Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
Stuhl hin und her. Diese ewige Gefühlsduselei musste aufhören. Es konnte nicht angehen, dass sie in jeden Blick und jedes Wort dieses Mannes etwas hineininterpretierte.
»Ach, was soll’s! Es ist ja noch einmal gut ausgegangen.« Sie zuckte mit den Schultern und entzog ihm die Hände. »Eines steht jedoch fest«, sie sah ihrem Tischnachbarn ernst in die Augen, »wenn sie nicht gewesen wären, dann würde ich sicher nicht hier sitzen.« Sie lachte unsicher auf. »Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen danken soll.«
Hilflos suchten ihre Augen die seinen. »Gibt es etwas, das ich für sie tun könnte? Ich weiß, es wird nie genug sein für das, was ich ihnen zu verdanken habe.«
Gabriel Scharf schüttelte resolut den Kopf. »Sie brauchen sich doch nicht zu bedanken für etwas, das selbstverständlich ist!«
Ein Lächeln glitt über sein schönes Gesicht. »Schließlich habe ich mir doch selbst das schönste Geschenk gemacht.«
Senta sah ihn verwirrt an. »Dass sie gesund vor mir sitzen, das ist mehr als ich mir wünschen kann.«
Nun ja, wenn er meinte.
»Aber sie sollen auch wissen, warum es mir so wichtig war, mit ihnen zu reden.«
Inzwischen war das Essen auf ihren Tellern sicher kalt und ungenießbar, was sie aber beide nicht zu stören schien. Gabriel Scharf schenkte Senta ein Glas Rotwein aus und trank an seinem Gespritzten. Senta war nicht entgangen, dass er sich beim Trinken zurückhielt. Sie fand das sehr beeindruckend, zeugte es doch von einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein.
»Ich sollte vorausschicken, dass sie meine erste Kundin waren.« Er grinste verlegen. »Schon kurz, nachdem ich ihre Wohnung verlassen hatte, bin ich ins Grübeln geraten. Ich habe mich gefragt, was zum Teufel mich geritten hat, als ich diesen Job annahm. Es hört sich so einfach an: Du gehst mit einer einsamen Frau aus, bist lieb und nett zu ihr, kassierst dein Geld und fertig!
Aber bei ihnen habe ich gemerkt, das ist alles andere als einfach. Da steht dir ein Mensch aus Fleisch und Blut gegenüber, der dafür zahlt, dass er ein paar Stunden seine Einsamkeit vergisst. Ich kann das nicht. Es kommt mir so vor, als ob ich da Hoffnungen wecke, die ich gar nicht erfüllen kann und will. Ich habe mich gefragt, was ist, wenn ich für eine dieser Frauen etwas empfinde?«
Meine Güte, hatte sie den Armen so erschreckt? War es ihm bei ihrem Anblick klar geworden, dass es nicht nur Models gab auf dieser schönen Welt? Was hatte er sich denn vorgestellt, dass seine Klientinnen alle um die zwanzig wären, frisch und knackig? Schlimmes Schicksal! Musste er das jetzt hinter diesem Gutmenschgetue verstecken?
»Und jetzt?« Senta sah ihn herausfordernd an. »Was wollen sie an stattdessen tun?«
»Ich werde meinen Stolz hinunterschlucken und das tun, was ich auch schon vorher getan habe.«
»Das wäre?« Sentas Interesse war irgendwie bei null angekommen.
»Ich arbeite wieder in der familieneigenen Firma.«
Na prima, auch noch ein verwöhntes Muttersöhnchen! Es wurde ja immer besser. Jetzt musste sich Senta auch nicht mehr fragen, woher er das Geld für seinen Luxusschlitten nahm.
Gabriel machte ein nachdenkliches Gesicht. Da stimmte doch etwas nicht. Warum war Senta mit einem Mal so abweisend? Dann ging ihm ein Licht auf.
»Sie denken doch nicht etwa, dass sie mich irgendwie abgeschreckt haben? Nein, das Gegenteil ist der Fall! Sie werden mir das natürlich nicht abnehmen, aber in ihrem Wohnzimmer ist da etwas mit mir passiert, das ich nie für möglich gehalten hätte!« Mit einem eigenartigen Ausdruck in den Augen sah er Senta an.
Na, ist dir klar geworden, dass man tatsächlich auf einem Weihnachtsbaum reiten kann? Was nu?
»Ich habe mich in sie verliebt!«
Sentas Stuhl hatte irgendwie Seitenwind, er schwankte leicht! Oder war sie das etwa? Was war das denn eben gewesen? Der hatte doch einen an der Waffel!
»Ich sehe schon, sie glauben mir nicht! Ich kann es ja selbst kaum glauben!«
»Sagen wir mal so: Es kommt etwas plötzlich!«
So hatte sie sich die Entwicklung des Abends ganz sicher nicht vorgestellt. Ein bisschen Geknutsche auf dem Rücksitz vielleicht, oder war das zu vorsintflutlich? Senta kam ins Grübeln. Wie ging das heute so? Stieg man gleich zusammen ins Bett? Aber das hier überforderte sie doch ein wenig. Liebe war so ein großes Wort.
Ihre morgendliche Audienz bei Premmler fiel ihr ein und sie hatte Mühe, nicht in unangebrachte Heiterkeit auszubrechen. Mit dem war sie gleich ins Bett gehüpft!
Sie
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