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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Angelin in tiefer Beratung mit Madame Bourdieu eingeschlossen. Constance hatte ihren Namen nicht genannt, spielte lediglich die Rolle der Freundin, die eine Freundin bei einer Besorgung delikater Natur aus Gefälligkeit begleitet. Aber die Hebamme erriet mit dem Instinkt ihres Berufes in dieser so neugierigen Dame, die sie mit seltsamen Fragen überschüttete, eine mögliche Klientin. Es hatte eine traurige Szene gegeben, als die Hebamme, des verzweifelten Drängens Madame Angelins müde, in der Erkenntnis, daß sie sie anständigeimeise nicht länger in falschen Hoffnungen wiegen könne, ihr endlich zu verstehen gegeben hatte, daß jede weitere Behandlung ihr nutzlos scheine. Die bedauernswerte Frau zerfloß in Tränen, ihre Unfruchtbarkeit beweinend, während Constance lebhaft ihre Überraschung kundgab, Aufklärungen verlangte, erstaunt, erschreckt, daß so etwas bei einer Frau ihres Alters möglich sei. Hierauf hatte Madame Bourdieu selbstgefällig ihre Methode gepriesen, hatte außerordentliche Fälle erwähnt, zwei Damen genannt, die es ihr zu verdanken hatten, daß sie im Alter von über fünfzig Jahren noch schwanger geworden waren. Gott sei Dank, die Mehrzahl der Fälle seien heilbar, sie erziele achtmal unter zehn einen Erfolg, und es bedürfe wirklich seltener Komplikationen, daß sie sich besiegt erkläre. Die Tränen Madame Angelins verdoppelten sich in ihrer Verzweiflung darüber, daß sie zu dieser kleinen Zahl Unglücklicher gehörte. Constance bemühte sich vergeblich, ihr Trost zuzusprechen; sie selbst war von der Konsultation sehr erleichtert: mit fünfzig Jahren noch Kinder, da hatte sie noch zehn Jahre, wenn sie andern Sinnes werden sollte. Und sie machte der Hebamme Zeichen, um sie zu bitten, barmherzig gegen ihre Freundin zu sein und sie noch weiter in der Täuschung zu lassen.
    Als daher die Damen sich erhoben und sie sie begleitete, wollte Madame Bourdieu ihre trostlose Diagnose abschwächen. Sie war nun zweiundvierzig Jahre alt und war dick geworden, hatte aber noch immer ihr heiteres, rundes Gesicht, das zu ihren Erfolgen so viel beitrug. Sie sagte liebenswürdig: »Ich muß Ihnen sagen, geehrte Frau, daß Sie dazu geschaffen sind, um Dutzende von Kindern zu haben. Wahrscheinlich haben Sie zu lange gewartet, das Organ hat sich verlegt, ich vermute eine Entartung. Aber ich hatte vorhin unrecht, man soll nie die Hoffnung aufgeben. Wir könnten es jetzt vielleicht mit Elektrisieren versuchen. Kommen Sie wieder zu mir.«
    Auf dem Treppenvorplatz befanden sich in diesem Augenblicke noch Mathieu und Cécile in lebhaftem Gespräch mit Norine, deren Kind in ihren Armen schlief wie ein Engel. Sie waren im Begriffe, über die sofortige Mietung eines Zimmers zu beraten, als Constance und Madame Angelin erschienen. Sie waren so überrascht, ihn hier, in Gesellschaft dieser zwei Mädchen, zu finden, daß sie sich stellten, als sähen sie ihn nicht. Aber infolge einer Gedankenverbindung erkannte Constance plötzlich Norine, denn es war ihr nicht unbekannt, daß er ihrem Manne seinerzeit als Mittler gedient hatte. Und eine Empörung sprang in ihr auf, eine fieberhafte Folge wilder Vorstellungen: Was tat er in diesem Hause? Von wem war das Kind, das dieses Mädchen wieder auf dem Arme trug? Jenes andre erhob sich aus der Vergangenheit, sie sah es im Polster wie dieses, sie verwechselte sie, wußte nicht mehr, ob es nicht dasselbe sei, das sie da vor Augen hatte. Und ihre ganze Freude über die hoffnungsvollen Aussprüche Madame Bourdieus war verdorben, sie ging voll Zorn und Scham fort, wie beschmutzt und bedroht von den ungewissen Schändlichkeiten, die sie seit einiger Zeit um sich fühlte, ohne zu wissen, woher der kalte Hauch kam, unter dem sie erschauerte. Mathieu, der sah, daß weder Norine noch Cécile Madame Beauchêne unter ihrem Schleier erkannt hatten, fuhr ruhig fort, der ersteren zu erklären, daß er sich damit befassen werde, ihr bei der Armenverwaltung eine Wiege und Kinderwäsche sowie eine sofortige Unterstützung zu verschaffen, da sie jetzt ihr Kind behalten und es selber nähren wolle. Dann wolle er ihr einen Beitrag von etwa dreißig Franken monatlich auf wenigstens ein Jahr erwirken. Das würde für sie beide eine starke Hilfe sein, besonders für den Anfang ihres Haushaltes zu dreien in dem Zimmer, dessen Mietung eben beschlossen worden war. Und als er hinzufügte, daß er die Spesen für die Möbel und die Einrichtung auf sich nehme, fiel ihm Norine um den Hals.
    »Es ist vom

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