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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Gute dienten und alle vier zusammen eine kleine Schar von fünfzehn Kindern, Knaben und Mädchen, ihr eigen nannten. Von denen, die von auswärts kamen, waren die von der Mühle die ersten: Thérèse, die Witwe Grégoires, führte ihre Nachkommen herbei, ihren Sohn Robert, der nun die Mühle unter ihrer Aufsicht leitete, ihre drei Töchter, Geneviève, Aline und Natalie, mit einem ganzen Gefolge hinter sich, zehn Kindern ihrer Töchter und vieren des Sohnes. Dann kamen Louise, die Frau des Notars Mazaud, Madeleine, die Frau des Architekten Herbette, gemeinsam mit dem Doktor Chambouvet, Witwer nach der guten Marguerite, alle drei gefolgt von je einem fröhlichen kleinen Trupp, die erste mit vier Töchtern, wovon Colette die älteste, die zweite mit fünf Söhnen, an deren Spitze Hilaire, der dritte mit nur einem Knaben und einem Mädchen, Sebastien und Christine; und alle diese verzweigten sich wieder weiter, hinter ihnen wuchsen schon zwanzig Urenkel hervor. Aber nun zog Paris heran, Denis und Marthe erschienen mit großem Gefolge: Denis, bald siebzig Jahre alt, Urgroßvater durch seine Töchter Hortense und Marcelle, der köstlichen Ruhe nach vollbrachter Arbeit genießend, seitdem er die Fabrik seinen Söhnen Lucien und Paul übergeben hatte, Männern von über vierzig Jahren, deren Söhne ihrerseits auf dem Wege zu allen Erfolgen waren – ein ganzer erobernder Stamm, der fünf Wagen entstieg, die Eltern, die vier Kinder, die fünfzehn Enkel, die drei Urenkel, wovon zwei noch im Polster. Und als letzte kamen endlich das kleine Volk Ambroises, der den Schmerz erfahren hatte, seine Frau Andrée frühzeitig zu verlieren, der aber selbst noch so frisch geblieben war, daß er mit siebenundsechzig Jahren noch sein Kommissionshaus leitete, wo seine Söhne, Léonce und Charles, einfache Angestellte waren, wo seine Schwiegersöhne, die Gatten seiner Töchter Pauline und Sophie, vor ihm zitterten – ein unumschränkter Herrscher, dem alles gehorchte, Großvater von sieben schon erwachsenen Enkeln und neun prächtigen Enkelinnen, von denen vier ihn schon zum Urgroßvater gemacht hatten, noch ehe selbst Denis, der Philosoph, sein älterer Bruder, diese Würde erreicht hatte. Diese Gruppe kam in sechs Wagen. Der Aufzug hatte zwei Stunden gedauert, und der Hof war nun erfüllt von einer frohen, lachenden, glücklichen Menge, auf welche die helle Junisonne wohlwollend niederstrahlte.
    Mathieu und Marianne hatten sich indes noch nicht gezeigt. Ambroise, der der oberste Ordner des Festes war, hatte ihnen das Versprechen abgenommen, daß sie in ihrem Zimmer bleiben würden, gleich gekrönten Häuptern, die ihrem Volke unsichtbar sind, bis er sie holen würde. Er wollte, daß sie in feierlicher Weise erschienen. Und als endlich das ganze Volk versammelt war und er den Augenblick für gekommen erachtete, fand er an der Tür, sie bewachend gleich einem Leibgardisten, seinen Bruder Benjamin. Inmitten all der Fruchtbarkeit dieses Stammes, der mit so außerordentlichem Eifer arbeitete und sich vermehrte, war Benjamin der einzige Müßige, der einzige Unfruchtbare geblieben. Mit dreiunvierzig Jahren ohne Frau, ohne Kinder, lebte er nur für das Glück des Elternhauses, als Kamerad seines Vaters, als leidenschaftlicher Verehrer seiner Mutter, welche beide dem liebenden Egoismus nachgegeben hatten, ihn für sich allein zu behalten, indem sie sagten, daß das Leben, dem sie so viele Wesen geschenkt hatten, ihnen wohl dieses zum Geschenk machen könne, diesen letzten der Schar. Zuerst hatten sie nichts dagegen eingewendet, daß er heirate; aber als sie dann sahen, daß er zögerte, daß er jede Frau zurückwies, nachdem er die einzige verloren, die er geliebt hatte, empfanden sie darüber eine große geheime Freude. Dennoch hatten allmählich uneingestandene Selbstvorwürfe sie zu quälen begonnen, darüber, daß sie selbstsüchtig des Glückes seiner Gemeinschaft genossen wie eines vergrabenen Schatzes, an dem ihr nach einem so verschwenderischen Leben geizig gewordenes Alter sich ergötzte. Litt ihr Benjamin nicht darunter, daß er um ihrer Freude willen so eifersüchtig behütet, innerhalb der vier Wände ihres Hauses verschlossen wurde? Er war immer träumerisch und melancholisch gewesen, seine schönen Augen schienen stets das Jenseits der Dinge zu suchen, das unbekannte Land der vollkommenen Befriedigung, dort drüben hinter dem Horizont. Und nun, da das Alter kam, da er nicht mehr jung war, schien sein seelisches Leid zu wachsen, als

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