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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Kaninchen, die uns vorbeikommen sehen, sind stumm vor Verblüffung und Bewunderung.«
    Sie lachten wieder und begannen wieder alle das Lied Aschenbrödels auf dem Wege zum Schlosse des Prinzen zu singen.
    Als sie die Brücke über die Yeuse erreichten, begannen die ersten großen Tropfen zu fallen. Die blauschwarze Wolke, von einem heftigen Sturme gejagt, eilte unter starkem Brausen am Himmel herauf. Die Tropfen vergrößerten sich im Nu und ein solcher Gußregen brach los, daß das Wasser in kompakten Massen herabstürzte, als ob da oben eine gewaltige Schleuse gerissen wäre. Man konnte nicht zwanzig Meter weit sehen. In weniger als zwei Minuten war die Straße in einen Fluß verwandelt.
    In dem Zuge entstand nun eine allgemeine Flucht. Man erfuhr erst später von dem Glück der Nachhut, die, nahe dem Hause eines Bauern von dem Regen überrascht, sich in aller Ruhe dahinein flüchtete. Die in dem Break schlossen einfach die Vorhänge und hielten unter einem an der Straße stehenden Baume, aus Furcht, daß die Pferde scheu werden könnten. Sie riefen den Radfahrern an der Spitze zu, auch anzuhalten, nicht so töricht zu sein, einer solchen Überschwemmung Trotz zu bieten; aber ihre Stimmen wurden von dem Rauschen des Wassers übertönt. Die Mädchen und der Page waren jedoch selber so klug, hinter einer dichten Hecke mit ihren Maschinen Schutz zu suchen. Aber die beiden Verlobten vor ihnen fuhren unaufhaltsam weiter.
    Frédéric, der Besonnenere von beiden, war vernünftig genug zu sagen:
    »Das hat ja keinen Sinn. Sitzen wir ab wie die andern, bis das Unwetter vorüber ist.«
    Aber Rose, in ihrer glücklichen Erregung, in ihrem Freudenfieber unempfindlich gegen den vom Wind gepeitschten Regen, erwiderte nur:
    »Bah, naß sind wir nun einmal. Wenn wir anhalten, können wir uns erst recht verderben. Vorwärts, vorwärts! In drei Minuten sind wir zu Hause und wir werden alle diese Nachzügler auslachen, wenn sie eine Viertelstunde nach uns ankommen.«
    Sie hatten die Brücke hinter sich und flogen Seite an Seite dahin, obgleich die Straße hier einen guten Kilometer lang unter den hohen Pappeln steigend hinzog.
    »Ich sage dir, wir haben unrecht,« wiederholte er. »Sie werden mich ausschelten, und mit gutem Grunde.«
    »Ach was!« rief sie, »ich unterhalte mich zu gut! Das ist lustig, so ein Bad auf dem Rade. Laß mich allein, wenn du mich nicht genug liebst, um mir zu folgen!«
    Er folgte ihr, hielt sich dicht an ihrer Seite, suchte sie ein wenig gegen den in schiefen Linien herabtreibenden Regen zu schützen. Es war eine tolle Fahrt, wie die beiden nun Ellbogen an Ellbogen hinflogen, wie fortgetragen durch all dieses sausende, brausende, wütende Wasser. Es schien, als ob das Gewitter sie mit seinem Donner vor sich her schleuderte. Im Augenblick, wo sie im Hofe von ihren Rädern sprangen, hörte der Gußregen plötzlich auf, der Himmel wurde wieder blau.
    Rose, sehr rot und außer Atem, lachte ausgelassen; sie war so durchnäßt, daß das Wasser von ihren Kleidern, ihren Haaren, ihren Händen troff, als hätte eine Quellenfee ihre Urne über sie ausgegossen.
    »Was, eine schöne Bescherung? Alles eins, wir sind doch die ersten!«
    Sie eilte davon, um sich zu kämmen und die Kleider zu wechseln. Aber sie gestand nicht, daß sie, in ihrer hastigen Beflissenheit, alles zum Kochen der Krebse vorzubereiten, sich nicht einmal Zeit genommen hatte, trockene Wäsche anzuziehen. Sie wollte, daß noch vor dem Eintreffen der Familie das Wasser auf dem Feuer stehe, mit dem Weißwein, den Karotten und Gewürzen für die kurze Brühe. Sie eilte hin und her, fachte das Feuer, erfüllte die Küche mit ihrer frohen Geschäftigkeit, glücklich, ihre Hausfrauenkenntnisse zeigen zu können; während ihr Verlobter, der ebenfalls herabgekommen war, ihr in stummer Bewunderung mit den Augen folgte.
    Als endlich die übrigen eingetroffen waren, die vom Break und auch die Fußgänger, gab es eine lebhafte Auseinandersetzung, denn die Eltern waren wirklich böse, so hatte diese Fahrt durch das Gewitter sie beunruhigt.
    »Meine liebe Rose,« wiederholte Marianne, »das war höchst unvernünftig. Hast du wenigstens die Wäsche gewechselt?«
    »Ja, ja,« sagte Rose. »Wo sind die Krebse?«
    Mathieu seinerseits machte Frédéric Vorwürfe.
    »Ihr hättet euch den Hals brechen können, abgesehen davon, daß eine solche kalte Dusche, wenn man erhitzt ist, nichts weniger als gesund ist. Du hättest sie abhalten sollen.«
    »Ja, aber sie wollte

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