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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ihr doch, daß es unsinnig ist, wenn sie sich so aufregt. Ich werde sie wahrlich nicht umbringen. Es ist doch komisch, welche Freude sie hat, mich wiederzusehen. Und ich mache doch keinen Lärm, ich habe dem Hausmeister unten nichts gesagt, ich versichere Ihnen.«
    Als dann Cécile, ohne zu antworten, zu Norine hinging, um sie zu trösten, wandte er sich wieder dem Knaben zu, der ebenfalls von Furcht ergriffen und sehr blaß war, als er seine beiden Mütter so traurig sah.
    »Der Kleine da ist also mein Bruder?«
    Norine sprang plötzlich auf und stellte sich zwischen das Kind und ihn. Eine wahnsinnige Furcht hatte sie erfaßt vor irgendeiner Katastrophe, irgendeinem Zusammenbruch, der sie zerschmettern würde. Sie hätte sich gerne nicht schlechten Herzens gezeigt, sogar gute Worte finden mögen. Aber sie verlor den Kopf, geriet außer sich in einem Aufwallen von Empörung, Widerwillen und Feindseligkeit.
    »Sie sind hergekommen, das kann ich verstehen. Aber, es ist so hart, was kann ich tun? Nach so vielen Jahren kennt man sich nicht mehr, man hat sich nichts zu sagen… Und dann, Sie sehen wohl, ich bin nicht reich.«
    Alexandre ließ wieder den Blick unruhig um das Zimmer schweifen.
    »Ich sehe wohl. Und mein Vater, können Sie mir seinen Namen sagen?«
    Sie war betroffen, sie wurde noch bleicher, während er fortfuhr: »Denn wenn mein Vater Moneten hätte, so würde ich ihn zu zwingen wissen, mir welche zu geben. Man wirft die Kinder nicht nur so auf die Straße.«
    Plötzlich stand die Vergangenheit vor ihr, Beauchêne, die Fabrik, der Vater Moineaud, der diese nunmehr verlassen hatte, während sein Sohn Victor noch dort arbeitete. Und die Furcht vor diesem verdächtigen Burschen, der den Stempel der Faulheit und des Lasters trug, erweckte in ihr einen klugen Instinkt, den Gedanken, daß, wenn sie den Namen Beauchêne verriet, sie vielleicht durch die schrecklichen Verwicklungen, die daraus folgen könnten, ihr ganzes glückliches Leben gefährde.
    »Ihr Vater ist seit langem tot.«
    Offenbar wußte er nichts, hatte er in dieser Richtung nichts erfahren, denn er argwöhnte nichts, so viel entschlossenen Nachdruck hatte sie in ihre Behauptung gelegt. Er machte nur eine heftige Gebärde, um seinen Zorn darüber auszudrücken, daß die raubgierige Hoffnung, die er an diesen Weg geknüpft, getäuscht wurde.
    Norine hatte in ihrer Fassungslosigkeit keinen andern Wunsch, als daß er nicht mehr da sei, daß er sie nicht länger mit seiner Gegenwart quäle, so war ihr armes, blutendes Herz zugleich von Reue, Mitleid, Abscheu und Schrecken erfüllt. Sie öffnete eine Lade und nahm ein Zehnfrankenstück heraus, die Ersparnis von drei Monaten, die sie zu einem Weihnachtsgeschenk für das Kind bestimmt hatte. Und indem sie es Alexandre gab, sagte sie: »Hören Sie, ich kann nichts für Sie tun. Wir leben zu dritt in diesem Zimmer, wir haben kaum Brot. Es macht mir viel Kummer, Sie unglücklich zu sehen. Aber Sie können nicht auf mich rechnen. Machen Sie es wie wir, arbeiten Sie.«
    Er steckte die zehn Franken ein und sagte mit linkischen Gebärden, daß er nicht deshalb gekommen sei, daß er wohl sehe, wie die Sachen stünden. Er sei gut gegen die Leute, wenn die Leute gegen ihn gut seien. Und er wiederholte, daß er nicht die Absicht habe, Skandal zu machen, da sie freundlich mit ihm umgehe. Eine Mutter, die teile, erfülle ihre Pflicht, und wenn sie auch nur zehn Sous gäbe.
    Als er sich dann endlich zum Gehen wendete, fagte er noch: »Wollen Sie mir nicht einen Kuß geben?«
    Sie küßte ihn mit kalten Lippen und totem Herzen. Und auf den Wangen behielt sie einen leichten Schauer von den zwei schallenden Küssen, die er mit übertriebener Zärtlichkeit darauf drückte.
    »Und auf Wiedersehen, nicht wahr? Wenn wir auch arm sind und nicht beisammen wohnen können, so wissen wir nun doch, daß wir existieren. Und das wird mich nicht hindern, von Zeit zu Zeit heraufzukommen und guten Tag zu sagen.«
    Als er draußen war, blieben die Frauen in langem Schweigen unter dem Druck der Verzweiflung, die seine Anwesenheit zurückgelassen hatte. Norine war auf einen Sessel gesunken, wie von der Katastrophe zerschmettert. Ihr gegenüber saß Cécile, ebenfalls niedergedrückt. Sie unterbrach zuerst die traurige Stille, die nun in diesem Zimmer herrschte, das noch diesen Morgen von ihrem Glück erfüllt gewesen war, und sie gab ihrem Erstaunen, ihrem Protest Ausdruck.
    »Aber du hast ihn ja gar nichts gefragt, wir wissen gar nichts

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