe, dass er schon vorher etwas gegen Williams hatte, oder nicht?»
    «Das könnte sein. Aber wie sollten wir das jemals in Erfahrung bringen?»
    «Das ist nur möglich», Coffey breitete die Hände aus, «wenn wir Zugang zu den unveröffentlichten Aufzeichnungen Thomas Bulls bekommen. Die unser aller Freund James Bull-Davies zweifellos in seinem geheimsten Tresor aufbewahrt. Wenn er also das nächste Mal zu Ihnen kommt, um Sie von seiner Meinung zu überzeugen, Mrs.   Watkins, dann schlage ich vor, dass Sie ihn darum bitten, die Angelegenheit aufzuklären, indem er die Aufzeichnungen herausgibt.»
    «Haben Sie denn einen Beweis dafür, dass sie tatsächlich in seinem Besitz sind?»
    «Es würde mich sehr wundern, wenn es nicht so wäre. Und angesichts seiner, mmh, pekuniären Probleme wäre es doch naheliegend, dass er die Aufzeichnungen zur Publikation freigibt. Ich behaupte nicht, dass Thomas Bull ein Dorf-Pepys war, der mit seinem Tagebuch berühmt wurde, aber seine Schilderungen des Bürgerkriegs enthalten überraschende Einsichten. Ich glaube schon, dass Bull-Davies damit ein paar Tausender machen könnte. Es sei denn natürlich, sie würden den Ruf der Familie schädigen.»
    All das ergab einen gewissen Sinn.
    «Oje», sagte Merrily, «ganz schön kompliziert das alles.»
    «Und», sagte Coffey, «hätten Sie etwas dagegen, wenn sich Martin und Mira übers Wochenende ein bisschen in der Kirche umsehen?»
    Das hatten sie natürlich schon längst getan.

Weitere Kostenlose Bücher