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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wieder Zank gegeben.
    Der Kaffee und die Liköre wurden auf einem andern Tische des großen Raumes gereicht, nachdem der Haushofmeister den Eßtisch rasch abgedeckt hatte. Valentine streckte sich abermals mit ihrer leidenden Miene auf die Felle eines Diwans, indem sie ihre Gäste bat, sich selbst zu bedienen, da sie ihrer Hausfrauenpflicht nicht nachkommen könne. Marianne bot sich jedoch sogleich als Stellvertreterin an, und machte mit fröhlicher Liebenswürdigkeit die Wirtin, glücklich, wie sie sagte, daß sie ein wenig stehen könne. Nach dem Kaffee goß sie Kognak in die Gläschen, und die Herren erhielten die Erlaubnis, zu rauchen.
    »Ah, mein Lieber,« sagte Santerre plötzlich, sich an Séguin wendend, »Sie können sich nicht vorstellen, welch schönen Operationen ich dieser Tage in der Klinik des Doktors Gaude beigewohnt habe.«
    Aber er wurde durch einen neuen Besuch unterbrochen. Die Baronin de Lowicz ließ anfragen, wie sich Madame befinde. Und als sie gebeten wurde, heraufzukommen, lief sie auf Valentine zu, umarmte sie und rief: »Ich wollte Sie nicht stören, meine Liebe. Aber ich bin doch sehr erfreut, daß ich Sie sehen kann, und versichere Ihnen, daß ich Sie aus ganzem Herzen beklage.«
    Sie fand sich übrigens, wie sie hinzufügte, unter lauter guten Bekannten, und teilte an alle Anwesenden Händedrücke aus. Es schien Mathieu, als sei der, den sie ihm gab, besonders bedeutungsvoll, ein fester und kurzer Druck, begleitet von dem spöttischen Lächeln, mit dem sie ihn verfolgte, seitdem er sie zurückgewiesen hatte. Und unverkennbar drückte auch ihr Gesicht die geringschätzige Ironie aus, die schon die Züge Santerres überflogen hatte, sobald sie einen raschen Blick auf die beiden schwangeren Frauen geworfen hatte, die da in traulicher Gemeinschaft beisammen saßen. Der Anblick schien sie ungemein zu erheitern, während sie sich, in ihrer ganzen herausfordernden Schönheit aufrichtete, mit ihrer schlanken Taille, ihrem großen, schmiegsamen und üppigen Körper. Nie hatte sie ein Leben ungebundeneren Genusses geführt, ohne sich um etwas andres zu kümmern, als die bestempfangene, die umworbenste Frau von Paris zu sein.
    Sie beglückwünschte Marianne, ihre Cousine: »Nun also, meine Liebe, Sie müssen sich ja glücklich fühlen; Sie haben nun beinahe fünf, und werden bald an das sechste denken können. – Nein, nein, ich versichere Ihnen, ich spotte nicht. Ich finde es ganz begreiflich, daß man, wenn man die Kinder liebt, auf das Dutzend lossteuert.«
    »Zwölf Kinder,« sagte Marianne mit ihrem ruhigen Lächeln, das ist mein Ziel, das ist die Zahl, die ich mir vorgesetzt habe.«
    »Großer Gott!« ächzte Valerine. »Ich schwöre, daß ich nie mehr eins haben werde, wenn ich an diesem nicht sterbe!«
    Séguin, der fortfuhr, spöttisch zu lächeln, wollte das von Santerre angeschlagene Thema wieder aufnehmen, das durch die Ankunft der Baronin unterbrochen worden war.
    »Sie sagten, daß sie auf der Klinik des Doktor Gaude interessanten Operationen beigewohnt haben?«
    Aber die Baronin fiel wieder mit großer Lebhaftigkeit ein.
    »Doktor Gaude! Sie kennen ihn? Oh, bitte, Monsieur, erzählen Sie mir von ihm! Ich höre überall, daß das ein Wundermann sein soll.«
    Der Schriftsteller lächelte wohlgefällig. »Ein Wundermann, das ist das Wort. Ich bedurfte einiger Notizen für eine Studie, und habe sieben oder acht Operationen beiwohnen können. Im übrigen wissen sie wohl, daß sie sehr besucht sind, man geht dahin wie in ein Theater, ich habe das ganze Paris der Premieren da getroffen, selbst auch einige Damen. – Also dieser Gaude nimmt eine Frau, zwei Frauen, drei Frauen vor, und mit einer außerordentlichen Virtuosität, mit einer Bravour, die man sich versucht fühlt, zu applaudieren, nimmt er ihnen alles, aber auch alles, im Handumdrehen, ohne daß es ihnen irgend etwas schadet, wie er sagt. Es ist verblüffend.«
    Das Gesicht Sérafinens hatte sich vor Bewunderung gerötet; und sich an Valentine wendend, die ebenfalls gierig zugehört hatte: »Wie, meine Liebe, das macht einem Lust, es auch zu versuchen, um nie mehr in die Lage zu kommen, in der Sie sich befinden! Ein Zauberer, so hat man ihn mir gegenüber genannt. Und hübsch auch, wie es heißt, immer gesund und guter Laune. Das ist ein Mann!«
    »Aber,« fragte Mathieu, der erbebt war, »die Frauen, die er operiert, sind doch krank?«
    »Ohne Zweifel,« erwiderte Santerre, dessen ironische Heiterkeit durch diese Frage vermehrt

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