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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Kinder beiderlei Geschlechtes betraf, so sollten sie sich bunt anreihen, wohin Zufall oder frohe Wahl sie verschlug.
    Dann kamen sie vom Morgen an in Scharen aus allen vier Weltgegenden herbei, strömten wieder in dem gemeinsamen Familienneste zusammen, von welchem aus sie sich zerstreut hatten. Aber ach! Der Tod hatte schon viele abgemäht, viele konnten nicht mehr kommen. Abgeschiedene ruhten, von Jahr zu Jahr in größerer Zahl, auf dem kleinen stillen, blumigen Friedhofe von Janville, der in so lindträumerischer Einsamkeit dalag. Neben Rose, neben Blaise, die als erste hingegangen waren, hatten schon viele andre sich hier zum ewigen Schlafe gebettet, hatten ein jedes ein Stück Herz der Familie mitgenommen und aus dieser heiligen Erde eine Stätte des Kultus unvergänglicher Erinnerung gemacht. Zuerst hatte Charlotte, die schon lange leidend gewesen, sich Blaise zugesellt, glücklich, ihre Tochter Berthe als ihre Stellvertreterin bei Mathieu und Marianne zurücklassen zu können, die von diesem Verluste ins Herz getroffen waren, als ob ihnen ihr Sohn zum zweitenmal gestorben wäre. Dann war ihre Tochter Claire dahingegangen, den Hof ihrem Manne, Frédéric, und ihrem Bruder Gervais überlassend, der im Jahre darauf ebenfalls Witwer geworden war. Hierauf hatten sie ihren Sohn Grégoire verloren, den Mühlenbesitzer, dessen Witwe Thérèse dort noch immer in der Mitte einer großen Nachkommenschaft herrschte. Dann war noch eine ihrer Töchter, die gute Marguerite, die Frau des Doktors Chambouvet, an der Bräune gestorben, infiziert von zwei Kindern einer armen Arbeiterin, die sie bei sich aufgenommen hatte. Und die andern Verluste waren nicht mehr zu zählen, die Männer und Frauen, die in die Familie geheiratet hatten, und die Kinder besonders, der Tribut an das Unglück, die Opfer der Stürme, welche über die menschliche Ernte hinfahren, alle die verschwundenen teuren Wesen, denen die Lebenden nachweinen und die die Erde heiligen, in der sie ruhen.
    Aber wenn die teuren Toten da unten in dem großen Schweigen ruhten, welch froher Lärm, welcher Jubel des Lebens an diesem Morgen auf den Straßen, die nach Chantebled führten! Es kamen immer mehr hervor als starben, eine Blüte neuer Wesen schien jedem Tode zu entsprießen. Zu Dutzenden wuchsen sie aus dem Boden hervor, in welchen ihre Väter, ermattet vom guten Tagewerke, sich zur Ruhe gelegt hatten. Und sie kamen nun von allen Seiten herbei, wie die Schwalben, die im Frühling glücklich ihre Nester wieder aufsuchen, die blaue Luft mit der Freude über ihre Wiederkehr erfüllend. Unaufhörlich brachten Wagen neue Gäste in den Hof, immer neue Ehepaare mit Scharen von Kindern, deren blondköpfige Flut immer mehr anschwoll. Urgroßväter mit schneeigen Haaren führten ganz Kleine, die noch kaum gehen konnten. Junge Mädchen von blühender Frische halfen alten Damen aus dem Wagen. Mütter waren wieder schwanger, Väter hatten den hübschen Gedanken gehabt, die Verlobten ihrer Töchter mitzubringen. Alle waren sie miteinander verwandt, miteinander verschwägert in unlösbarer Verflechtung, Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Schwiegerväter, Schwiegermütter, Schwäger, Schwägerinnen, Söhne, Töchter, Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen in allen Graden, in allen erdenkbaren Mischungen, bis in die vierte Generation. Alle bildeten sie eine einzige Familie, ein einziges kleines Volk, welches der glück und stolzerfüllte Gedanke vereinigte, dieses so seltene und herrliche Fest der diamantenen Hochzeit zu feiern, der Hochzeit der beiden glorreichen Helden des Lebens, aus denen dieses ganze Volk entsprossen war. Und wie sie alle aufzählen, wie sie alle nennen, die da in den Hof einzogen, wie ihre Namen, ihre Alter, ihre Verwandtschaftsgrade angeben, wie ermessen, mit wie viel Kraft, Gesundheit und Hoffnung sie die Welt bereicherten!
    Zuerst die vom Hofe selbst, die hier gewurzelt hatten und hier aufgewachsen waren. Gervais, zweiundsechzig Jahre alt, wurde unterstützt von seinen beiden ältesten Söhnen Léon und Henri, die ihrerseits schon Väter von zusammen zehn Kindern waren; und seine drei Töchter, Mathilde, Léontine, Julienne, jünger als die Söhne, die in der Umgebung verheiratet waren, hatten zusammen zwölf. Frédéric, der Witwer nach Claire, fünf Jahre älter als Gervais, hatte seinen Platz als treuer Gehilfe an seinen Sohn Joseph abgetreten, während seine beiden Töchter, Angèle und Lucile, ebenso wie sein jüngster Sohn, Jules, ebenfalls auf dem

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