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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Monat der Schwangerschaft befand, hatte bis jetzt ihren Zustand zu verbergen vermocht, indem sie sich bis zum Ersticken schnürte, denn sie fürchtete, von ihrem Vater geschlagen und aus der Fabrik gejagt zu werden. Aber ihre Schwester, die mit ihr schlief, wußte notwendigerweise von ihrem Geheimnis, und in ihrer Bosheit und Niedrigkeit, in der haßerfüllten Eifersucht, mit der sie sie stets verfolgte, scheute sie nicht davor zurück, bissige Anspielungen laut werden zu lassen, die Norine mit der zitternden Angst erfüllten, daß sie eines Tages alles verraten könnte. Morgens und abends weinte das schöne Mädchen bittere Tränen, daß sie so töricht gewesen war, sich von einem Manne verführen zu lassen, der sie wegwarf, und gegen den sie sich nicht einmal zu rühren wagte, und daß sie nun der Gnade ihrer Schwester, dieses häßlichen, neidischen, boshaften und herzlosen Mädchens, ausgeliefert war. Und der Skandal, den sie so sehr fürchtete, den sie hatte kommen fühlen, unabwendbar, brach diesen Morgen über sie herein, um eine Dummheit, um ein Nichts.
    In dem weiten Arbeitsraum knirschten die Schleifmaschinen, die fünfzig und etliche Poliererinnen beugten sich über ihre Arbeitstische, als laute Stimmen sie den Kopf erheben ließen. Euphrasie hatte, zuerst mit halber Stimme, Norine beschuldigt, ihr ein Stück Glaspapier genommen zu haben.
    »Ich sage dir, es lag da, und ich habe dich die Hand ausstrecken gesehen. Da ich es jetzt nicht mehr finde, mußt du es genommen haben.«
    Norine zuckte die Achseln und schwieg. Sie hatte nichts genommen. Die andre wurde wütend, erhob die Stimme. »Gestern hast du mir mein Oel genommen. Du bist eine Diebin, ja, eine Diebin, verstehst du?«
    Die Nachbarinnen hatten zu kichern angefangen; sie waren an die fortwährenden Zänkereien der Schwestern gewöhnt, und diese bildeten eine Quelle der Unterhaltung für sie; die ältere verlor jetzt die Geduld und geriet ebenfalls in Zorn. »Jetzt fängst du aber an, mir zuwider zu werden. Ich kann nichts dafür, wenn deine Magerkeit dich so unausstehlich macht. Was sollte ich denn mit deinem dummen Papier gemacht haben?«
    Ins Herz getroffen, erbleichte Euphrasie. Ihre Magerkeit und Häßlichkeit, im Gegensatz zu der blühenden Fülle ihrer Schwester, war die brennende Wunde, die ihr fortwährende Qualen bereitete. Außer sich vor Wut, schrie sie alles hinaus: »Was du damit gemacht hast? Dir den Bauch gerieben, um ihn womöglich zu verhindern, alle Tage dicker zu werden.«
    Ein schallendes Gelächter erhob sich von allen Seiten. Norine war nun ebenfalls bleich geworden. Es war also heraus, alle Welt würde von ihrem Zustand wissen! Und ihrer niederträchtigen Schwester dankte sie dieses nicht wieder gutzumachende Unglück, vor welchem sie seit Wochen zitterte! Sie verlor alle Besinnung und versetzte ihr eine Ohrfeige. Euphrasie sprang augenblicklich auf sie los und zerkratzte ihr das Gesicht mit den Nägeln wie eine wütende Katze. Und es entwickelte sich eine erbitterte Balgerei, die beiden Schwestern fielen miteinander zu Boden, heulend und einander mit den Fäusten bearbeitend, inmitten eines solchen Lärms, daß Beauchêne, Mathieu und Morange, deren Bureaus sich in der Nähe befanden, herbeieilten.
    Einige Arbeiterinnen riefen: »Wenn es wirklich wahr ist, so wird sie ihr einen Schaden tun!«
    Aber die Mehrzahl unterhielt sich zu gut, um einzugreifen, sie stellten sich feindlich gegen diese Unglückliche, mit jener Schadenfreude von Weibern, die stolz darauf sind, daß sie geschickt genug waren, nicht in dieselbe Lage zu geraten. Sie wollten sich gerne unterhalten, aber Kinder – das fehlte ihnen gerade!
    »Sie sollen sich nur schlagen! Freilich ist sie schwanger, man sah es ja schon längst; um so schlimmer für sie!«
    Die drei Männer zerteilten die neugierig Herumstehenden, um die Kämpferinnen zu trennen. Aber die allgemeine Erregung war so stark, das Interesse an dem Streit so überwältigend, daß selbst die Anwesenheit des Chefs sie nicht dämpfen konnte. Man sah ihn nicht, das Geschrei verstärkte sich. Er mußte, um sich Gehör zu verschaffen, die ganze Kraft seiner tiefen Stimme entfalten: »Zum Donnerwetter! Was soll das heißen? Wer hat mir denn diese Megären hergebracht? Wollt ihr wohl eurem Hexensabbat ein Ende machen, oder ich werfe euch allesamt hinaus!«
    Mathieu und Morange hatten sich auf die Streitenden geworfen und sie zu trennen versucht; aber erst die donnernde Stimme, die olympische Drohgebärde

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