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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Freundin habe, die sich in demselben Falle befindet, wollte ich Sie auch ein wenig ausfragen.«
    Die armen Leute waren von diesem unerwarteten Besuche erdrückt. Sie kannten die Baronin, die Arbeiter der Fabrik hatten sich von ihrem fabelhaften Reichtum und ihrem seltsamen Leben Geschichten erzählt. Nachdem sie sich jedoch herbeigelassen, auf einem Stuhle Platz zu nehmen, setzte sich der Maurer wieder zu Tische, um seine Suppe aufzuessen; während die Moineaude sich auch ihrerseits niedersetzte und wieder in ihr stumpfes Schweigen verfiel.
    »Mein Gott, Madame,« erzählte Euphrasie, noch immer stehend, auf ihren Besen gestützt, »so viel steht fest, daß die Sache nicht übel abgelaufen ist. Ich wollte ja erst nicht ins Spital gehen, weil der Doktor Boutan, der uns oft umsonst behandelt hat, mir gesagt hat, nachdem er mich untersucht hatte, daß ich auch zu Hause gesund werden könnte, mit viel Geduld und Vorsicht. Nur, abgesehen davon, daß ich immer auf mich hätte achtgeben müssen, empfahl er mir besonders, nichts zu arbeiten; und wie hätte ich das machen sollen, da ich einen Mann und Kinder habe? So daß ich mich eines schönen Tages, als ich stärkere Schmerzen hatte als je, entschlossen habe.«
    »Und die Operation hat sogleich stattgefunden?« fragte Sérafine.
    »O nein, Madame, damals war sogar nicht einmal die Rede davon. Das erstemal, als man mir davon gesprochen hat, war ich ganz entrüstet und wollte sogleich fort, denn ich habe gedacht, daß sie mich verstümmeln werden, und daß mein Mann sich vor mir ekeln würde. Aber die Herren haben darüber gelacht und haben schließlich gesagt, wenn ich lieber sterben wollte, so wäre das meine Sache. Acht Tage noch haben sie mich so gelassen und haben mir wiederholt, daß ich in einem Monat sicher tot sein werde. Sie begreifen, daß es nicht angenehm ist, einen solchen Gedanken mit sich herumzutragen, und daß man sich schließlich lieber Arme und Beine abschneiden ließe; um so mehr als, wie ich von ihnen verlangt habe, sie sollen mir sagen, was sie mir tun wollen, sie mir nichts geantwortet haben; oder eigentlich, sie haben davon gesprochen wie von einer ganz unbedeutenden Sache, die alle Tage ausgeführt wird, und wobei man nicht einmal einen Schmerz fühlt. Und dann haben Sie keine Ahnung, wie viele Frauen sich dazu verstehen – drei oder vier jeden Morgen hat man sie in den Saal hineingebracht und dann wieder herausgebracht und gesagt, daß sie geheilt sind… Und so habe auch ich mich dazu verstanden, ja, aus freien Stücken, und heute bin ich sehr froh, daß es geschehen ist.«
    »Trotz alledem,« fiel Bénard mit vollem Munde ein, »hätten sie mir an dem Sonntag, wo ich eine Stunde bei dir war, sagen sollen, daß sie dir alles wegnehmen wollen. Das ist eine Sache, will mir scheinen, die den Mann auch angeht, und so was sollte nicht geschehen, ohne daß man seine Einwilligung verlangt hat. Du selber hast nichts gewußt, und du bist ganz verblüfft gewefen, wie du gehört hast, daß du nichts mehr hast.«
    Euphrasie hieß ihn mit einer ärgerlichen Gebärde schweigen.
    »Ja, ich hab’s gewußt. Das heißt, sie haben es mir nicht so deutlich gesagt. Aber ich habe wohl gesehen, was mit den andern geschehen ist, und habe mir schon gedacht, daß ich nicht ganz zu dir zurückkommen werde. Was willst du? Ein bißchen mehr, ein bißchen weniger, was hat das zu sagen, da man es nicht sieht? Mir ist das lieber als ein Schnitt in die Wange.«
    Aber er fuhr fort zu brummen, über seinen Teller gebeugt.
    »Ich bin nicht dieser Ansicht. Sie hätten es mir sagen sollen. Sie hätten vor allem dir erklären sollen, daß du, da sie dir alles wegnehmen werden, keine Kinder mehr haben wirst.«
    Und er begann wieder zu essen, unter dem Sturm, den er entfesselt hatte.
    »Schweig, oder du machst mich wieder krank! Haben wir nicht genug mit drei Kindern? Glaubst du, ich hätte eine ganze Schar kriegen wollen, wie diese arme dumme Mutter da sich dazu hergegeben hat? Wie, Madame, sind drei Kinder für arme Leute wie wir nicht genug?«
    »Du lieber Gott,« rief Sérafine heiter, »das sind schon drei zu viel!… Und ist denn die Operation schmerzhaft?«
    »Man weiß nichts davon, Madame, da man schläft. Wenn man aufwacht, ist es nicht angenehm, aber es ist erträglich.«
    »Sie sind also nun geheilt?«
    »Ja, geheilt, so hat man mir gesagt. Früher habe ich in den Weichen und den Schenkeln Schmerzen gehabt, daß ich habe schreien müssen. Jetzt habe ich nur von Zeit zu

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