Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
war, hatte die schneidende Fessel trotzdem große Narben hinterlassen. Das war wiederum ungewöhnlich, zeugte es doch davon, wie sehr diese arme Kreatur darunter gelitten hatte.
Unter herzzerreißendem Heulen hatte er sich den dünnen Faden, der an einigen Stellen schon eingewachsen war, von Arrow abnehmen lassen. Und anders als gedacht, war er danach nicht auf sie losgegangen, denn ihm war sehr wohl bewusst gewesen, dass diese starken Schmerzen nicht beabsichtigt waren und auf lange Sicht Heilung herbeiführen würden.
Obwohl es in diesem Teil der Unterwelt weder Kälte noch Hitze gab, kam ihr der warme Körper des Wolfes mit seinem weichen Fell gerade recht. Er gab ihr das Gefühl von Sicherheit. So bekam Arrow gerade noch mit, wie William sie darüber informierte, dass er sich für eine Weile entfernen würde. „Es sieht ganz danach aus, als wären wir von dem direkten Pfad zur Hölle abgekommen. Ich werde mich umschauen, damit wir nachher wieder die richtige Route einschlagen können.“
Dann ging er davon und Arrow segelte ins Reich der Träume...
Nur widerwillig ließ Arrow sich von William aus dem Tiefschlaf holen. Mit Keylams Befreiung war ihr eine schwere Last von den Schultern gefallen. Zugleich waren ihr aber auch die Kräfte geschwunden, die sie all die Zeit gerade so auf den Beinen gehalten hatten. Außerdem fühlte sie sich in der Nähe des Fenriswolfes sicher. Ein wenig erinnerte er sie an Stone.
„Du hast geschlafen wie ein Murmeltier“, sagte William grinsend. „Bis zuletzt hätte ich nicht gedacht, dass ich dich noch wach bekomme.“
„Wie spät ist es?“, fragte sie verschlafen, während sie sich von den vielen kleinen Spinnweben befreite. William hatte erzählt, dass dies ein Zeichen der Anteilnahme darstellte und die vielen kleinen Fäden, ähnlich wie eine Umarmung, Trost spenden sollten. Arrow musste über diese niedliche Geste der kleinen Spinnen schmunzeln.
Lächelnd schüttelte William den Kopf. „Man merkt, dass du viele Jahre bei den Menschen verbracht hast. Niemand sonst würde diese Frage stellen. Aber Zeit hin oder her – wir sollten aufbrechen. Die Wache wird bald ihre Bahnen ziehen und es wäre besser, wenn sie unsere Anwesenheit nicht bemerkt.“
Er reichte Arrow seine Hand und half ihr auf. „Es gibt hier eine Wache?“, fragte Arrow stirnrunzelnd.
William nickte. „Dies ist kein Ort, an dem man einfach so spazieren gehern kann. Jeder, der das Totenreich betritt, bekommt einen Platz zugewiesen oder ein gewisses Gebiet, in dessen Rahmen er sich bewegen darf. Gehört jemand zweifellos in die Hölle, so hat er in diesem Wald nichts zu suchen.“
„Aber ich gehöre doch nicht in die Hölle“, erwiderte Arrow erschrocken.
„Das ist richtig“, stimmte William zu. „Genau genommen gehörst du gar nicht hierher, denn dies ist das Reich der Toten. Und sofern ich nicht etwas ganz Gravierendes verpasst habe, bist du noch immer am Leben.“
„Also völlig egal, wo sie mich hier finden, ich bekäme so oder so Probleme?“
„Genau. Und deshalb sollten wir uns schleunigst wieder auf den Weg machen.“
Mit einem Schwung half William Arrow auf den Fenriswolf und saß dann direkt hinter ihr auf. Es holperte ziemlich, als sich die mächtige Kreatur erhob, doch sobald er auf den Beinen war, bewegte er sich ebenso geschmeidig wie jeder andere Wolf auch.
Der Versteinerte Wald war wirklich außergewöhnlich groß. So etwas hatte Arrow selbst in ihrer Welt, in der Bäume und Wälder eindeutig die Oberhand behielten, noch nie erlebt. Alles würde ein bisschen schneller gehen, wenn sie imstande wäre, sich in einen Wirbelsturm zu verwandeln. Doch das war hier nun mal nicht möglich, und deshalb musste sie sich mit dem zufrieden geben, was die Situation hergab. Und es war auch nicht das Schlechteste. Immerhin hatte sie zwei kundige Begleiter, die sie durch die Unterwelt führten.
„Wie war es für dich, Acedia zu sehen?“, fragte William, nachdem sie eine ganze Weile geschwiegen hatten.
„Du willst wissen, ob ich Mitleid mit ihr hatte“, stellte Arrow schmunzelnd fest. Irgendwie hatte sie schon geahnt, dass er ihr diese Frage früher oder später stellen würde, und somit überraschte es sie auch nicht. In gewisser Weise hatte sie sich schon selbst damit auseinander gesetzt.
„Nach der Geschichte mit dem Fenriswolf und allem, was du mir über das Kelpie erzählt hast, würde es mich wundern, wenn sie dich kalt gelassen hätte. Immerhin ist sie sehr
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