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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Verlangen hatte sich einzig, frei zu bewahren, souverän, aller Pflicht ledig, das wäre eine ungeheuerliche Narretei gewesen, an der sie vor Zorn und Scham gestorben wäre. Der Arzt lächelte jedoch gelassen, zuckte die Achseln, behandelte diese Auskünfte als müßige Redereien, versicherte ihr, daß neun unter zehnmal die operierten Frauen sich verjüngen, bis zu fünfzig Jahren frisch bleiben, sich sogar im Gegenteil als noch leidenschaftlicher erweisen, so daß dies sogar als einer der Nachteile der Operation zu betrachten sei.
    An dem Tage, da Mainfroy ihr diese Versicherung gab, hieß Sérafine ihn schweigen, wie von einer schamhaften Verwirrung ergriffen. Aber ihr glühendes Gesicht strahlte.
    »O Doktor, Sie werden mich am Ende dann noch behandeln müssen, um mich zu beruhigen … Ich scherze und lache, aber ich versichere Ihnen, daß ich seit gestern furchtbare Schmerzen ausstehe. Und der Gedanke ist so schrecklich, daß man vielleicht eine tödliche Krankheit mit sich herumträgt… Was wollen Sie? Ich habe große Angst, aber ich gebe nach, Sie werden mich zu Gaude führen, und ich werde mich seinen Händen überlassen, da Sie sagen, daß er Wunder vollbringt.«
    »Gewiß,« sagte Mainfroy. »Alle Zeitungen beschäftigen sich mit seiner letzten Operation. Er hat seit einigen Monaten überwältigende Erfolge aufzuweisen. Sie wissen, daß er diese Arbeiterin Euphrasie, von der ich Ihnen erzählt habe, wiederhergestellt hat. Sie ist jetzt in ihre Häuslichkeit zurückgekehrt, in besserem Wohlbefinden als je, und Ihr Fall scheint mit dem dieser Frau einige Ähnlichkeit zu haben, denn soviel ich gehört habe, hat sie an einer sehr bösartigen Zyste gelitten.«
    »Richtig!« rief Sérafine aus, »ich hatte mir ja vorgenommen, sie zu besuchen und auszufragen. Warten Sie noch, ehe Sie mit Gaude eine Zusammenkunft verabreden, ja?«
    Seit Euphrasie Moineaud mit Auguste Bénard, dem jungen Maurer mit dem lustigen Gesichte verheiratet war, der sich in ihr herbes, mageres Persönchen verliebt hatte, wohnte sie Rue Caroline, in Grenelle, in einem großen Gelasse, das als Küche, Eßzimmer und Schlafzimmer diente. Es befand sich daselbst auch noch ein enges, lichtloses Kabinett, welches später, als nach kaum vierjähriger Ehe drei Kinder gekommen waren, als Schlafraum für die beiden ältesten Mädchen, Zwillinge, benutzt wurde. Die Wiege des Jüngsten, eines Knaben, blieb am Fußende des Bettes der Eltern. Und Euphrasie, die die Fabrik hatte verlassen müssen, da ihr Haus und ihre Kinder sie zu sehr in Anspruch nahmen, vollbrachte hier Wunder an Reinlichkeit, regierte als absolute, furchtbare Herrscherin, der alles gehorchte – als sie infolge ihrer letzten Niederkunft von schrecklichen Schmerzen befallen wurde, die sie fast lähmten. Offenbar hatte sie sich zu früh wieder an die Arbeit begeben. Lange kämpfte sie, brachte ihren Mann zur Verzweiflung, der vor dieser blonden Heuschrecke zitterte, ein so großer starker Mensch er auch war, so sehr unterdrückte sie ihn, schüchterte sie ihn ein mit den Ausbrüchen ihres abscheulichen Temperaments. Endlich entschloß sie sich, ins Spital zu gehen; und nun war sie aus der Klinik des Doktors Gaude operiert und geheilt heimgekehrt. Seit zwei Wochen sprachen die Zeitungen von diesem letzten Triumphe des berühmten Chirurgen, erzählten die rührende Geschichte dieser jungen anständigen Arbeiterfrau, die von einem schrecklichen Leiden war befallen worden, nun vom sicheren Tode gerettet und ihrem Manne und ihren Kindern wiedergegeben war, gesunder und kräftiger als je. Das war das Meisterstück, das überzeugende Beispiel, das allen Damen gegeben wurde, die sich der Operation unterziehen wollten.
    An dem Tage, da, gegen elf Uhr vormittags, Sérafine zu den Bénard kam, um Erkundigungen einzuziehen, fand sie gerade die ganze Familie vereinigt. Bénard, dessen Baustelle sich in der Nähe befand, saß an einer Ecke des Tisches und aß seine Suppe, während Euphrasie den Fußboden kehrte und mit den drei Kleinen zeterte, die immer Unreinlichkeilen verursachten. Und auch Mutter Moineaud war da, gekommen, um auf einen Augenblick nach ihrer Tochter zu sehen, und saß auf dem Stuhlrande mit ihren leidenden und verwischten Zügen, sehr gealtert in diesen letzten Jahren.
    »Ja,« erklärte Sérafine, »ich habe von Ihrer Heilung gehört und wollte Ihnen vorerst dazu gratulieren, da ich mich Ihrer noch aus der Fabrik her erinnere, als Sie noch ganz jung waren; und dann, da ich eine

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